Soziale Not in Hamburg

Mehr als 40 obdachlose Menschen gestorben

  • t-online-Redakteur Florian Boldt.

19.12.2025 – 15:24 UhrLesedauer: 3 Min.

Zelte unter der Kennedybrücke (Archivbild): Rund 4.000 Hamburger gelten offiziell als wohnungslos ohne Unterkunft.Vergrößern des Bildes

Zelte unter der Kennedybrücke (Archivbild): Rund 4.000 Hamburger gelten offiziell als obdachlos. (Quelle: IMAGO / BREUEL-BILD)

Mehr als 40 obdachlose Menschen sind seit April in Hamburg gestorben. Die Linke spricht von Systemversagen, der Senat verweist auf Hilfsangebote.

Mindestens 44 obdachlose Menschen sind in Hamburg seit dem 1. April dieses Jahres gestorben. 21 von ihnen starben auf der Straße, weitere 23 in Krankenhäusern. Das geht aus der Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linksfraktion hervor.

Unter den auf der Straße Verstorbenen war nur eine Frau. In sechs Fällen geht die Todesursache auf den Verdacht auf Intoxikation zurück, also auf eine Vergiftung durch Alkohol oder Drogen. Vier obdachlose Menschen starben an den Folgen von Lungenentzündungen oder Sepsis, zwei an Herz- oder Gefäßerkrankungen, einer an Krebs. Drei Personen nahmen sich selbst das Leben, eine ertrank. In zwei Fällen führten mehrere Ursachen zum Tod, in zwei weiteren blieb die Todesursache ungeklärt.

Für die Linksfraktion sind die Zahlen ein Beleg für strukturelle Defizite in der Versorgung obdachloser Menschen. Die sozialpolitische Sprecherin Olga Fritzsche spricht von einem Versagen des bestehenden Hilfesystems.

Fritzsche sagte, es mache sie „fassungslos“, dass selbst bei milden Temperaturen Menschen auf Hamburgs Straßen gestorben seien. Viele Erkrankungen hätten bei rechtzeitiger Behandlung verhindert werden können. Obdachlose Menschen nähmen ärztliche Hilfe oft nicht in Anspruch, weil ihnen der Zugang erschwert werde, etwa durch schlechte Erfahrungen, Angst vor Behandlungen, materielle Hürden und Diskriminierung. „Dass Menschen krank bleiben oder sogar sterben, weil ihnen der Weg zu Ärzt*innen verbaut wird, ist untragbar“, sagte die Sozialpolitikerin.

Unabhängig davon verweist der Senat auf bestehende Hilfsangebote. Über das Winternotprogramm stellt Hamburg seit Anfang November zusätzliche Plätze für 700 Menschen bereit, allerdings nur zum Übernachten. Ganztägig geöffnet sind die Einrichtungen nicht. Hinzu kommen rund 100 weitere Plätze in Containern von Hochschulen und Kirchengemeinden.

Wie angespannt die Lage bleibt, zeigt auch der Wohnungslosenbericht der Bundesregierung. Demnach waren Anfang 2024 in Hamburg 3.787 Menschen wohnungslos und ohne Unterkunft. Der Sozialverband Deutschland geht von einer deutlich höheren Dunkelziffer aus und schätzt die Zahl auf rund 6.000 Betroffene. Im Winter 2024/25 sind nach offiziellen Angaben mindestens 47 obdachlose Menschen in Hamburg gestorben.