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Die Zukunft der Autoindustrie fährt elektrisch, das ist spätestens seit den neuesten EU-Plänen zum Verbrenner-Aus klar. Aber unter dem Motto „Technologieoffenheit“ werden neben Akkus und E-Motoren noch andere Antriebskonzepte erforscht. Ein besonders Spannendes wurde im Dezember in Berlin vorgestellt: ein Prototyp des österreichischen Unternehmens Obrist, laut Hersteller das „weltweit erste klima-positive Fahrzeug“.

Das Versuchsauto sieht aus wie ein Tesla Model Y, doch unter dem Blech arbeitet neue Technik: Der als „Zero Vibration Generator“ (ZVG) bezeichnete Hilfsmotor erzeugt an Bord Strom, dieser wiederum wird in einem Akku zwischengespeichert und treibt den E-Motor an. Vom Prinzip ein Range-Extender (auf Deutsch: Reichweitenverlängerer). Solche seriellen Hybride feiern aktuell in China Zuwachsraten von fast 80 Prozent und gelten auch als Übergangstechnologie für Regionen mit schlechter Ladeinfrastruktur wie etwa Afrika und Indien.

Methanol durch Sonnenenergie sehr günstig

Der Clou von Obrist: Der ZVG nutzt Methanol (Alkohol) als Treibstoff. „Methanol kann in Sonnenwüsten mit Solarstrom preiswert produziert werden, rund 30 Cent pro Liter sind realistisch. Das nötige Kohlendioxid (CO₂) und Wasser zur Erzeugung von Wasserstoff (H₂) für die Synthese werden dabei aus der Luft entnommen. Wenn unser Hyper-Hybrid-Prototyp 100 Kilometer fährt, hat er unter dem Strich fast ein Kilogramm CO₂ aus der Atmosphäre gezogen“, verrät Thorsten Rixmann, Marketing-Direktor von Obrist. „Vereinfacht machen wir technisch nach, was Pflanzen bei der Fotosynthese machen.“

Der ZVG hat zwei Zylinder, unter einem Liter Hubraum und soll vibrations- und geräuscharm laufen. Neben Methanol kann er auch herkömmliches Benzin verbrennen, sowie Gemische der beiden Stoffe in jedem Verhältnis

Der ZVG-Motor hat zwei Zylinder, unter einem Liter Hubraum und soll vibrations- und geräuscharm laufen. Neben Methanol kann er auch herkömmliches Benzin verbrennen, sowie Gemische der beiden Stoffe in jedem Verhältnis

Foto: OBRIST Powertrain

Auf dem Bord-Display zeigt der Antrieb seine Wirkungsweise

Auf dem Bord-Display zeigt der Antrieb seine Wirkungsweise

Foto: Tuba Barho

Maximalreichweite: über 1000 Kilometer

Rixmann: „Unser Antrieb ist mit Methanol als Treibstoff wirklich CO₂-neutral. E-Autos gelten auf dem Papier als emissionsfrei, aber der Strom kommt aus Kraftwerken. Je nach Art des Kraftwerks wird dort natürlich auch CO₂ aus fossilen Brennstoffen freigesetzt, der aber den E-Autos nicht angerechnet wird.“ Dazu verbrenne Methanol sehr sauber, sei einfach zu lagern und die bestehende Tankinfrastruktur könne weiter genutzt werden.

Mit dem vorgestellten Antriebskonzept soll der umgebaute Tesla eine rein elektrische Reichweite von über 80 Kilometern erreichen, „genug für 90 Prozent aller Fahrten im Alltag“, so Rixmann. Die Maximalreichweite gibt Rixmann mit „über 1000 Kilometer ohne Laden oder Tanken“ an. Der ursprüngliche Tesla-Akku wurde ausgebaut und durch einen kleineren 17,3-kWh-Akku ersetzt. Das spart Gewicht und Ressourcen.

Das Antriebskonzept: vorne ZVG-Brennstoffzelle, hinten der vergleichsweise kleine Akku und ein E-Motor

Das Antriebskonzept: vorne ZVG-Motor, hinten der vergleichsweise kleine Akku und ein E-Motor

Foto: OBRIST Group/Harald Küng

Der Prototyp im Berliner Regierungsviertel: Frank Obrist (CEO Obrist), die Bundestagsabgeordnete Dr. Saskia Ludwig, Prof. Ulrich Bruhnke (Sales Manager Obrist) und Thorsten Rixmann (Global Director Marketing Obrist, v.l.) waren bei der Vorstellung vor Ort

Der Prototyp im Berliner Regierungsviertel: Frank Obrist (CEO Obrist), die Bundestagsabgeordnete Dr. Saskia Ludwig, Prof. Ulrich Bruhnke (Sales Manager Obrist) und Thorsten Rixmann (Global Director Marketing Obrist, v.l.) waren bei der Vorstellung vor Ort

Foto: Tuba Barho

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Laut Rixmann ist die Technik serienreif, nun muss er nur noch auf die Straße kommen. Autohersteller könnten den Hyper-Hybrid „mit vergleichsweise wenig Aufwand“ und „innerhalb von zwei Jahren“ in bestehende Fahrzeugplattformen integrieren. Rixmann: „Autos sind inzwischen viel zu teuer. Unser Antrieb soll vor allem auch leistbar sein. In Großserie ließe sich ein Fahrzeug mit der neuen Technologie für rund 28.000 Euro anbieten“, so Rixmann.

Bundestagsabgeordnete Dr. Saskia Ludwig (CDU) hat sich für das Pilotprojekt stark gemacht. Ludwig zu BILD: „Die Automobilindustrie ist ein entscheidender Pfeiler der deutschen Wirtschaft. Damit unser Motor auch in Zukunft läuft, müssen wir den Tank mit Innovationen füllen. Es ist unsere Verantwortung, die Technologieoffenheit voranzutreiben, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben.“