Am Mittwoch, den 10.12.25, wurde ein Polizist vor dem Amtsgericht Mannheim in Verfahren wegen „Verfolgung Unschuldiger“ freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hat mittlerweile Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. In dem Prozess ging es darum, ob der Polizeibeamte einer kontrollierten Person Drogen anhängen haben. Außerdem habe er von seinen Kolleg*innen gefordert, dass sie ihre Vermerke und die Liste der Beweismittel dementsprechend anpassen sollten. M. Schülke vom Neckarstadtblog hat das Verfahren verfolgt und lesenswert kommentiert, dass ein solcher Vorfall das Vertrauen in die Polizei nachhaltig beschädige. Warum das gut ist? Ein Kommentar von DeBe.
Die Forderung nach Vertrauen in autoritäre und mit gewaltausübende Institutionen ist nicht nur paternalistisch, sondern verkehrt auch demokratische Prinzipien in ihr Gegenteil. Unter einem demokratischen Verständnis sollten Bürger*innen keine Schutzbefohlenen des Staates sein, die wohlmeinend der Autorität vertrauen sollten. Eine aufgeklärte Zivilgesellschaft sollte anerkennen, dass mit Macht ausgestattete Instiutionen zwangsläufig dem Risiko des Machtmissbrauchs ausgesetzt sind. Je nach politischer Entwicklung kann sich dieses Risiko erhöhen oder verringern- auflösen wird es allerdings nie. Darauf zu Vertrauen, dass die gegebene Macht schon nicht missbraucht werde oder die Institutionen sich selbst ausreichend einschränken, wäre naiv. Solch einer falschen Hoffnung können sich vielleicht diejenigen hingeben, die nicht als erste unter dem Missbrauch staatlicher Gewalt leiden werden. Wirklich demokratisch ist diese Einstellung jedoch nicht.
Niemand schuldet der Polizei Vertrauen
In dem oben genannten Verfahren wurde über einen besonders dreisten Fall der Beweismanipulation verhandelt. Selbst, wenn solche Fälle die Ausnahme darstellen sollten, ist keineswegs davon auszugehen, dass Beweismittel grundsätzlich neutral und objektiv seien. Der polizeilichen Alltag durchläuft sehr viele Momente, die anfällig für bewusste Manipulation oder vorurteilsbedingte Verzerrungen sind. Begonnen bei der Auswahl zu kontrollierender Personen (racial profiling), über die Wahl der polizeilichen Mittel von Ansprache bis hin zu Gewalt. In den nachträglich angefertigten Berichten wird das polizeiliche Vorgehen dann immer an die Situation angepasst und Berichte werden angeglichen. Wenn es überhaupt zu Gerichtsverfahren kommt, wird das Handeln in der Regel von allen Beteiligten legitimiert und Polizeibeamte werden häufig mit einem Vertrauensvorschuss behandelt.
Das eigene Handeln zu rechtfertigen und als richtig darzustellen ist kein exklusives Vorgehen der Polizei oder anderer Sicherheitsbehörden. Bei der Polizei handelt es sich jedoch um eine Organisation mit tiefgreifenden Rechten und zum Teil drastischen Folgen für die betroffenen Personen, egal ob schuldig oder unschuldig. Je stärker der Eingriff ist, desto entschiedener sollten Kontrollmechanismen sein. Forderungen nach mehr Kritik und Kontrolle der Sicherheitsbehörden sollten demnach als demokratische Praxis selbstverständlich sein.
Mehr Generalverdacht wagen
Während Polizei und Politiker gerne weitere Befugnisse für die Behördern fordern, werden Kontrollmöglichkeiten entweder abgelehnt oder nur in unzulänglicher Form zugelassen. Ein demokratisches Verständnis könnte jede Machterweiterung mit stärkeren Kontrollmöglichkeiten verknüpfen.
Statt der Frage, ob man die Polizei kontrollieren dürfe, sollte man eigentlich fragen: Wie stellen Bürger*innen sicher, dass staatliche Gewalt nicht missbraucht wird? Die Beweislast liegt dahingehend sicher nicht bei jenen, die Kontrolle fordern – sie liegt bei jenen, die Macht ausüben wollen und sich gegen Kontrolle wehren. Wer Kontrolle der Staatsgewalt als vermeintlich unzulässigen Generalverdacht bezeichnet und disqualifizieren will, zeigt damit, dass im Grunde verstanden wurde worum es geht: das Durchsetzen einer einer vordemokratischen, Staats-autoritären Haltung. Wer dagegen Vertrauen fordert, fördert autoritäre Strukturen oder trägt wenigstens dazu bei, diese zu verschleiern.
Text: DeBe
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