Leipzig. Die Zahl der registrierten Grippe-Fälle ist in Leipzig und ganz Sachsen deutlich gestiegen. Die Landesuntersuchungsanstalt (LUA) meldet in ihrer jüngsten Statistik für den Zeitraum vom 8. bis 14. Dezember insgesamt 1750 neue Influenza-Infektionen im Freistaat. Das ist eine Verdopplung gegenüber der Vorwoche. Zum Vergleich: 2024 gab es im gleichen Zeitraum nur gut 200 registrierte Ansteckungen mit dem Virus.
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Der Großraum Leipzig ist stark betroffen: In der Stadt gab es während der 50. Kalenderwoche 372 erfasste Infektionen (Vorwoche: 191; Vorjahreswoche: 73), im Landkreis Leipzig waren es 123 (50; 22) im Landkreis Nordsachsen 67 (45; 11). Die Corona-Zahlen bleiben ebenfalls auf einem hohen Niveau.
Von zehn Stichproben stellen sich zwei bis drei als Grippe heraus.
Dr. Ina Lipp
Allgemeinmedizinerin
Häufungen in Kitas und Schulen
Menschen aller Altersgruppen stecken sich an − anteilig würden aber vor allem bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen Infektionen festgestellt, teilt die LUA mit. Professor Christoph Lübbert, Chef der Infektiologie am Klinikum St. Georg und am Universitätsklinikum Leipzig, berichtet von einzelnen Krankenhaus-Einweisungen aufgrund von Influenza-Infektionen, die Situation sei jedoch nicht alarmierend. „Es fällt aber auf, dass die Saison eher begonnen hat“, so Lübbert. So gebe es in diesem Jahr bereits vor Weihnachten Grippe-Patienten auf den Stationen.
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Schwere Verläufe sind selten
Die vergleichsweise frühe Entwicklung bestätigt Dr. Ina Lipp von der Hausarztpraxis Lipp/Amm/Ullrich in der Südvorstadt. Es gebe mehr Fälle, wobei man nur stichprobenartig teste. „Von zehn Stichproben stellen sich zwei bis drei als Grippe heraus“, so die Allgemeinmedizinerin.
„Seit Ende November, Anfang Dezember sehen wir einen deutlichen Anstieg an Influenza-Fällen“, erklärt Dr. Torben Ostendorf. „Insgesamt sind Atemwegsinfektionen auf hohem Niveau, Influenza nimmt zu, bleibt aber neben Sars-CoV-2 und Rhinoviren nur ein Teil des Geschehens“, sagt der Chef des Sächsischen Hausärzteverbands mit Praxis in Paunsdorf. Schwere Verläufe seien selten und würden vor allem Risikogruppen betreffen.
Das auffällig starke Grippe-Geschehen ist teilweise eine Nachwirkung der Covid-19-Pandemie. Zum einen wegen gesunkener Influenza-Schutzquoten durch Impfmüdigkeit und -skepsis. Zum anderen wegen einer weiter bestehenden Immunitätslücke aufgrund der Schutzmaßnahmen.
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„Während der Pandemie führten Maßnahmen wie Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen zu einem drastischen Rückgang der Influenza-Aktivität, wodurch die natürliche Immunität in der Bevölkerung abnahm“, sagt Torben Ostendorf. „Nach Aufhebung dieser Maßnahmen kam es zu einer erhöhten Anfälligkeit – insbesondere bei Kindern, die in dieser Zeit keine Immunität aufbauen konnten. Das führte zu einer stärkeren und teilweise früheren Grippewelle.“
Infektion kurz nach der Impfung − ist das ein Problem?
Was passiert, wenn man sich als frisch Geimpfter infiziert? Ist man schon geschützt − oder ist das womöglich sogar gefährlich? Nach einer Impfung dauert es einige Tage bis Wochen, bis ein signifikanter Immunschutz aufgebaut ist. „In dieser Phase besteht noch kein vollständiger Schutz“, sagt Hausarzt Dr. Torben Ostendorf. Die frühe Immunantwort könne daher zunächst schwächer ausfallen. Aber: Die Kombination aus Impfung und Infektion („hybride Immunität“) führe später zu einem stärkeren und länger anhaltenden Schutz. „Bei immungesunden Personen verläuft eine Infektion nach Impfung meist nicht schwerer, da die Impfung bereits eine gewisse Aktivierung des Immunsystems bewirkt und die Immunantwort im Falle einer Infektion schneller und effektiver abläuft.“
Subtyp bereitet Probleme
Das stärkere und frühere Infektionsgeschehen hat aus Sicht von Experten zudem mit der „Subklade K“ des aktuellen Influenza-Virus H3N2 zu tun. „Das könnte durchaus eine Rolle spielen, wird in der Routine aber nicht subtypisiert“, sagt Christoph Lübbert. Die Immunität aus früheren Infektionen sowie der aktuelle Impfschutz greifen bei der Variante nicht optimal. Dennoch bewahrt die Impfung vor schweren Verläufen, betont Lübbert.
Torben Ostendorf empfiehlt trotz der vorangeschrittenen Entwicklung ebenfalls immer noch die Grippe-Spritze: „Da die Welle oft mehrere Monate dauert und ihr Ende nicht genau vorhersehbar ist, kann eine Impfung auch zu Beginn oder im Verlauf der Saison – sogar im Januar – noch sinnvoll sein.“ Der Allgemeinmediziner rechnet für die kommenden Wochen mit einer Fortsetzung und möglichen weiteren Zunahme der Grippewelle.
LVZ