Mit 115 Artisten aus 16 Ländern und über 200 Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen gilt der Stuttgarter Weltweihnachtscircus rund um den Globus als der größte seiner Art. Und an Heiligabend zeigt sich besonders eindrucksvoll, dass er vor allem eines ist: eine Familie.

Nach der letzten Vorstellung mit Publikum am Heiligabend verwandelt sich das Gastrozelt in eine festliche Partylocation. Wo sonst Pommes, Popcorn und Pizza für das Publikum verkauft werden, stehen nun lange Tafeln mit einem üppigen Büfett, ein DJ sorgt für Musik aus aller Welt. Organisiert hat das Fest Zirkuschef Dalien Cohen zusammen mit Domino Catering unter Leitung von Franco und Eliude Fode – sie wollen den Artisten, die fernab ihrer Heimat und Familien arbeiten, ein echtes Weihnachtsgefühl schenken.

Viele der Künstlerinnen und Künstler haben sich dafür besonders schick gemacht. Glamouröse Kleider, elegante Anzüge, funkelnde Accessoires – wie bei einer Galavorstellung. Aus der Manege werden Stühle herbeigeschafft, um gemeinsam Spiele zu spielen, etwa eine turbulente Reise nach Jerusalem.

Mit 28 Jahren hat es Dalien Cohen an die Zirkusspitze geschafft

Es wird gelacht, gesungen, getanzt. Und je später der Abend, desto deutlicher wird: Hier begegnen sich Menschen, die sonst hoch konzentriert an Trapezen hängen oder in der Manege Höchstleistungen zeigen, ganz privat und herzlich. Man spürt: Das ist mehr als ein Ensemble. Das ist eine große Verwandtschaft mit der gemeinsamen Leidenschaft, das Publikum zu erfreuen.

Dass diese Gemeinschaft funktioniert, hat viel mit dem Mann an der Spitze zu tun. Wenn man sieht, wie Dalien Cohen mit seinen Leuten unter dem Chapiteau agiert, könnte man meinen, er sei ein echtes Zirkuskind. Doch hineingeboren wurde er in diese bunte Welt nicht – die Liebe hat ihn dorthin geführt.

An der dritten Generation des Zirkusunternehmens mangelt es nicht

In Amsterdam führte Cohen eine Gaststätte, als 2018 Elisa van der Meijden, Tochter des Zirkusgründers Henk van der Meijden, zu einer Party kam. „Noch im selben Jahr war Elisa schwanger“, erzählt Cohen schmunzelnd. Inzwischen hat das Paar drei Söhne – an der dritten Generation des Zirkusunternehmens mangelt es also nicht.

Die Artisten spielen „Reise nach Jerusalem“ Foto: engelhard-photography-

Mit gerade einmal 28 Jahren hat Dalien Cohen es bis an die Spitze des Weltweihnachtscircus’ geschafft. Auf dem Wasen wird er von rund 200 Mitarbeitenden für seine ruhige, zugewandte Art geschätzt. Die schnelle Karriere kommt seinen Fähigkeiten entgegen: Mit stoischer Ruhe arbeitet er präzise, behält auch in hektischen Momenten den Überblick. Sein Handy klingelt oft – nicht selten ist sein Schwiegervater am Apparat. Henk van der Meijden, heute 88 Jahre alt, war einst Journalist in Amsterdam, schrieb eine tägliche Leute-Kolumne und wurde vom Zirkusfan zum Zirkusbesitzer. Heute ist er eine Legende der Branche. Bereits im vergangenen Jahr hat er die Geschäfte offiziell an seine Tochter und seinen Schwiegersohn übergeben.

Das Weihnachtsbüfett für die Artistinnen und Artisten. Foto: engelhard-photography-

Als der Weltweihnachtscircus 1994 auf dem Cannstatter Wasen erstmals Premiere feierte, war Dalien Cohen noch nicht einmal geboren. Heute lenkt er die Geschicke des Unternehmens und führt den Zirkus in die Zukunft. Das Weihnachtsfest unter dem Chapiteau macht dabei deutlich, wofür der Weltweihnachtscircus seit jeher steht: für internationale Spitzenkunst ebenso wie für ein starkes Miteinander. Die Artisten feiern Weihnachten fern der Heimat – und doch in einer Gemeinschaft, die zeigt, wie bereichernd die Vielfalt der Nationen ist.