Vor 100 Jahren hatte der Hamburger Volksschullehrer Johannes Böse (1879-1955) eine tolle Idee: Die „Griffelkunst-Vereinigung Hamburg“ verlegt original Grafik für ihre etwa 4500 Mitglieder. So kann man für kleines Geld ganz große Kunst erwerben!

Bei „Griffelkunst“ dabei sein kann jeder und jede. Mit dem Vereinsbeitrag von 200 Euro jährlich erwirbt jedes Mitglied automatisch ein Kunstwerk pro Quartal. Zweimal im Jahr darf man auswählen; 90 Ortsgruppen gibt es in Deutschland.

„Griffelkunst“: Eine Hamburger Idee veränderte das Sammeln

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zeigt nun die Kunsthalle eine Ausstellung über diese einzigartige Vereinigung mit besonderem Fokus auf Druckgrafik. Unter dem passenden Titel „And so On To Infinity. 100 Jahre Griffelkunst“ kann man bis zum 18. Januar in dieses Kunst-Universum eintauchen. Gezeigt werden Lithografien, Siebdrucke, Radierungen, Holzschnitte, aber auch Fotografien aus dem Programm der vergangenen 100 Jahre. Kunst von internationalen Stars wie Gerhard Richter, Sigmar Polke, Jonathan Meese oder Rosemarie Trockel – oder von noch unbekannten Newcomern.

Kleine Formate von großen Künstlern: Sigmar Polkes „Fernsehbild (Kicker)“ Griffelkunst-Vereinigung Hamburg e.V.

Eine Aufnahme eines TischkickersKleine Formate von großen Künstlern: Sigmar Polkes „Fernsehbild (Kicker)“

Dan Graham, Nancy Spero und viele, viele mehr: Sie alle haben für die „Griffelkunst“ gearbeitet und sie alle zeigen in ihren Arbeiten, dass Kunst stets auch ein Spiegel der jeweiligen gesellschaftlichen und politischen Strömungen ist. Viele der ausgestellten Werke führen vor Augen, wie Künstler und Künstlerinnen mit der Drucktechnik spielerisch experimentieren – etwa durch die Kombination verschiedener Druckverfahren.

Kunsthalle zeigt 470 Werke

Experimentelle Ansätze machen deutlich, dass die „Griffelkunst“ immer ein kreativer Raum für die Entwicklung neuer künstlerischer Ideen war. Und so ist die Ausstellung nicht nur eine Hommage an eine kunsthistorisch bedeutende Bewegung, sondern auch eine lebendige Auseinandersetzung mit der Zukunft der Druckgrafik. In einer Zeit, in der digitale Medien und computergenerierte Bilder die visuelle Landschaft dominieren, nimmt „Griffelkunst“ eine bewusste Gegenposition ein und bietet eine Plattform für Künstler und Künstlerinnen, die das handgefertigte, mit traditionellen Werkzeugen erschaffene Kunstwerk schätzen und weiterentwickeln möchten.

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Die Kunsthalle zeigt jetzt 470 Werke: ein, wie es Kunsthallendirektor Alexander Klar ausgedrückt hat, „Zusammenspiel von berühmten Namen und Namen, die noch berühmt werden“. Die Kunsthalle ist selbst übrigens schon seit 60 Jahren Mitglied bei der „Griffelkunst“. So kann es gerne die nächsten 100 Jahre weitergehen. Oder noch länger! And so on to infinity! Zur Ausstellung ist auch ein Katalog erschienen.

Kunsthalle: bis 18.1., Di-So, je 10-18 Uhr, 24./25.12.: geschlossen, 26.12.: 10-18 Uhr, 16 Euro, hamburger-kunsthalle.de

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