Die Aktienkurse sind am Donnerstag nach der Zoll-Offensive von US-Präsident Donald Trump weltweit abgestürzt. Der Deutsche Aktienindex (Dax) schloss mit 3,1 Prozent im Minus. Zuvor war schon der japanische Nikkei-Index um 2,8 Prozent eingebrochen. Die Finanzmärkte gehen davon aus, dass die von Trump angekündigten Strafzölle für US-Importe aus fast allen Ländern der Weltwirtschaft massiv schaden und die Gewinne der Unternehmen drücken werden.

Bezeichnenderweise erstrecken sich die Verluste auch auf die US-Börse. An der Wall Street stand der maßgebliche Aktienindex S&P 500 am späten Nachmittag mit fast fünf Prozent im Minus und die Technologiebörse Nasdaq mit mehr als fünf Prozent. Vor allem für Apple (minus 10,7 Prozent) und Nvidia (minus 8,2 Prozent) ging es bergab. Auch die Tesla-Aktie gab um mehr als fünf Prozent nach. Die Finanzmärkte gehen davon aus, dass der von Trump angezettelte Handelskrieg auch den US-Unternehmen schaden wird – anders als eine Sprecherin des Weißen Hauses, die sagte, man sei dabei, „das goldene Zeitalter Amerikas wiederherzustellen“. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel sagte: „Insgesamt ist dies ein wirtschaftspolitischer Mix, der viele Verlierer sehen wird. Insbesondere in den USA.“ Er rief die US-Regierung dazu auf, die Tür für Gespräche offenzuhalten.

Ökonomen warnten vor erheblichen Schäden für die deutsche Wirtschaft. „Auch Europa und insbesondere das exportstarke Deutschland sind von diesen Zöllen betroffen“, sagte der Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach. Studien gingen davon aus, dass die Exporte aus Deutschland in die USA um etwa 20 Prozent einbrechen dürften. „Das Bruttoinlandsprodukt wird um bis zu 0,5 Prozent sinken“, sagte Wambach.

Für Bundesbank-Präsident Nagel gefährden Trumps Zölle die globale ökonomische Stabilität. Sie brächten die Weltwirtschaft auf den falschen Kurs, „weil im Ergebnis der Wohlstand aller angegriffen wird“, sagte Nagel. Das globale Wirtschaftswachstum werde zurückgehen, die Preise würden steigen. „Insgesamt wird der Grad der Verunsicherung der Wirtschaftsakteure zunehmen.“ Aus Sicht des Bundesbank-Präsidenten ist das keine gute Umgebung für die Entwicklung an den Finanzmärkten.

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SZ PlusArtikel vom: SZ am 3.4.2025Von Valentin Dornis und Harald Freiberger„Ein bitterer Tag für die Weltwirtschaft“

Das Münchner Ifo-Institut sprach von einem „bitteren Tag für die Weltwirtschaft“. Handelsexpertin Lisandra Flach sagte: „Das, was wir gesehen haben, hat nichts mit Reziprozität zu tun. Die Zolldifferenz zwischen den USA und der EU beträgt durchschnittlich nur 0,5 Prozentpunkte – im Vergleich zu der angekündigten Zollerhöhung von 20 Prozent.“ Die geplante Zollerhöhung markiere „einen Wendepunkt für die Weltwirtschaft und gefährdet damit fast 80 Jahre des Multilateralismus“, sagt Flach. Für die deutsche Wirtschaft erwartet sie als Folge „zunächst einen dauerhaften Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent“, wobei einige Schlüsselbranchen wie Pharma, Auto und Maschinenbau stärker betroffen seien.

Im Dax verbuchte der Sportartikelhersteller Adidas bis zum Nachmittag mit einem Minus von 9,3 Prozent die größten Verluste. Es folgten Siemens (minus 6,7 Prozent), Deutsche Bank (minus 6,5 Prozent) sowie Deutsche Post, Infineon und Commerzbank mit einem Minus von jeweils rund vier Prozent. Bei den Automobilherstellern BMW, Mercedes und VW betrugen die Verluste zwei bis drei Prozent. Ihre Aktienkurse waren schon in den vergangenen Wochen stark gefallen, weil sie am direktesten von den Strafzöllen betroffen sind.

Neben Adidas waren auch die Sportartikelhersteller Puma und Nike die großen Verlierer des Tages. Der Aktienkurs von Puma fiel zeitweise um 11,4 Prozent, der des US-Herstellers Nike um 7,8 Prozent. Der Grund: „Sportbekleidungsmarken werden von den höheren Zöllen für Vietnam unverhältnismäßig stark betroffen sein“, sagte Analyst Cédric Rossi von der Investmentbank Bryan Garnier. Vietnam wurde von Trump mit einem Zollsatz von 46 Prozent belegt, Kambodscha mit 49 Prozent, Bangladesch mit 37 Prozent und Indonesien mit 32 Prozent. Nike produzierte 2024 die Hälfte seiner Schuhe und 28 Prozent seiner Bekleidung in Vietnam, Adidas 39 Prozent seiner Schuhe und 18 Prozent seiner Bekleidung. Für Adidas sind Indonesien und Kambodscha ebenfalls wichtige Produktionsstandorte.

Die Sportartikelfirmen sind aber nur die Spitze des Eisberges. „Der deutsche Handel leidet gleich dreifach: erstens, weil Deutschland weniger in die USA exportiert. Zweitens, weil Deutschland aufgrund der geringeren Wettbewerbsfähigkeit Chinas weniger nach China exportiert“, sagte Ifo-Expertin Flach. „Und drittens durch einen Anstieg im Wettbewerb in Deutschland, wenn beispielsweise China nach neuen Märkten sucht, um die zuvor in die USA exportierten Produkte zu verkaufen.“

Wie sehr die Zölle den USA schaden, zeigt sich auch am Dollar-Kurs: Der Euro stieg am Donnerstag um 1,7 Prozent auf 1,1091 US-Dollar. Vor wenigen Wochen stand der Kurs noch bei 1,03 Dollar. Das heißt, die US-Währung hat schon gut sieben Prozent eingebüßt. „Die neue Zollpolitik wird den Wechselkurs des US-Dollar schwächen“, sagt Jan Viebig von der Bank Oddo BHF. Damit einher gingen Wechselkursverluste für ausländische Anleger, die in Aktien oder Anleihen in den USA investieren. Durch einen schwächeren Dollar gefährde Trump auch die Finanzierung des US-Haushaltsdefizits durch ausländische Investoren.

Joachim Schallmayer von der Deka-Bank erwartet „ein mittelgroßes Erdbeben“, sollten die Zölle wie angekündigt umgesetzt werden. Gegenmaßnahmen seien wahrscheinlich und würden die Nachrichten in den nächsten Tagen dominieren. „Das trägt zusätzlich zur Verunsicherung bei. Die Kurse dürften in den kommenden Tagen somit nur schwer zur Ruhe finden“, sagte der Experte. Der Schaden werde sich aber vor allem auf dem US-Aktienmarkt bemerkbar machen. Europas Börsen könnten zwar kurzfristig auch unter Druck kommen, langfristig sei der Aufwärtstrend aber ungebrochen.