Berlin – Mehr Waffen für die Ukraine, Rückkehr zur deutschen Wehrpflicht, mehr Selbstbewusstsein der Europäer – auf diesen Dreiklang setzt Ex-Außenminister Sigmar Gabriel (66, SPD) zur Beendigung des Ukrainekriegs!

Im BILD-Talk erklärt. „Von Putins Entscheidung wird es abhängen, ob der Krieg ein Ende findet oder nicht.“ Fraglich sei dabei, was US-Präsident Trump dem Kreml-Chef aus seinen Gesprächen mit Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj berichte. „Wir wissen, dass seine Erklärung gegenüber Putin wesentlich länger ist als die von Selenskyj und den Europäern. Bislang können wir alle nur spekulieren, was denn Trump tatsächlich gegenüber Wladimir Putin sagt.“

Ausgang ungewiss: Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj (47) und US-Präsident Donald Trump am Sonntag  beim Treffen in Florida

Ausgang ungewiss: Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj (47) und US-Präsident Donald Trump (79) am Sonntag beim Treffen in Florida

Foto: JIM WATSON/AFP

Gabriel warnt im BILD-Talk vor einem „Friedhofsfrieden“, der nur die „Kapitulation“ der Ukraine besiegeln würde: „Wir Deutschen sollten wissen, was diese Art Frieden langfristig für Folgen haben kann: ein zweites Versailles, bei dem die Siegermacht dem Opfer einen Frieden aufdrückt, der in Wahrheit ein Diktatfrieden ist.“

Gabriel: „Wenn Wladimir Putin die Erfahrung macht, er kann gewinnen mit militärischer Gewalt – dann wird es danach andere Länder geben, in denen er das wieder probiert.“ Dies sei der Grund, warum Deutschland und die EU weiter auf Waffenlieferungen an die Ukraine setzen.

Im BILD-Talk: Ex-Außenminister und -Vizekanzler Sigmar Gabriel (66, SPD) mit Chefreporter Hans-Jörg Vehlewald

Im BILD-Talk: Ex-Außenminister und -Vizekanzler Sigmar Gabriel (66, SPD) mit Chefreporter Hans-Jörg Vehlewald

Foto: Christian Spreitz/BILD

Gabriel fordert die Rückkehr zur Wehrpflicht!

Deutschland müsse „Mut“ und „Haltung“ zeigen: „Putin hat nicht Angst vor der Anzahl unserer Panzer. Wenn er Respekt hat, dann vor dem Mut, die Art, wie wir leben, zu verteidigen. Dafür ist die Wehrpflicht ein sichtbares Beispiel.“

Der ehemalige SPD-Chef zeigt sich im BILD-Talk zutiefst beeindruckt vom Auftreten und dem Durchhaltevermögen des Ukraine-Präsidenten: „Ich habe Riesenrespekt vor ihm, denn was er da in den letzten Jahren geleistet hat, mitten im Krieg, selbst in gefährlichen, lebensgefährlichen Situationen, sein Land beieinanderzuhalten, den Mut nicht zu verlieren, den Menschen den Mut zu geben.“

Seit Jahren unter massivem Druck: Präsident Selenkyj bei seiner Weihnachtsansprache vergangene Woche

Seit Jahren unter massivem Druck: Präsident Selenskyj bei seiner Weihnachtsansprache vergangene Woche

Foto: SvenSimon-ThePresidentialOfficeUkraine

Er fürchte aber zunehmend um die Sicherheit Selenskyjs, so Gabriel: „Ich hoffe, dass es ihm nicht so geht, wie vielen, die am Ende eines langen Krieges den Mut zum Frieden hatten.“ Es gebe „schlimme Beispiele dafür, dass die, die den Frieden gemacht haben, es nicht lange überlebt haben: Das war in der Weimarer Republik so mit Walther Rathenau (†1922), das war so mit Jitzchak Rabin († 1995) in Israel oder Anwar al-Sadat († 1981) in Ägypten. Ich hoffe, dass Selenskyj dieses Schicksal erspart bleibt.“

Koalition der Willigen: Selenskyj mit europäischen Regierungshceg

Koalition der Willigen: Selenskyj mit europäischen Staats- und Regierungschefs beim Treffen in Kiew (Mai 2025)

Foto: Kay Nietfeld/dpa

Um politisch auf die Weltbühne zurückzukehren, fordert Gabriel von der Bundesregierung, sich mehr auf Deutschlands Stärken zu besinnen: „Ich glaube nicht, dass wir dazu verdammt sind, die Verlierer des 21. Jahrhunderts zu sein“, so Gabriel, „im Gegenteil: Wir sind ein Land, das den Ruf hat, zum Beispiel bei internationalen Krisen seine eigenen Interessen eher zurückzustellen und zu versuchen, im gemeinsamen Wohl aller Lösungen zu finden.“

Will, dass Deutschland wieder stärker wird – politisch und wirtschaftlich: Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel

Will, dass Deutschland wieder stärker wird – politisch und wirtschaftlich: Ex-Vizekanzler Sigmar Gabriel (66)

Foto: Christian Spreitz/BILD

Gelitten habe dagegen aktuell Deutschlands Ruf, stark zu sein? Gabriel: „Wir gelten als ein komisches Land, bei dem die Eisenbahn nicht funktioniert und Leute trotz Fachkräftemangel auf die Idee kommen, nur vier Tage zu arbeiten und davon am besten zwei im Homeoffice. Das finden die Länder komisch.“

Gabriel: „Wenn wir das wieder verändern und wenn wir die Leistungsbereitschaft dieses Landes wieder in den Mittelpunkt stellen, dann glaube ich, haben wir große Chancen, zwischen diesen beiden großen Blöcken USA und Russland unseren eigenen und gegenseitigen Nutzen zu finden.“