Ablehnungs-Vielfalt 

Also schlugen die Betreiber drei Ersatzstandorte vor. Der erste, in der Eppendorfer Landstraße 152, wurde ebenfalls aus Denkmalschutzgründen abgelehnt. Die Geschwister-Scholl-Straße 4 steht zwar nicht unter Denkmalschutz, aber dafür liefert eine bauliche Erhaltungsverordnung den Grund zur Ablehnung: „sehr präsente Lage aufgrund der städtebaulichen Erhaltungsverordnung“. Nach dieser Verordnung sollen die „wenigen erhaltenen Fragmente der Bebauung aus dem 18. und 19. Jahrhundert sowie den späteren Ergänzungen aller Baualtersklassen von der Gründerzeit bis zur Neuzeit“ geschützt werden. Den Kfz-Verkehr scheint das allerdings nicht zu betreffen, schließlich ist auf historischen Bildern von 1900 so gut wie nie ein Fahrzeug auf den Straßen zu sehen.

Auch in der Ludolfstraße 94 wurde mit der Erhaltungsverordnung argumentiert. Das ist in soweit bemerkenswert, als dem Bezirksamt Hamburg-Nord bei Prüfung dieser „sehr präsenten Lage“ nicht einmal aufgefallen ist, dass die Hausnummern der Ludolfstraße bei 63 enden.

Dafür wurde von Amts wegen ein vierter Standort geprüft: die Geschwister-Scholl-Straße 6-8. Obwohl das Gebäude im selben Erhaltungsgebiet wie Hausnummer 4 liegt, kommt hier eine gänzlich andere Ablehnungsvariante zum Zug, dieses Mal vom Polizeikommissariat 23. „Fahrradhäuser werden (…) nicht im Fahrbahnbereich aufgestellt, sodass die Aufstellung auf dem Gehweg erfolgen müsste. Das wäre jedoch nur möglich, wenn die erforderlichen Restgehwegbreiten frei bleiben.“ Da hier aber die Autos quer parken und den halben Gehweg in Anspruch nehmen, ist die restliche Gehwegbreite zu schmal, um auf der Fläche eines PKWs zehn Fahrräder unterbringen zu können.

Sind das Einzelfälle?

Natürlich nicht! Im Oktober 2024 wurde die Hegestraße 68 abgelehnt. Da fanden Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung, Polizei und Denkmalamt gemeinsam Gründe, unter anderem sei das Fahrradhäuschen „sehr raumprägend“. Im Oktober 2024 wurde die Eppendorfer Landstraße 111 durch die Polizei abgelehnt. Im Dezember 2023 wurde der Lehmweg 58 abgelehnt, wegen „Größe, Gestaltung und Beeinträchtigung der Straßenraumwirkung“ und dem Kronenbereich eines Baumes. Im Dezember 2023 wurde auch die Alsterdorfer Straße 59-61/Lattenkamp 2-6 abgelehnt. Hier wurden im Kollektiv alle denkbaren Gründe zusammengetragen. Im Februar 2023 waren in der Neumünsterschen Straße/Ecke Eppendorfer Weg die Versorgungsschächte der Grund der Ablehnung. Wenn man das Gremieninformationssystem von Hamburg-Nord weiter durchsucht, findet man noch viele weitere originelle Gründe. Schon im Januar 2020 erklärte die Polizei: „Grundsätzlich bevorzugt das PK 23 Aufstellmöglichkeiten, welche keinen Parkraum zurückbauen.“ Das muss wohl die verfassungsgemäße Kernaufgabe der Hamburger Polizei sein.

Lexikon des Bedenkenträgertums in Hamburg Nord

MR 11 Management-Referat 11 (Fachbereich Straßen- und Wegerecht) Bearbeitung von Sondernutzungsanträgen, Baustellen, Genehmigungen. N/MR 3 Management-Referat 3 des Bezirksamtes Hamburg-Nord Meist zuständig für Grünflächen, Bäume oder Umweltbelange. N/SL Straßen- und Leitungskoordination im Bezirksamt Hamburg-Nord Prüft, ob Maßnahmen die Verkehrssicherheit, Straßen oder Leitungen betreffen. N/MR2 Management-Referat 2 des Bezirksamtes Hamburg-Nord Häufig zuständig für Bauanträge, Sondernutzungen und Tiefbaumaßnahmen. PK Polizeikommissariat Prüfung der Verkehrssicherheit, Einsatzplanung und gegebenenfalls Sicherheitsaspekte. N/WBZ Zentrum für Wirtschaftsförderung, Bauen und Umwelt des Bezirksamts Hamburg-Nord Abstimmung mit Gewerbetreibenden, Märkten oder Veranstaltungen. BKM/Denkmalschutz Behörde für Kultur und Medien – Denkmalschutzamt Prüft, ob Bau- oder Nutzungsmaßnahmen denkmalrechtliche Vorgaben verletzen

René Pönitz