
AUDIO: Kieler Schloss: Wenn die Akkustikt im Konzertsaal wieder stimmt (4 Min)
Stand: 26.12.2025 13:50 Uhr
Seit 1965 ist der Konzertsaal am Kieler Schloss das akustische Wohnzimmer der Landeshauptstadt. Nun wurde er vier Jahre lang modernisiert – bis heute. Ein Baustellenbesuch.
Nichts von klassischer Musik – zur Zeit prägen noch laute Arbeitsgeräusche die Akustik im Saal. Dass hier noch eine Baustelle ist, hört man nicht nur, man riecht es: Überall schwirrt Staub durch das taghelle Foyer und sorgt für leicht muffigen Geruch. Im Saal selbst dominiert zunächst großzügig ausgelegte Abdeckfolie. „Für anfängliche Proben ist es gerade etwas schwierig“, sagt Akustikingenieur Gernot Kubanek. „Es ist Gott sei Dank inzwischen einigermaßen warm, das ist ja auch für die Instrumente wichtig. Die verstimmen sich sonst sehr schnell bei unterschiedlichen Temperaturen.“
Ehrwürdige Orgel leider in Rente

Die zwölf Akustikplatten sind bis zu 30 Zentimeter dick.
Wir passieren die leere, leuchtend rote Bestuhlung für 1.400 Besucher. Auf der noch flachen Bühne – es gibt jetzt Hubpodeste – ruhen Celli, Kontrabässe, blitzblanke Hörner und ein Fagott. Der Akustiker bleibt in der Mitte des neuen alten Konzertsaals stehen und schaut nach oben. „Ursprünglich gab es eine Segelkonstruktion, aber wesentlich höher. Das hatte die Konsequenz, dass der Schall, der von der Decke wieder runterkommen sollte, zeitlich nur stark verzögert kam“, erklärt der Fachmann.
Die neu installierten Akustikplatten sind zwölf riesige, tiefbraune und bis zu 30 Zentimeter dicke Schwebeelemente. Sie dienen auch der Beleuchtung. Das Besondere aber sind ihre leicht nach vorn und hinten weisenden Reflexionsflächen. Zudem ist ihre Neigung justierbar und sie ist auch differenziert abspeicherbar. Ansonsten ist das Raumvolumen unverändert. Eine Nachhallzeit von 1,7 bis 1,8 Sekunden, das ist gut und bestätigten ihre Messungen – die leider ein Opfer forderten: Die altehrwürdige Orgel, eine historische Grundkonstante im Konzertsaal, ist jetzt in Rente.

Der Umbau des Kieler Schlosses läuft noch. Am Donnerstagvormittag findet dennoch die erste Orchesterprobe in voller Besetzung statt.
Eine Art Vollarena
Was beim Blick ins Rund auffällt: dass es zukünftig ein demokratisches Miteinander geben wird. Klangkörper und Besucher sind nahezu auf gleicher Höhe. Auch erlaubt die verlorene Orgel mehr Sitzplätze auf der Empore, was dann ein wenig an Hamburgs Elbphilharmonie erinnert. Es bildet sich eine Art Vollarena mit den Stars und Künstlern in der Mitte. „Das ist für die Musiker auch sehr wichtig: eine gewisse Rückwirkung aus dem Raum“, so Gernot Kubanek. „Da ist einfach eine Gemeinsamkeit da – im Positiven und gegebenenfalls im Negativen.“
Längst sind erste Musiker im Haus, auch der Chor. Der Experte erzählt schnell, dass er jetzt durch den Konzertsaal gehe: akustischer Feinschliff. Das mache er als Toningenieur mit den Ohren. Unterdessen ist Orchesterdirektorin Iris Gast zu uns gekommen. Die Akustik der Bühne, sagt sie, ein leidiges Thema – bisher. „Dass wir jetzt, das erste Mal in der Geschichte dieses Orchesters, Arbeitsbedingungen haben, die einem Profiorchester entsprechen, das ist sehr schön“, sagt sie.

Seit vier Jahren wird das Kieler Schloss saniert. Der Bau aus dem Jahr 1964 soll laut Stadt im Januar 2026 wiedereröffnet werden.
Eröffnung für den 10. Januar geplant
Geprobt wird auch schon. Auf dem Plan stehen Auszüge aus Beethovens 9. – inklusive Chor. Nach einer knappen Stunde kommt Gernot Kubanek von seiner Saalrunde zurück – und zeigt zur Tür, zum Foyer. Der Chor sei zu laut und bringe zu viel Energie nach vorne auf die Bühne. „Degegen gibt es ein relativ einfaches Mittel: in bestimmten Korrespondenzstellen werden sie einfach leiser. Sie spielen statt Forte dann Mezzoforte oder statt Mezzoforte Piano, weil es dann doch einfach zu gut mit den Segeln wirkt.“ Eröffnung wird am 10. Januar sein.

Brittens Cello-Sinfonie und Brahms‘ Zweite mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester und Alisa Weilerstein unter Leitung von Chefdirigent Alan Gilbert.
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