Liebe
Leserin, lieber Leser,

heute Abend beginnt
auf der Reeperbahn um 18 Uhr ein Trauermarsch. Der Titel lautet: „Wir trauern
um Inge und alle toten Obdachlosen auf den Straßen Hamburgs“.

Bevor es hier um
Inge und den Marsch gehen soll, ein paar Fakten: Die Zahl obdachloser Menschen
in Hamburg ist in den letzten 20 Jahren stark angestiegen, 2024 waren es nach
Angaben der Bundesregierung 3.787. Im vergangenen Winter sind mindestens 47
wohnungs- und obdachlose Menschen in Hamburg gestorben; generell sterben sie
früher als andere Menschen – in Hamburg im Schnitt ganze 30 Jahre, wie eine
2018 veröffentlichte Studie ergab.

Inge war eine von
ihnen, sie lebte auf der Reeperbahn, wie mir Sieghard Wilm erzählte, der Pastor
der St.-Pauli-Kirche. Inge wurde 56, sie starb am Morgen des 23. März 2025.
Wilm organisiert gemeinsam mit Julia Radojkovic von der Mobilen
Bullysuppenküche den Trauermarsch. Wie er Inge beschreiben würde? „Sie besaß
eine Begabung, sich unglaublich freuen zu können. Eine Freude, die auf alle
überspringt“, sagt Wilm. Sie hätte aber auch laut und vehement werden können,
wenn sie wütend war. Viel mehr will Wilm nicht sagen – andere hätten Inge viel
besser gekannt als er. Die Trauerfeier solle deshalb zu einem „Kaleidoskop“
werden, wie Wilm sagt.

Um 18 Uhr wird der
Marsch von der Ecke Hamburger Berg/Reeperbahn in Richtung Westen starten, über
die Silbersackstraße bis zur St.-Pauli-Kirche. Bei der dortigen Trauerfeier
soll Orgel gespielt werden, ein Bekannter von Inge wird sich ans Klavier setzen
und ein weiterer Bekannter einen letzten Gruß auf der Trompete spielen – für
Inge und alle anderen Verstorbenen. Per Mikrofon können alle ihre Gedanken und
Emotionen teilen.

© ZON

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Bei vielen werde es um
Trauer und Schmerz gehen, sagt Wilm. „Und bei manchen auch um Wut. Darüber,
dass es ist, wie es ist – weil von der Stadt zu wenig getan wird.“

„Im neuen
Koalitionsvertrag gibt es wohlwollende Passagen, aber wir würden uns wünschen,
dass es konkreter wird“, sagt Wilm. Es bräuchte viel mehr Wohnungen, in die obdachlose
Menschen einziehen können, um sich neu zu finden. Ehrenamtliche benötigten
bessere Rahmenbedingungen, in denen sie nicht ausbrennen. Und mehr Geld müsse
her.

Wenn man es
überspitzt sagt, findet der Pastor, müsse es heißen: „Hamburg, Hauptstadt der
Wohnungslosen.“ Auch darauf wolle er mit dem Marsch aufmerksam machen.

Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag!

Ihr
Yannick Ramsel

Wollen Sie uns Ihre Meinung sagen,
wissen Sie etwas, worüber wir berichten sollten? Schreiben Sie uns eine E-Mail
an hamburg@zeit.de.

WAS HEUTE WICHTIG IST

Knapp zwei Monate nach
der Bürgerschaftswahl haben SPD und Grüne ihren neuen Koalitionsvertrag
unterzeichnet.
An der feierlichen Zeremonie im Kaisersaal des Rathauses
nahmen neben Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) und der Zweiten
Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) auch die Landes- und
Fraktionsvorsitzenden beider Parteien teil. Tschentscher will sich am 7. Mai in
der Hamburgischen Bürgerschaft zur Wiederwahl stellen. Dann soll auch der neue
Senat vom Landesparlament bestätigt werden.

© Georg Wendt/​dpa

Bei der 836. Ausgabe des
Hafengeburtstags (9. bis 11. Mai) treten in diesem Jahr Nina Chuba, Lotto
King Karl und Johannes Oerding
auf. Chuba wird dabei zwei exklusive Songs
präsentieren. Wie im vergangenen Jahr wird auch dieses Mal eine schwimmende
Bühne auf der Elbe an den Landungsbrücken liegen. Schiffe werden mehr als 250
erwartet. Das Partnerland ist in diesem Jahr das Burgenland, ein Bundesland
Österreichs.

Das Restaurant Jing Jing
in Eimsbüttel
ist mit dem Hamburger Gastro-Preis „Genuss-Michel“
ausgezeichnet worden. Das Jing Jing habe mit Authentizität, feuriger
thailändischer Streetfood-Küche und einem besonderen Ambiente in einer
Lagerhalle überzeugt, teilten die Veranstalter mit. Als Newcomer des Jahres
wurde das neue mexikanische Restaurant Juan sin Miedo ausgezeichnet. Bar des
Jahres wurde The Rabbithole in St. Pauli, das die Jury mit seinem Ambiente und
kreativen Cocktail-Kreationen überzeugt hatte. Vergeben wird der Preis vom
Magazin Szene Hamburg.

