
AUDIO: Buchenwälder: Waldexperte Wohlleben widerspricht Minister Backhaus (1 Min)
Stand: 20.12.2025 08:42 Uhr
Umweltminister Till Backhaus und die ihm unterstellte Landesforstanstalt bekommen für ihren Umgang mit dem wichtigen Waldschutz-Gebiet um die sogenannten Heiligen Hallen bei Feldberg heftigen Gegenwind.
Er soll „ungehalten“ gewesen sein, berichten Mitarbeiter über ihren Chef. Umweltminister Till Backhaus (SPD) veranlasste am vergangenen Wochenende eine betont scharfe „Richtigstellung“ und reagierte damit auf einen Bericht des NDR über den Zustand der großen Buchenwälder im FFH-Schutzgebiet bei Feldberg mit Breitem Luzin und Dolgener See. Der Eindruck, dass ein wichtiges Schutzgebiet gefährdet sei, sei „falsch“, betonte der Sozialdemokrat. Seine Botschaft: Der Erhalt insbesondere der bekannten „Heiligen Hallen“ ist nicht gefährdet, die Landesforstanstalt hat die Lage im Griff.
Zweifel an Backhaus‘ Behauptungen
Der Minister musste in seiner „Richtigstellung“ jedoch auch einräumen: „Natürlich gefährdet der Klimawandel auch die Wälder Mecklenburg-Vorpommerns.“ Das Land aber habe mit dem Umbau der Wälder zu klimaangepassten Dauerwäldern die Grundlage für stabilere Waldökosysteme gelegt. Namhafte Experten bezweifeln das. In einem Brief an Backhaus fordern der Förster und Erfolgsautor Peter Wohlleben und der Waldökologe Prof. Pierre Ibisch von der Hochschule Eberswalde Backhaus zum Umsteuern auf. Sie widersprechen dem Minister gleich in mehreren Punkten und stellen sich hinter ein Gutachten über den Zustand der Buchenwälder bei Feldberg, das die Landesforstanstalt selbst in Auftrag gegeben hatte.
Zu viele Freiflächen
Unterm Strich kommt das Gutachten, das dem NDR vorliegt, zu dem Schluss, dass es einem bedeutenden Teil der Wälder in dem 4.000 Hektar großen Schutzgebiet nicht gut geht. Der Erhaltungszustand sei trotz des Schutzgebiet-Status‘ auf die Stufe „ungünstig“ gesunken. Sie warnen vor Waldverlusten. Grund seien nicht nur die trockenen Sommer. Beklagt wird das Fällen mächtiger Bäume, sogenannte Großschirmeinschläge. Es seien Freiflächen entstanden, die sich im Sommer stark aufheizten. Das kühle Mikroklima des Waldes, auch in den „Heiligen Hallen“ als dem Kernstück des Schutzgebietes, sei beeinträchtigt.
Heiligen Hallen in Gefahr
Wohlleben – bekannt durch den Bucherfolg „Das Leben der Bäume“ – und Ibisch sehen es genauso. In dem Brief an Backhaus, der dem NDR vorliegt, weisen sie darauf hin, dass sich die Verschlechterung lange abgezeichnet habe und dass das Land trotz Warnungen nicht reagiert habe. Die beiden Fachleute formulieren deutlich: „In der Umgebung des in Deutschland einmaligen Buchenwald-Schutzgebietes der ‚Heiligen Hallen‘ hat die starke Nutzung der alten Buchenwälder erheblich zur Schwächung des gesamten Ökosystems beigetragen.“ Die viele Baumfällungen und das Schwächen der verbleibenden alten Bäume hätten das FFH-Gebiet insgesamt verschlechtert. „Und selbstverständlich sind die Ökosysteme der ‚Heiligen Hallen‘ und in der Umgebung in Gefahr“, schreiben die Waldexperten.
„Nicht nachvollziehbar und unzureichend“
Wohlleben und Ibisch kritisieren den Minister deutlich: Backhaus‘ Reaktion auf die Berichterstattung halten sie für „nicht nachvollziehbar und unzureichend.“ Wenn Backhaus von einem klimaangepassten Umbau der Wälder spreche, dann müsse er sich fragen lassen, wie das funktionieren könne, „wenn gleichzeitig dem Wald sein eigenes Baumaterial entzogen wird.“ Eine Aussage aus Backhaus‘ sogenannter Richtigstellung halten sie für „verräterisch“. Backhaus hatte darin erklärt, es sei nur 80 Prozent des forstrechtlich möglichen Holzeinschlags umgesetzt worden und das als einen Beitrag zum Waldschutz dargestellt.
Forderung nach Stopp des Holzeinschlags
Die Aussage sei unter Naturschutz-Aspekten irreführend, heißt es in dem Brief an den Minister. Wichtig für den Wald sei allein die Entnahmemenge, die den Wald nicht weiter schädige. In dieser Frage gehe es nicht um „forstrechtliche“, sondern um „klimaangepasste“ Aspekte. Das Duo empfiehlt dem Minister und seiner Forstverwaltung eine „wissensbasierte Waldbewirtschaftung“. Ähnlich hatte sich bereits die Landesgeschäftsführerin des BUND, Corinna Cwielag geäußert. Wie Cwielag fordern auch Wohlleben und Ibisch die Kernzone des Schutzgebietes zu erweitern, um Holzeinschläge zu stoppen.
Backhaus nennt Kritik „unlauter“
Die Reaktion des Ministers fiel erneut gewohnt deutlich aus: „Die Behauptung der Herren Wohlleben und Ibisch, die Heiligen Hallen seien durch forstliche Eingriffe in Gefahr, weise ich als unlauter zurück.“ Der Minister bleibt bei seiner Sicht: Die Heiligen Hallen seien weit von dem beschriebenen Geschehen entfernt, sie seien streng geschützt und hoch vital. „Das ist wissenschaftlich belegt“, erklärte der SPD-Politiker. Er räumte allerdings auch ein: In einem Teil des Forstamtes Lüttenhagen, das das FFH-Gebiet bewirtschaftet, seien absterbende Altbuchenbestände gefällt worden. „Das würde man heute so nicht mehr vornehmen“, meinte der Minister.

Die Heiligen Hallen gelten als ältester Buchenwald Deutschlands. Dort entsteht ein Urwald, der ungestört wachsen soll.