Zwischen den beiden Posts von Donald Trump am 24. Dezember auf Truth Social liegen nur wenige Stunden. In einem Beitrag gibt Trump bekannt, dass Außenminister Marco Rubio Einreisesperren gegen europäische Personen verhängt habe, die versuchten, „die amerikanische Redefreiheit zu zensieren“. Betroffen sind unter anderem die Leiterinnen der deutschen Organisation Hate Aid, die sich gegen Hass im Netz engagiert.

Der andere Post ist eine Schimpftirade gegen den Satiriker Stephen Colbert. Man könnte auch von einer Hasstirade sprechen. Im Sommer hatte der Sender CBS bekannt gegeben, dass Colberts Show Ende Mai 2026 eingestellt wird. Noch läuft sie aber. Trumps Ausbruch erfolgte nach der Ausstrahlung einer Folge, in der Colbert sich über die Umbenennung des Kennedy-Centers in „Trump-Kennedy-Center“ lustig machte. Colbert sei ein „erbärmliches Desaster“, schrieb Trump auf Truth Social. Seit er von CBS entlassen worden sei, sei er noch schlechter geworden. Colbert werde von Hass und Wut angetrieben. Und: Er sei ein „Todgeweihter“, CBS sollte ihn „einschläfern“. Letzteres schrieb Trump in Anführungszeichen.

Vor nicht allzu langer Zeit, nach der Ermordung des rechten Aktivisten Charlie Kirk, hatte Trump angekündigt, gegen Hassrede vorgehen zu wollen. Allerdings nur gegen linke Hassrede: Die Trump-Regierung machte „die radikale Linke“ für das Attentat und geschmacklose Reaktionen darauf verantwortlich. Wer amerikanischen Bürgern den Tod wünsche, sei in den USA nicht länger willkommen, verkündete die Regierung damals. Wegen Kommentaren zu Kirk in sozialen Medien entzog sie sechs Ausländern das Visum.

Medien als „Feind des Volkes“

Auch US-Medien beschimpft Trump regelmäßig. Am 23. Dezember nahm er wieder einmal die New York Times ins Visier. Sie sei eine Gefahr für die nationale Sicherheit, schrieb er. Ihre „fake“ Artikel und Kommentare müssten gestoppt werden. Die New York Times sei „der wahre Feind des Volkes“. Gegen Medien geht der US-Präsident außerdem mit Klagen vor.

Seine Drohungen, Klagen und Verunglimpfungen bleiben nicht ohne Folgen: Vor wenigen Tagen hat der Sender CBS kurz vor der Ausstrahlung eine Dokumentation des Nachrichtenmagazins „60 minutes“ über Abschiebungen nach El Salvador gestoppt, auf Anweisung der neuen Chefredakteurin Bari Weiss.

Die Chefredakteurin verlangte, dass die Sichtweise der Trump-Regierung eingebaut werde. Sie sprach von einem redaktionellen Entscheid. Die für die Dokumentation verantwortliche Journalistin sagte dagegen, es habe sich um einen politischen Entscheid gehandelt. Die Regierung habe Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten, habe sich aber nicht äußern wollen.

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Das FBI und die Staatsanwaltschaft in Manhattan hätten die Dokumente entdeckt. Bis zur Veröffentlichung könne es noch einige Wochen dauern.

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Trump hat „60 minutes“ verschiedentlich heftig kritisiert und CBS auch schon verklagt. Vor kurzem hat der US-Präsident auf der Webseite des Weißen Hauses außerdem einen Pranger für unliebsame Medien eingeführt. Dort werden die „Mediensünder der Woche“ zur Schau gestellt – jene, die nicht nach dem Geschmack des Präsidenten berichten.

Scharfe Kritik aus Europa

Gleichzeitig wirft Trump Europa vor, die Freiheit zur Meinungsäußerung einschränken zu wollen. Er hat das schon oft getan, doch diesmal ließ es sich nicht ignorieren. Die EU, Deutschland und Frankreich haben den Vorwurf zurückgewiesen und die Einreisesperren mit deutlichen Worten kritisiert. Die EU-Kommission teilte mit, man verurteile den Entscheid der USA aufs Schärfste und habe Klarstellungen erbeten. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul bezeichnete die Einreiseverbote als „nicht akzeptabel“.

Der französische Präsident Emmanuel Macron schrieb auf der Plattform X: „Diese Maßnahmen kommen einer Einschüchterung gleich, die darauf abzielt, die europäische digitale Souveränität zu untergraben.“ Bei den Regeln des Digital Services Act, mit dem in der EU Onlineplattformen reguliert werden, gehe es darum, dass online illegal sei, was offline illegal sei. Das Gesetz verpflichtet Plattformen beispielsweise dazu, einfache Verfahren zum Melden illegaler Inhalte anzubieten.

Die betroffene Organisation Hate Aid sprach von einem „Akt der Repression einer Administration, die zunehmend Rechtsstaatlichkeit missachtet und versucht, ihre Kritiker mit aller Härte zum Schweigen zu bringen“. Die Organisation setzt sich dafür ein, dass Persönlichkeitsrechte auch im digitalen Raum geschützt werden, und berät Betroffene von digitaler Gewalt.

Der ebenfalls von einer Einreisesperre betroffene ehemalige französische EU-Kommissar Thierry Breton, der den Digital Services Act geprägt hatte, schrieb: „An unsere amerikanischen Freunde: Die Zensur findet nicht dort statt, wo ihr sie wähnt.”