Die umstrittene propalästinensische Parole „From the river to the sea, palestine will be free“ ist vom Berliner Landgericht erneut als ein Kennzeichen der Hamas eingestuft worden. Ein 25-jähriger Angeklagter habe die Wortfolge bei einer Demonstration gerufen und sich damit des Verwendens von Kennzeichen terroristischer Organisationen schuldig gemacht. Wer diese Parole nutze, unterstütze die Terrororganisation Hamas und deren Hauptziel, die Vernichtung Israels, urteilte die Vorsitzende Richterin Susann Wettley.
Zudem wurde der Mann im Zusammenhang mit Fotos in sozialen Medien der Verbreitung von Propagandamitteln terroristischer Organisationen schuldig gesprochen. Das Gericht verhängte eine Gesamtgeldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 15 Euro (2700 Euro). Die Verteidiger kündigten bereits Revision an.
Fall geht voraussichtlich vor den Bundesgerichtshof
Strafgerichte gehen bundesweit bislang unterschiedlich mit der Bewertung der Parole „From the river to the sea, palestine will be free“ um. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es noch nicht. Durch die aktuelle Entscheidung des Berliner Landgerichts sei der Weg für eine endgültige Klärung durch den Bundesgerichtshof geebnet, sagte Staatsanwalt Tim Kaufmann. Eine höchstrichterliche Entscheidung werde auch zu einer Rechtssicherheit mit Blick auf Demonstrationen führen.
Es ist das zweite Urteil des Berliner Landgerichts zu der umstrittenen Parole. Bereits im November 2024 hatte die Staatsschutzkammer die Verwendung des Slogans als strafbar eingestuft und eine Geldstrafe gegen eine damals 42-Jährige verhängt. Die Betroffene legte zunächst Revision gegen das Urteil ein, zog diese später jedoch zurück. Damit landete der Fall nicht wie von einigen Juristen erhofft vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.
Gericht: „Es ging ihm um Unterstützung der Hamas“
Das Landgericht erklärte, der 25-Jährige sei bei einer Demonstration im Dezember 2024 in Berlin-Friedrichshain als „eine Art Rädelsführer“ aufgetreten. Er habe den ersten Teil der Wortfolge skandiert, die Menge habe jeweils mit „Palestine will be free“ geantwortet. „Es ging dem Angeklagten eindeutig um die Unterstützung der Hamas“, sagte Wettley weiter.
Umstrittene Parole
In Berlin wie auch bundesweit gibt es keine einheitliche Rechtsprechung, ob das Rufen der Parole „From the river to the sea“ als Verwenden von Kennzeichen terroristischer Organisationen strafbar ist. Das Bundesinnenministerium hatte die Parole beim Verbot der islamistischen Hamas in Deutschland im November 2023 als Kennzeichen der Terrororganisation eingeordnet.
Die vierte Kammer des Landgerichts hatte im April entschieden, dass es in der Rechtsprechung umstritten sei, ob die Parole ein Kennzeichen der Hamas sei. Der Ausspruch werde „durchgehend und international von verschiedensten politischen Akteuren verwendet, um Kritik am israelischen Vorgehen in Gaza zu äußern“.
Allerdings war dies nur ein Beschluss. Zuvor hatte das Amtsgericht zu einer Anklage wegen der Parole kein Verfahren eröffnet. Die Staatsanwaltschaft legte Beschwerde ein, die vierte Kammer lehnte diese ab.
Doch die für solche Fälle maßgebliche Staatsschutzkammer hält die Parole sehr wohl für strafbar – und das nicht nur per Beschluss, sondern per Urteil. Die Entscheidung vom November 2024 ist rechtskräftig. (Alexander Fröhlich)
Die verbotene Terrororganisation habe sich den Spruch zu eigen gemacht, so die Richterin. Insbesondere nach dem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 werde die Parole von der Bevölkerung mit der Hamas in Verbindung gebracht. Erklärtes Ziel der Terrororganisation sei die Vernichtung Israels sowie die Tötung und Vertreibung von Jüdinnen und Juden. Bei der Parole handele es sich um eine bildliche Darstellung dieser Forderungen.
Der Angeklagte soll zudem im März und April 2024 auf seinem Instagram-Account Fotos von teils vermummten Menschen mit Sturmgewehren mit „glorifizierenden Überschriften“ veröffentlicht haben. Die Bilder enthielten laut Anklage das Logo der verbotenen Terrororganisation Al-Aksa-Märtyrerbrigade, die der bewaffnete Arm der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas ist. Der militanten Gruppierung werden zahlreiche terroristische Anschläge auf israelische Zivilisten und Soldaten zugerechnet.
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Die Staatsanwaltschaft hatte auf eine Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 Euro plädiert. Die Verteidiger des 25-Jährigen, der im Prozess geschwiegen hatte, forderten Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. (dpa)