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Urlaub an beliebtem Ostsee-Ort wird bald für alle teurer – das macht viele wütendKiel ist als Urlaubsort bei Touristen beliebt. © Markus Scholz/dpa

Ein Rekorddefizit zwingt Kiel zu drastischen Maßnahmen. Die Bettensteuer sorgt für heftige Kritik. Die Hotellerie warnt vor den Folgen.

Die Kieler Ratsversammlung hat den Haushalt für das Jahr 2026 verabschiedet und damit die umstrittene Bettensteuer eingeführt. Das geht aus einem Bericht des Branchenportals tageskarte.io hervor. Diese Entscheidung sei trotz erheblicher Bedenken und Kritik aus der Wirtschaft, insbesondere von Vertretern der Hotellerie und Gastronomie gefallen.

Kiels scheidender Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) bezeichnete das Rekorddefizit von 99 Millionen Euro als die „größte kommunale Finanzierungskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“.

Urlaub an beliebtem Ostsee-Ort wird bald für alle teurer – das macht viele wütend

Ab dem 1. Oktober 2026 soll die Bettensteuer als zentrale Maßnahme zur Einnahmengenerierung in Kraft treten. Sie sieht einen Aufschlag von fünf Prozent auf Übernachtungen in Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen vor. Die Stadt Kiel rechnet mit jährlichen Einnahmen von etwa zwei Millionen Euro durch diese Abgabe. Die angespannte Haushaltslage führt die Stadt vor allem auf den kommunalen Finanzausgleich zurück, der sich negativ auf mittelgroße und große Städte auswirke.

Die Wirtschaft kritisiert die Entscheidung scharf und bezeichnet sie als „Falsches Signal zum falschen Zeitpunkt“. Die Bettensteuer stelle eine zusätzliche Belastung für die Gastgeber dar, heißt es.

Bettensteuer in Kiel „falsches Signal zum falschen Zeitpunkt“

Malte Gertenbach, Hotelier und Vorsitzender des Wirtschaftsbeirats Kiel, äußerte seine Enttäuschung: „Die Einführung der Bettensteuer ist ein falsches Signal zum falschen Zeitpunkt. Wir müssen die Kieler Gastgeber stärken, statt sie zu schröpfen. Per Gewerbesteuer beteiligt sich die Branche am Haushalt; die Sonderbelastung für Beherbergungsbetriebe ist nicht fair.“

Gertenbach hob hervor, dass die Betriebe bereits unter gestiegenen Kosten leiden, die nicht vollständig an die Gäste weitergegeben werden können. Er wies auch auf den erhöhten bürokratischen Aufwand hin: „Laut Berechnungen der IHK bedeutet die Bettensteuer für ein mittelgroßes Hotel mit 100 Zimmern eine Mehrbelastung von zirka 1000 Euro pro Monat beziehungsweise 12.000 Euro pro Jahr – allein für den administrativen Aufwand.“

Schlechtes Zeichen an die gesamte Kieler Wirtschaft

Wie tageskarte.io berichtet, kritisierte IHK-Präsident Knud Hansen die Politik ebenfalls für ihre Entscheidung, die entgegen einer anfänglichen Empfehlung der Verwaltungsspitze getroffen wurde: „Dass sich die Politik nicht traut, den Rotstift anzusetzen und stattdessen weiter Personal und Bürokratie für eine neue Steuer aufbaut, ist ein schlechtes Zeichen an die gesamte Kieler Wirtschaft.“

Hansen zeigte sich besonders verwundert über die geplanten Verwaltungskosten von 210.000 Euro für lediglich zwei neue Sachbearbeitungsstellen.

Eine Million Euro soll direkt in die touristische Infrastruktur fließen

Von den erwarteten Einnahmen aus der Bettensteuer sollen eine Million Euro direkt in die touristische Infrastruktur der Stadt investiert werden. Die Branche soll bei der Verwendung der Mittel mitentscheiden können. Hotelier Malte Gertenbach forderte: „Wir stehen bereit für das geplante Beratungsgremium. Aber wenn die Steuer nun kommt, muss sichergestellt sein, dass die Gelder für touristische Infrastruktur auch wirklich sinnvoll eingesetzt werden.“ Er verlangte zudem die Zusicherung, dass diese Million zusätzlich zu den bestehenden Ausgaben bereitgestellt wird und keine Umschichtung im Haushalt erfolgt.

Weitere Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung umfassen Einsparungen im sozialen Bereich sowie eine Tariferhöhung bei der Sprottenflotte ab April 2026. Anträge zur Einstellung verschiedener Kosten für die geplante Stadtbahn wurden hingegen abgelehnt.

Als ein beliebter Urlaubsort an der deutschen Nordsee ebenfalls die Preise anziehen wollte, wurden Urlauber stinksauer. Händler wehrten sich zudem, als eine Ostsee-Stadt eine beliebte Touristen-Attraktion ändern wollte.