Immer mehr Anbieter bringen Getränke auf den Markt, die angeblich wie Alkohol wirken – aber ohne Nachwehen. Aus Stuttgart gibt es nun Mellow Rush: Laut Werbung ein „Mood Elevator“.
Nüchtern ist das neue Cool? Eins ist zumindest klar: Im Vergleich zu den 90er Jahren wird in Deutschland weniger Alkohol getrunken, dafür steigt der Umsatz mit alkoholfreien Varianten von Bier, Sekt, Spirituosen und Wein. Gründe dafür gibt’s viele. Unter anderem steht nicht zuletzt seit der Corona-Pandemie das Gesundheitsbewusstsein immer mehr im Fokus. Alkohol muss man zwar nicht verteufeln, doch Studien haben ergeben, dass selbst kleine Mengen ein Risiko bergen. Daher verzichten so manche darauf, zumindest auf Zeit, etwa im „Dry January“.
So war es auch bei Simone Lafargue und ihrem Mann: „Wir haben ein halbes Jahr lang keinen Alkohol getrunken und uns deutlich besser gefühlt“, sagt die Stuttgarterin, die als Coach und Beraterin arbeitet. Trotz des generellen Wohlbefindens habe aber „irgendwas gefehlt“: „Etwas, das uns als Paar verbindet, das die Stimmung hebt, aber nicht abhängig macht.“
Stuttgarterin gründete für Mellow Rush ein Start-up
Was also tun? Lafargue hatte von einigen Drinks gehört, die keinen Alkohol enthalten und dennoch leicht berauschend wirken sollen. Sie dachte sich: „Das kann ich auch“ – und gründete ein Start-up.
Seit einigen Wochen ist Mellow Rush auf dem Markt – „der erste funktionale Drink, der kickt wie Alkohol – aber ohne Kater, Zucker oder Promille“ wie es auf der Homepage heißt. Der Name bedeutet so viel wie „sanfter Rausch“ oder „entspannter Schub“. Und was hat es mit dem Getränk, das das Nevensystem und das Gehirn ähnlich stimulieren soll wie Alkohol, aber ohne die negativen Folgen wie Kopfschmerzen, Übelkeit und Langzeitfolgen, auf sich?
Mellow Rush soll für „sanfte Euphorie“ sorgen
„Mellow Rush regt die Wohlfühl-Botenstoffe im Gehirn an: Dopamin, Serotonin und GABA“, sagt Simone Lafargue. Der Konsum sorge „für eine gewisse Leichtigkeit, für mentale Entspannung und sanfte Euphorie“. Mellow Rush sei somit „ein Seelenwärmer, durch den man sich entspannt und öffnet. Nur eben ohne Giftstoffe“. Stattdessen enthalte das von ihr kreierte Getränk allerlei Botanicals und Aromaten wie Safran, Rosmarin, Lavendel, Ingwer und Pfeffer. Schaut man auf der Dose auf die Zutaten, wird als Basis Wasser gelistet, zudem sind unter anderem Clamansisaft (Calamansi ist eine Zitrusfrucht), Grüntee, Kamillen-Extrakt, Mineralstoff- und Vitaminmischungen enthalten.
„Alles auf Kräuterbasis, alles natürlich“, wie die Geschäftsführerin Lafargue versichert. „Und vom Institiut SGS Fresenius geprüft.“ Zwar gibt es immer mehr Anbieter, die alkoholfreie, angeblich stimmungshebende Funktionsdrinks auf den Markt bringen. Sie enthalten teils aber Substanzen, die in Deutschland mit seinem strengen Lebensmittelrecht gar nicht zugelassen sind. So ist es etwa bei Sentia, das hierzulande daher nur über den Online-Handel erhältlich ist. Lafargue und ihr Mellow Rush hingegen sind nach eigener Einschätzung auf der sicheren Seite.
Verbraucherzentrale Stuttgart: pflanzlich nicht immer harmlos
„Pflanzliche Zutaten bedeutet nicht immer harmlos“, schränkt jedoch die baden-württembergische Verbraucherzentrale in Stuttgart auf Anfrage ein. So enthält das Getränk aus Stuttgart auch Ashwagandha-Extrakt. Das Bundesinstitut für Risikobewertung rät bei Produkten mit Ashwagandha, hierzulande auch als Schlafbeere bekannt, zur Vorsicht Der Grund: Die Wirkung sei wissenschaftlich unzureichend erforscht. „Gerade bei exotischen pflanzlichen Zutaten liegen oft nur unzureichende Sicherheitsnachweise vor, für beworbene Wirkungen fehlen verlässliche Belege“, heißt es auch von der Stuttgarter Verbraucherzentrale. Generell gelte: „Unabhängig von den Produkten und den Wirkversprechen sehen wir Werbeaussagen, die rauschähnliche Zustände als erstrebenswert darstellen, kritisch. Herstellende müssen ihre Verantwortung als Lebensmittelunternehmen ernst nehmen.“
Simone Lafargue ist davon überzeugt, dass bei der Rezeptur ihres dezent rosefarbenen Drinks nichts bedenklich ist – weder gesundheitlich, geschmacklich, noch was die Wirkung betrifft. Auf der Homepage wird bestimmten Personengruppen vom Konsum allerdings abgeraten: „Wir empfehlen es nicht für Schwangere, Stillende oder Personen mit bestimmten gesundheitlichen Einschränkungen.“ Zudem heißt es dort, das Getränk sei für Erwachsene ab 18 Jahren konzipiert.
Getränk wird auf der Schwäbischen Alb produziert
Und wie schmeckt Mellow Rush eigentlich? Es hat eine Zitrusnote, ist leicht bitter – und zugleich süß. Ein klein wenig erinnert der Geschmack an Red Bull. Wirkt es auch? Beim Selbstversuch ist nichts zu merken. Vielleicht muss man mehr trinken als zwei Dosen mit je 250 Millilitern. „Bei manchen setzt die Wirkung schnell ein, bei anderen dauert es länger, bis sie sich dadurch entspannt und geselliger fühlen“, erklärt Simone Lafargue.
Produzieren lässt die Start-up-Unternehmerin regional, auf der Schwäbischen Alb beim Unternehmen Füllkopf in Steinheim am Albuch: „Dort haben wir zunächst 5000 Liter abfüllen lassen“, sagt Lafargue. Im Januar sollen die nächsten 5000 Liter folgen. Das Ziel sei eine schrittweise Erhöhung auf 60.000 Liter pro Abfüllung in 2026. Die Produktionswege sind kurz. Denn die meisten Rohstoffe kommen aus dem gerade mal 45 Minuten entfernten Nördlingen: „Von Destilla, einem Hersteller von Kräuterextrakten und Aromen.“ Kaufen kann man Mellow Rush bisher im Internet – über die Homepage oder bei Amazon. Kostenpunkt im Dreierpack 2,74 Euro pro Dose.