Steinhagen. Das Kulturwerk in Steinhagen ist ohne Frage eine Institution. Viele Stars aus der Kulturszene machten seit seiner Gründung im Juni 1971 in Steinhagen Station. Nicht alle fanden auf Anhieb den Weg an den Teuto. Im aktuellen Programmheft erinnert sich Adelheid Meyer-Hermann an eine Theatergruppe, die sich mit ihrem Bus verirrt hatte.

Meyer-Hermann hat über viele Jahre das Programm kuratiert. Aber nicht nur das. Wenn bei der Künstlerbetreuung mal etwas schief ging, fand die pensionierte Lehrerin immer einen Weg. Der führte eines Abends sogar in ihre Küche. Als die Schauspieler von der Theater-Akademie Stuttgart aufgrund einer Irrfahrt mit dem Bus erst um halb zwei nachts in Steinhagen strandeten, hatte das Restaurant im Berghotel Quellental längst geschlossen. Also servierte das Kulturwerk den Theaterleuten eine heiße Kartoffel-Lauchsuppe in Meyer-Hermanns Küche.

„Auf meine Frage, ob sie auch ein paar gebratene Mettwurstscheiben dazu haben wollten, lautet die Antwort: Jaaaa!“, erinnert sich Adelheid Meyer-Hermann. „Ein Gläschen regionales Bier rundete das Mahl in meiner Küche ab, wo neun Shakespeare-Schauspieler mit ihrem Theaterdirektor auf der Eckbank dich gedrängt Platz gefunden hatten.“

Erkältete Sängerknaben im Steinhagener Kulturwerk


Adelheid Meyer-Hermann hat über viele Jahr das Programm kuratiert. - © Frank Jaspe

Adelheid Meyer-Hermann hat über viele Jahr das Programm kuratiert.
| © Frank Jaspe

Gegründet wurde das Kulturwerk im Juni 1971 vom damaligen Kulturausschussvorsitzenden Klaus Godt und dessen Ehefrau Helga Godt. Beide haben das Kulturwerk über viele Jahre geprägt. Zunächst fanden die Aufführungen im Dietrich-Bonhoeffer-Haus statt, das die evangelische Kirchengemeinde zur Verfügung stellte. Nach dem Bau des Schulzentrums zog das Kulturwerk 1975 in die Aula um. Schmuckstück dort war ein Steinway-Flügel. Für dessen kostspielige Anschaffung hatte sich der Kulturausschuss „nach langem Ringen“ entschieden.

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Weil die Gemeinde Steinhagen personell und finanziell nicht mehr in der Lage war, die Arbeit für das Kulturwerk zu leisten, wurde 1983 ein Verein gegründet, der fortan die Organisation von Konzerten, Theaterabenden und Kunstausstellungen übernahm. Bis heute halten Ehrenamtliche den Betrieb mit viel Engagement und fachlicher Expertise am Laufen. Sehr zur Freude der Steinhagener Kultur-Fans.

Einer von ihnen ist Claus Böhling. Der 91-Jährige ist seit Anfang der 1980er-Jahre treuer Abonnent und wird ebenfalls im aktuellen Programmheft zitiert. Dort erzählt er, dass er mit seiner Frau zunächst ein Abonnement für das Bielefelder Stadttheater hatte. „Beruflich musste ich oft verreisen und da meine Frau keinen Führerschein besaß, kam uns das Angebot des Kulturwerks vor Ort sehr entgegen.“ Eine gute Entscheidung, wie er berichtet. Nur eine Aufführung kam in all den Jahren nicht ganz so gut bei ihm an. „Ich erinnere mich an einen Abend mit den Wiener Sängerknaben. Da haben wir die Aula vorzeitig in der Pause verlassen, weil der ganze Chor erkältet war.“

Schauspieler aus bekannter ZDF-Krimireihe


Helga und Klaus Godt haben das Kulturwerk Steinhagen über viele Jahre geprägt und etliche Stars aus der Kulturszene in die Gemeinde geholt. - © Frank Jasper

Helga und Klaus Godt haben das Kulturwerk Steinhagen über viele Jahre geprägt und etliche Stars aus der Kulturszene in die Gemeinde geholt.
| © Frank Jasper

So hat jeder seine Erinnerungen an das Kulturwerk. Auch Frank Pohl, der mehrere Jahre im Vorstand mitgearbeitet hat. „Vorher war mein Theater die Alm“, merkt der Leiter der Steinhagener Sparkassen-Filiale an. In dem Bankgebäude am Marktplatz befand sich mehrere Jahre die Geschäftsstelle des Steinhagener Kulturwerks. Frank Pohl erinnert sich, dass kulturelle und kommerzielle Interessen auch mal aufeinanderprallen konnten.

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Es habe da mal eine Vorstellung mit Leonard Lansink gegeben, der einem breiten Publikum als Privatdetektiv Georg Wilsberg in der gleichnamigen ZDF-Krimireihe bekannt sein dürfte. „Das Ensemble wollte aus dramaturgischen Gründen ohne Pause spielen. Es musste aber eine Pause geben, um unserem Caterer zu ermöglichen, ein wenig Geld zu verdienen“, erinnert sich der Bänker Frank Pohl. „Da kommt Leonard Lansink, legt seinem Kollegen die Hand auf die Schulter und sagt ihm, er soll sich entspannen. Bei Tourneetheatern sei Catering Bestandteil des Theaterabends.“ Es wurde – mit Pause! – eine tolle Veranstaltung.

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Eine ungewollte Zwangspause machte dem Kulturwerk allerdings wirklich zu schaffen. „Die Corona-Pandemie war ein Tief, was den Kartenverkauf angeht“, berichtet Frank Pohl. „Aber auch wieder eine Höhe für den Verein, weil das Zusammenspiel zwischen Publikum und Veranstaltern von gegenseitiger Wertschätzung zeugte.“ Adelheid Meyer-Hermann erinnert sich daran, dass viele geplante Veranstaltungen ausfallen mussten. Andere jedoch fanden unter unwirklichen Umständen mit Abstand und Masken dennoch statt. Auf diese Weise leuchtete auch in dunklen Zeiten das Licht der Kultur in Steinhagen.

Kostenlose Sonderveranstaltung zum Jubiläum


Das aktuelle Kulturwerk-Team: Valerie Augustin (v. l.), Antje Goldstein-Stark, Bärbel Pickarski, Sabine Böhling und Claudia Müller. Es fehlt: Irene Rehnen. - © Frank Jasper

Das aktuelle Kulturwerk-Team: Valerie Augustin (v. l.), Antje Goldstein-Stark, Bärbel Pickarski, Sabine Böhling und Claudia Müller. Es fehlt: Irene Rehnen.
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Aktuell läuft die 55. Spielzeit des Kulturwerks. Anlässlich des besonderen Geburtstages lädt das Kulturwerk am Samstag, 31. Januar, zu einer kostenlosen Sonderveranstaltung ein. Gezeigt wird „Pinocchio, auch für Erwachsene“. Die kleinen und großen Gäste erleben eine literarische Erzählung mit Antonella Simonetti, untermalt mit zauberhaften musikalischen Kulissen. Beginn des Bühnenstücks ist um 20 Uhr in der Schulzentrumsaula. Für diese Veranstaltung gilt „freie Platzwahl“. Das komplette Jubiläumsprogramm finden Interessierte unter www.kultuwerk-steinhagen.de.

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