Tagsüber feiern: Den Erfolg des „Heiligen Vormittags“ an Weihnachten wollen Veranstalter auf Silvester übertragen. Tagespartys sind im Trend. Und was ist nachts los am Schlossplatz?

An Heiligabend ist das frühe Partmachen schon seit Jahren ein Hit – funktioniert dieses Erfolgsprinzip auch an Silvester? Auf den „Heiligen Vormittag“ folgt in Stuttgart und Umgebung nun die „Silvester Day Party“. Die Macher sind überzeugt: Dieses Konzept wird sich am letzten Tag des Jahres ebenso etablieren wie das Feiern am 24. Dezember.

Mehrere Gastronomen sehen sich als Trendsetter: Am Kleinen Schlossplatz lädt die Waranga Bar für den 31. Dezember von 11 bis 18 Uhr zur „Silvester Day Time Party“ mit DJ ein. Nachts ist nur eine Feier in geschlossener Gesellschaft im ersten Stock geplant. In den Comodo-Studios an der Eichstraße wird von 13 bis 19 Uhr der Jahreswechsel ebenfalls bereits am Tag gefeiert (aber zusätzlich auch abends von 20 Uhr an mit Essen). Die VE Vinobar im Dorotheen Quartier empfängt Silvesterfrühstarter bis 16 oder 17 Uhr. Und im Winterdörfle des Schwabengartens in Leinfelden-Echterdingen lautet das Motto von 10 bis 16 Uhr: „Hütt’n Vorrutsch“.

Bleibt dann noch nachts Energie fürs Feiern ins neue Jahr hinein? „Unsere Gäste geben alles“, sagt Nico Tratz vom Schwabengarten mit einem Lächeln, „viele werden sich abends also ausruhen wollen.“ Sein Geschäftspartner David Blanco del Rio, der in Stuttgart unterhalb der Lautenschlagerstraße auch das Classic Rock Café betreibt, beobachtet schon länger, dass „viele nicht mehr nachts in die City kommen wollen“.

Deshalb macht er diesmal das Rock Café in der Nacht zum neuen Jahr gar nicht erst auf, um sich aufs Feiern am Vormittag im Winterdörfle auf den Fildern zu konzentrieren. Tagespartys seien in der Stadt schon länger beliebt, sagt er. Dies werde sich auch in einem der größten Biergärten der Region zum Jahreswechsel durchsetzen, glaubt Blanco del Rio. Denn gute Laune hängt nicht von der Uhrzeit ab. Immer mehr wollten an Silvester daheim mit Freunden bleiben, um in das neue Jahr zu rutschen. Das Ausgehen werde deshalb vorverlegt.

„Soft Clubbing“: Junge Menschen feiern bewusster und früher

Tagsüber feiern: Aus Großstädten wird dieser Trend gemeldet. Der Begriff dafür lautet „Soft Clubbing“. Vor allem jüngere Menschen verabschieden sich zunehmend vom klassischen Durchfeiern bis in die frühen Morgenstunden. Stattdessen setzen sie auf kürzere Events, frühere Uhrzeiten und einen bewussteren Umgang mit Alkohol. Feiern wird weniger als Ausnahmezustand verstanden, sondern als soziales Erlebnis. Dresscodes, strenge Türpolitik und der Druck, mithalten zu müssen, verlieren dabei an Bedeutung.

Silvester ohne Schlossplatz-Party: Stadt hat kein Geld mehr dafür

Die Day-Partys sind genau das Richtige für Menschen, die nachts nicht mehr ausgehen möchten. In der Silvesternacht meiden viele bewusst den Schlossplatz, wo sich unter anderem das nun tagsüber feiernde Waranga befindet. Diesmal gibt es keine große Party vor dem Neuen Schloss, die mit Bühnenprogramm und Lasershow stets zur Sicherheit an dieser zentralen Stelle beigetragen hat. Die zum Sparen gezwungene Stadt hat die Zuschüsse gestrichen, weshalb nun gar nichts stattfinden kann – zumindest nicht im Freien.

Feuerwerksverbot am City-Ring: Silvester ohne Knallerei?

Erneut gilt das Feuerwerksverbot für den City-Ring. Von 18 Uhr an Silvester bis 6 Uhr am Neujahrsmorgen ist das Zünden von Böllern und Raketen verboten, erlaubt sind nur Feuerwerksartikel wie Wunderkerzen. Die Maßnahme soll Verletzungen, Brände und Eskalationen verhindern. Zeigt die neue Day Time Party am Kleinen Schlossplatz, dass man den Abschied des alten Jahres auch ohne Knallerei attraktiv gestalten kann?

Größte queere Silverparty in Süddeutschland im Marquardt-Gebäude

Die meisten Restaurants rund um den Schlossplatz sind am 31. Dezember geöffnet, doch schließen fast alle deutlich vor Mitternacht. Eine Ausnahme gibt’s im Marquardt-Gebäude. Das Team des früheren Studio Gaga richtet im Pop-up-Club Lerche 22 eine Silvesterparty für die queere Community und ihre Freundinnen und Freunde aus. Beginn um 23 Uhr. Die Veranstalter raten dazu, rasch in den Club zu kommen – der Aufenthalt auf der Königstraße sei nicht zu jeder Zeit unproblematisch. Barchef Niklas Rosche wurde dort selbst schon einmal Opfer eines queerfeindlichen Angriffs.

Das Studio-Gaga-Team veranstaltet die „größte queere Silvesterparty in Süddeutschland“ zum Jahreswechsel in der Lerche 22. Foto: Lichtgut/Ianone

Bis zum vergangenen Sommer hatte sich das Studio Gaga im Hotel am Schlossgarten als wichtiger Treffpunkt der LGBTQIA+-Community etabliert. Gerade vor dem Hintergrund von Übergriffen im öffentlichen Raum seien geschützte Räume von besonderer Bedeutung, sagt Rosche: „Sichtbarkeit darf nicht mit Angst verbunden sein.“ Auch bei der „größten queeren SIlvesterpartry in Süddeutschland“ in der Lerche 22 wird er wieder hinter der Bar stehen.

Studio-Gaga-Team sucht neue Location für 2026 mit Außenbereich

An den Erfolg der Abschiedsparty im Sommer im Hotel beim CSD mit einem Durchlauf von etwa 5000 Gästen will das Studio-Gaga-Team anknüpfen. Ein Wunsch fürs neue Jahr dürfte feststehen: Die Macher suchen noch immer eine neue Location mit Außenbereich und hoffen darauf, 2026 mit einer Brauerei endlich fündig zu werden. Bestimmt könnte man dort auch tagsüber feiern.