
Ratssitzung in Gladbeck. Links im Bild die per Internet zugeschalteten Ratsmitglieder. Fotogrundlage: Stadt Gladbeck – KI bearbeitet.
Fluch und Segen digitaler Technik
Gladbeck – 19.12.2025 – Digitale Abstimmung – Mit der hochgelobten neuen Technik im Gladbecker Stadtrat geht so einiges schief. Im Rat und in (fast) allen Ausschüssen würde beschlossen, dass künftig auch hybride Sitzungen stattfinden können. Ratsmitglieder, die nicht persönlich teilnehmen, dürfen sich per Internet in die Sitzung einklinken und auch digital abstimmen.
Bei der Ratssitzung am 18.12.25 ging dann schon so einiges schief. Das lag weniger an „zugeschalteten“ Ratsmitgliedern, sondern daran, dass die digitale Abstimmung nicht funktionierte.
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Durch digitale Abstimmung geht die Transparenz verloren
Nicht alles, was neu ist, ist auch gut. Schon gar nicht für die Demokratie. Auch dann nicht, wenn einige Ratsmitglieder einen „Verein zur Förderung der Demokratie“ gegründet haben. Denn wenn digital abgestimmt wird, können weder die Abstimmungsberechtigten, noch die Zuschauer erkennen, wer wie abgestimmt hat. Doch gerade das ist wichtig – besonders angesichts diverser „Brandmauern“, die einzelne Parteien errichtet haben. Die Transparenz geht nun schon mal flöten.
Und: Im §50 der NRW-Gemeindeordnung steht: „Bei der Beschlußfassung wird offen abgestimmt.“ Wenn also nicht erkennbar ist, wer wie abgestimmt hat, dürfte das neue Verfahren der Gemeindeordnung widersprechen.
Gleichheitsgrundsatz verletzt?
Die hybride Teilnahme an Ausschusssitzungen erfordert auch eine technische Ausstattung. Während Ratsmitglieder damit von der Stadt Gladbeck ausgestattet werden, müssen die Fraktionen (besonders die kleineren) ihre sachkundigen Bürger auf Fraktionskosten dazu befähigen. Das können kleine Fraktionen mit geringer finanzieller Ausstattung nicht leisten.
Livestream mangelhaft
Bei der gestrigen Ratssitzungen waren die Redebeiträge einiger Ratsmitglieder im Livestream nicht zu hören. Beobachter fanden das sehr ärgerlich. Von der 1. Sitzung des Kulturausschusses wird berichtet, dass die Wortbeiträge von Ausschussmitgliedern und die Beiträge der Vertreter der Kultureinrichtungen für die Zuschauer nicht zu verstehen waren. Die Lautsprecherboxen im Zuschauerraum blieben stumm.
„Merkwürdigerweise scheint es aber keine technischen Schwierigkeiten bei der viralen Präsenz der BM in den verschiedenen Medien zu geben“, kommentiert ein Beobachter. Aber das ist jetzt natürlich polemisch!
Nichtöffentlicher Teil der Sitzungen ist unkontrollierbar
Bedauerlicherweise haben unsere Politiker es immer noch nicht geschafft, alle Sitzungen generell öffentlich zu machen. Viel zu oft tagt man nichtöffentlich. Manchmal fragt man sich warum. Vor zwei Jahren wurden die Nebeneinkünfte der Bürgermeisterin in nichtöffentlicher Sitzung beraten. Die NGZ berichtete hier darüber.
Das war eigentlich völliger Quatsch, denn die Nebeneinkünfte unterliegen der Offenlegungspflicht und werden auf der städtischen Webseite veröffentlicht.
Und die große Frage: Was ist, wenn ein Ratsmitglied per Internet an einer nichtöffentlichen Sitzung teilnimmt und neben ihm Personen am Bildschirm sitzen, die nicht zur Teilnahme berechtigt sind?
Kommen Fehlleistungen der Stadtverwaltung künftig schneller ans Licht der Öffentlichkeit?
Im nichtöffentlichen Teil diverser Sitzungen treffen die Kommunalpolitiker Entscheidungen und erörtern Vorgänge, die man tunlichst der Öffentlichkeit vorenthalten will:
o Da ist der Erwerb der nicht vermietbaren Schrottimmobilie Schwarte durch die Stadt Gladbeck zu nennen. Den Kaufpreis hält man lieber geheim. Das würde die Bürger nur „unnötig“ beunruhigen.
o Die Schlamperei im Jugendamt mit einem Millionenschaden stand im nicht öffentlichen Teil auf der Tagesordnung. Als es doch durchsickerte, suchte die Stadt lieber den Whistleblower, als die Verursacher.
o Und auch die jahrelang vertuschte Untätigkeit bei der Abrechnung von Rettungsfahrten, wird nach wie vor vertuscht. Der Fall soll angeblich abgeschlosssen sein.
Wie umschrieb es doch der Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) so schön in anderem Zusammenhang: „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern“.