Stuttgart – Einst legte Polizeihauptmeister Eric R. (47) anderen die Handschellen an. Jetzt trug er sie selbst, als er aus der U-Haft in das Stuttgarter Landgericht geführt wurde. Dort steht er wegen eines schweren Vorwurfs vor Gericht.

Dem Beamten wird „Anstiftung zum versuchten Totschlag“ vorgeworfen. Er soll einen Mafia-Unterstützer beauftragt haben, den Leiter eines Polizei-Reviers bei Stuttgart krankenhausreif zu prügeln.

Mit dem Italiener nach Neapel gereist

Vor sechs Jahren hatte Eric R. den Italiener Antonino P. (49) kennengelernt. Aus dem Kontakt soll eine enge Freundschaft geworden sein, sogar Reisen nach Neapel folgten.

Später stellte sich heraus: Antonino P. soll Mafia-Gehilfe des ’Ndrangheta-Clans Farao-Marincola aus Kalabrien sein. Das Verbrecher-Syndikat ist verwickelt in Drogenhandel, Schutzgeld, Geldwäsche, illegales Glücksspiel und Waffenhandel.

Zur gleichen Zeit hoffte Eric R. auf eine Beförderung zum Kripo-Beamten. Sein Chef soll sich geweigert haben, ihn zu unterstützen. Daraufhin rief der frustrierte Beamte seinen italienischen Freund an – dessen Telefon wurde aufgrund der Mafia-Ermittlungen bereits überwacht.

Deutsche und italienische Ermittler stürmten am 1. April 2025 mehrere Wohnungen. Auch das Zuhause von Erik R. wurde durchsucht, er kam in U-Haft

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Foto: Polizia di Stato/dpa

„Richtig auf die Schnauze geben“

Ermittler hörten das Gespräch offenbar mit! Darin schimpfte Eric. R. über seinen Vorgesetzten. Man sollte „italienische Killer holen“ und dem Chef „richtig auf die Schnauze geben“. Auf die Nachfrage von Antonino P. sagte er: „Einfach, weil er es verdient hat, der alte Lügenbold und Schwätzer.“

Antonino P. antwortete: „Sag mir wann und wo. Dann kriegt er.“ Eric R. verriet daraufhin die tägliche Fahrradroute seines Chefs und dass dieser das Bike am Hintereingang abstellt.

Carolina Albrecht (Mitte) leitet den Prozess vor dem Stuttgarter Landgericht

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Foto: Michael Hahn

Der Polizist soll sogar geäußert haben, der Vorgesetzte solle so schwer verletzt werden, dass er wochenlang im Krankenhaus landet. Laut Staatsanwaltschaft nahm er in Kauf, dass der Mann bei dem Überfall tödlich verletzt werden könnte.

Eric R. bis zum nächsten Prozess auf freiem Fuß

Der Revierleiter bekam Personenschutz. Zu einem Angriff kam es nicht. Am 1. April 2025 kam es in vier Bundesländern zu einer Razzia gegen die ’Ndrangheta. Unter den 34 Verdächtigen, die verhaftet wurden, war auch Eric R. Seine Wohnung wurde durchsucht, sein Handy beschlagnahmt. Seither ist er bei der Polizei vom Dienst suspendiert.

Der angeklagte Polizist durfte das Gericht als freier Mann verlassen und muss am 7. Januar 2026 zu seinem nächsten Prozess erscheinen

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Foto: Privat

Am ersten Verhandlungstag weinte der Polizist, gab die Telefonate zu. Über seinen Anwalt ließ er erklären, dass er seinem Ärger Luft gemacht habe: „Ich war psychisch und physisch angeschlagen, ohne es erkannt zu haben.“ R. Sagte später, er habe nicht gewusst, dass Antonino P. Verbindungen zur Mafia haben soll.

Das Gericht hob den Haftbefehl auf. Ein psychologischer Gutachter attestierte Eric R. eine Borderline-Persönlichkeitsstörung, wodurch Schuldunfähigkeit nicht ausgeschlossen sei.

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Die Verhandlung wird am 8. Januar 2026 fortgesetzt. Einen Tag zuvor muss Eric R. zu einem weiteren Prozess antanzen. Dann sitzt er mit seinem Kumpel Antonino P. gemeinsam auf der Anklagebank. Der Vorwurf: Er soll dem mutmaßlichen Mafia-Unterstützer Dienstgeheimnisse verraten haben.