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Das Offenbacher Sana-Klinikum nutzt zwei Herz-Lungen-Maschinen. Doch die Überlebenschancen hängen von schneller Erster Hilfe ab.

Offenbach – Es sind Szenen wie im Film: Ein Hightech-Schockraum, Ärzte in voller Montur, piepende Geräte. Ein Patient wird reanimiert. Jeder im Team hat seine Aufgabe, ist in seinem eigenen Tunnel. Es muss schnell gehen, Fehler dürfen nicht passieren. Geht es doch um Leben oder Tod. Sobald die Kanülen gelegt sind, was etwa 20 Minuten dauert, wird die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen. Sie übernimmt die Funktion von Lunge und Herz, reichert das Blut des Patienten mit Sauerstoff an, fünf Liter pro Minute, und pumpt es durch seinen Körper. Wenn alles gut geht, ist er nach rund einer Stunde stabil und kann den Schockraum verlassen. Durchatmen, Schweiß abwischen.

blo161225Wiederbelebung_Sana1OffenbachSana-KlinikumWiederbelebungHerz-Lungen-UnterstützungssystemMaschineGerätECMOSimulationVolle Konzentration: das interdisziplinäre Team des Sana-Klinikums bei einer simulierten Wiederbelebung mit der Herz-Lungen-Maschine (unten rechts im Bild). © Schade, Veronika100 000 Euro pro Maschine – Offenbacher Sana-Klinikum hat zwei

Diesmal ist es nur eine Simulation. Wenn es wirklich drauf ankommt, müssen alle gut vorbereitet sein. Und in kürzester Zeit schwerwiegende Entscheidungen treffen. Wie die Frage, ob die besagte Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz kommt. Das Offenbacher Sana-Klinikum verfügt über zwei solcher Geräte. Sie sind keine völlige Neuanschaffung, sondern aus dem Pandemiejahr 2020. „Damals haben sie uns gute Dienste erwiesen, um die Lungenfunktion der schweren Covid-Fälle aufrechtzuerhalten“, sagt Haitham Mutlak, Chefarzt für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin.

blo161225Wiederbelebung_Sana2OffenbachSana-KlinikumWiederbelebungHerz-Lungen-UnterstützungssystemMaschineGerätECMOTobias SchröderLeitender Oberarzt Anästhesiologie, Intensivmedizin und NotfallmedizinHaitham MutlakChefarzt für Anästhesiologie, Intensivmedizin und NotfallmedizinChristian PietschChefarzt Klinik für Interdisziplinäre NotfallmedizinMarcel HitzelPraktikant in RettungssanitärausbildungDaniel Gill-SchusterLeitender Oberarzt für AnästhesiologieEin Teil des interdisziplinären Teams: Tobias Schröder, Leitender Oberarzt für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin, Haitham Mutlak, Chefarzt für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin, Christian Pietsch, Chefarzt Klinik für Interdisziplinäre Notfallmedizin, Marcel Hitzel, Praktikant in Rettungssanitärausbildung, Daniel Gill-Schuster, Leitender Oberarzt für Anästhesiologie. Die Herz-Lungen-Maschine ist rechts im Bild. © Schade, Veronika

Dass sie erst jetzt der Presse vorgestellt werden, hat aber andere Gründe. Gemeinsam mit dem Rettungsdienst hat das Klinikum ein Gesamtkonzept erarbeitet, um von Anfang an eine reibungslose Kommunikation und Handlungsabfolge bei schweren Notfällen zu implementieren, bei denen die Maschine zum Einsatz kommen könnte. Das Personal entsprechend zu schulen, die passenden Strukturen zu schaffen, habe einige Zeit erfordert. Nun ist das geschafft, wird nach diesem Konzept vorgegangen. Und doch: Erste Hilfe bleibt der entscheidende Faktor. Dazu gleich mehr.

Die Maschinen, von denen eine gut 100 000 Euro kostet, sind handlich und mobil, können etwa auch in ein anderes Krankenhaus transportiert werden, was ein großer Vorteil ist. Längst nicht jedes Haus verfügt über ein solches Gerät, Vorreiter sind meist große Universitätskliniken. Nicht nur die Anschaffung, auch der Einsatz kostet viel Geld. 4000 Euro etwa das einmal verwendbare Set mit Schläuchen, durch die das Blut fließt. Dazu kommt das eigens geschulte Personal in einem interdisziplinären Team aus Anästhesisten und Notfallmedizinern. So schlägt ein Einsatz locker mit rund 45 000 Euro zu Buche.

Scheu und Zurückhaltung fehl am Platz: Erste Hilfe ist entscheidend

Als heilsbringenden Lebensretter wollen die Ärzte die Herz-Lungen-Maschine nicht verstanden wissen. „Wenn alles passt und gut verläuft, beträgt die Überlebensrate bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand damit etwa 30 bis 35 Prozent, ohne sind es etwa acht Prozent“, sagt Tobias Schröder, Leitender Oberarzt für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Notfallmedizin. Das sei zwar ein signifikanter Unterschied. An sich diene die Maschine aber nicht der Heilung, sondern der Überbrückung und Stabilisierung. Und dafür müssten eben bestimmte Kriterien erfüllt sein.

Und das sind sie, so zeigt die bisherige Erfahrung, leider allzu oft nicht. Dass jede Minute zählt, ist in einem medizinischen Notfall keine abgedroschene Phrase, sondern blanke Realität. Erste Hilfe kann fürs Überleben entscheidend sein. „Und da liegt Deutschland leider auf einem niedrigen Niveau“, bedauert Schröder.

„Die Wiederbelebung muss sofort erfolgen, nachdem das Erstereignis eingetreten ist“, betont der Oberarzt. „Auch wenn man nur fünf Minuten wartet, sinken die Chancen schon deutlich.“ Scheu und Zurückhaltung sei fehl am Platz, prinzipiell könne man nichts falsch machen – im Zweifel sei eine gebrochen Rippe das geringere Übel.

So läuft eine Plasmaspende ab – Schritt für Schritt erklärtWillkommen im Plasmaspende-Zentrum Egelsbach – hier startet Ihre lebensrettende Spende.Fotostrecke ansehenDie wahren Lebensretter sind nicht die teuren Maschinen

Grundsätzlich werden Herz-Lungen-Maschinen neben der Reanimation vorrangig in der Herzchirurgie eingesetzt. Im Offenbacher Sana-Klinikum kamen sie bereits operativ bei thoraxchirurgischen Eingriffen zum Einsatz, aber auch bei Lungenversagen infolge von Influenza oder einer Lungenentzündung. Schwere Covid-Fälle wie in der Anfangszeit der Pandemie gäbe es glücklicherweise nicht mehr. Aber auch bei Vergiftungen erweist die Maschine wertvolle Dienste, erhält die Körperfunktionen aufrecht, bis das Gift entfernt ist. Bei Unterkühlung, etwa als jemand aus dem kalten Main geholt wurde, kam sie ebenfalls schon zum Einsatz. „Sie kann den Körper sukzessive erwärmen“, erklärt Chefarzt Mutlak.

Einsatzmöglichkeiten hat die Maschine also genug – das Sana-Team hofft nun aber auf mehr erfolgreiche Wiederbelebungen. Und appelliert nochmal an alle, ihre Erste-Hilfe-Kenntnisse aufzufrischen. Denn die sind die wahren Lebensretter…