15.12.2025, 06:39 Uhr – 

Aus fiskalischen Gründen höhere Hebesätze für
Nichtwohngrundstücke? Das verstößt gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit,
sagt das Verwaltungsgericht (VG) Gelsenkirchen in mehreren Urteilen. Die Entscheidungen
sind aber noch nicht rechtskräftig.

Zusammenfassung

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass
unterschiedliche Grundsteuer-Hebesätze für Wohn- und Nichtwohngrundstücke gegen
den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit verstoßen. Die
Städte hatten die Hebesätze erhöht, um Einnahmeverluste auszugleichen. Die
Kläger, Eigentümer von Nichtwohngrundstücken, fühlten sich benachteiligt. Das
Gericht hob die Steuerbescheide auf. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Inhalt

Unterschiedliche Hebesätze für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke…

Die Kläger sind Eigentümer von Grundstücken in verschiedenen
Gemeinden und wehren sich gegen Grundsteuerbescheide, die ihre Gemeinden für
diese Grundstücke erlassen haben. Die zuständigen Finanzämter hatten die
betreffenden Grundstücke in verbindlichen Steuerwertbescheiden als
Nichtwohngrundstücke eingestuft – dabei handelt es sich um Geschäfts- oder
Gewerbeimmobilien sowie unbebaute Flächen.

Für das Jahr 2025 legen die Gemeindesatzungen
unterschiedliche Hebesätze für Wohngrundstücke und Nichtwohngrundstücke fest.
Diese Entscheidung basiert auf einem Recht, das den Gemeinden im Rahmen der
Grundsteuerreform vom Land Nordrhein-Westfalen eingeräumt wurde. Zu den
Wohngrundstücken zählen Einfamilien- und Zweifamilienhäuser, Mietobjekte und
Wohnungseigentum.

Die beklagten Städte wollten die unterschiedlichen Hebesätze
nutzen, um etwa die Wohnnebenkosten aus sozialen oder gesellschaftspolitischen
Gründen zu senken oder zumindest konstant zu halten; Einnahmenverluste werden
durch höhere Sätze für Nichtwohngrundstücke ausgeglichen. Die Kläger empfinden
diese Regelung als ungerecht, da sie gegenüber den Eigentümern von
Wohngrundstücken benachteiligt werden.

…verstoßen gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gab den Klägerinnen und
Klägern recht und hat die sie betreffenden Grundsteuerbescheide aufgehoben.

Nach der Auffassung des Gerichts verstoßen die höheren
Hebesätze für die Besteuerung der Nichtwohngrundstücke in den Satzungen der
Gemeinden gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Und
benachteiligen deren Eigentümer ungerechtfertigt. Für gleiche
Steuergegenstände sollen einheitliche Hebesätze gelten; Unterschiede müssen
rechtlich begründet werden. Finanzielle Interessen allein genügen nicht, sachlichen
Gründe für die Abweichungen von einem einheitlichen Hebesatz konnte das Gericht
nicht erkennen (VG Gelsenkirchen, Urteile 5 K 2074/25, 5 K 3234/25, 5 K 3699/25
und 5 K 5238/25 vom 04.12.2025)

Urteile sind noch nicht rechtskräftig

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Kammer hat
die Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
und die Sprungrevision bei dem Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

(MB)