In aller Kürze

Beim Überqueren der Gleise ist in Hamburg ein Gleisarbeiter
von einem ICE erfasst
und schwer verletzt worden; die Bundespolizei geht
von einem Unfall aus. Die 159 Reisenden im ICE auf der Fahrt nach Hannover
seien unverletzt geblieben An der Neuen Elbbrücke in Hamburg sollen am
Freitag Sanierungsarbeiten beginnen. Bis Ende Oktober werde einer der
vier Fahrstreifen in Richtung Innenstadt gesperrt, teilte die Verkehrsbehörde
mit – ab 24. August werde auch stadtauswärts eine Spur nicht befahrbar sein
Der ehemalige Fußball-Welt- und -Europameister Gerard Piqué kommt
kommende Woche als Speaker zur Digital- und Marketingmesse OMR nach Hamburg

AUS DER HAMBURG-AUSGABE

© plainpicture

Ciao, bis 2030 dann!

Der Hamburger Senat will die
Menschen in der Stadt bis zur nächsten Wahl vor zu viel Politik verschonen.
Steht jedenfalls im Koalitionsvertrag, schreibt Frank Drieschner in der heute
erscheinenden ZEIT:Hamburg-Ausgabe. Lesen Sie hier einen Auszug.

Es ist ein
Koalitionsvertrag für härtere Zeiten, den die Hamburger Sozialdemokraten und
die Grünen in der vergangenen Woche vorgestellt haben. Der Plan zur weiteren
Zusammenarbeit der Regierungsparteien umfasst 148 Seiten, sie sind überladen
mit Details. Aber hinter dieser schmuckvollen Fassade verbirgt sich eine
belastbare Statik.

Politische Konflikte
innerhalb des Regierungsbündnisses etwa werden in Zukunft hinter verschlossenen
Türen ausgetragen – auf einem regelrechten Instanzenweg: Vor den Sitzungen des
rot-grünen Senats soll künftig zunächst in Vorbereitungstreffen verhandelt
werden, deren Teilnehmerschaft der Vertrag genau regelt. Kommt dort keine
Einigung zustande, tritt eine „Koordinierungsgruppe“ zusammen. Scheitert auch
diese, gelangt der Streit auf die Tagesordnung eines Koalitionsausschusses.
Nach dessen Votum bleibt es den Fraktionen überlassen, wie sie die Abgeordneten
zu einem gemeinsamen Auftreten bewegen, ohne ihre Entscheidungsfreiheit
unzulässig einzuschränken.

Schon in der vergangenen
Legislatur traten SPD und Grüne in der Öffentlichkeit in der Regel als
einheitliche Machtmaschine auf, die ihre Meinungsverschiedenheiten intern verarbeitete.
Angesichts einer gestärkten Opposition und ruppig ausgetragener Konflikte in
der Bürgerschaft stellt die neue Regierungsmechanik noch mehr Geschlossenheit
im Auftreten sicher.

Der Preis dafür ist offensichtlich:
Politik in Hamburg wird weniger transparent. Was Sozialdemokraten und Grüne
öffentlich sagen dürfen, ist vertraglich geregelt: „Die Koalitionspartner
vertreten gemeinsam getroffene Entscheidungen auch gemeinschaftlich nach innen
und außen.“ Was die Senatsparteien wirklich bewegt, müssen sich die Bürgerinnen
und Bürger zusammenreimen oder unter Ausschluss der Öffentlichkeit bei
Eingeweihten erfragen.

Was sich in dieser Legislaturperiode noch ändern soll, lesen Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf ZEIT ONLINE.

Zum vollständigen Artikel

DER SATZ

© Marcus Brandt/​dpa

„Der Krieg in Gaza und wie viel Gewalt er auch nach Hamburg brachte – die
Frage schwang im gesamten Prozess unterschwellig mit.“

Zu der Attacke
auf eine Zuschauerin nach einer Vorlesung über Antisemitismus an der Uni
Hamburg ist nun das Urteil gegen Ayan M. gesprochen worden – den ganzen Artikel von Tom Kroll und Elke Spanner lesen Sie
hier
.

DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN

Das Magazin
Filmkunsttheater zeigt am kommenden Sonntagnachmittag Filme und Bilder über die
Begrünung Hamburgs: „Wie
Hamburg grün wurde“
. Vor etwa 160 Jahren begann man, Grünanlagen
zur Erholung für die Bürger zu planen. Die Veränderung der Wallanlagen ist das
erste Zeugnis dieses Prozesses. Gartenbauausstellungen, der Stadtpark, Planten
un Blomen – alles sind Zeugnisse der Grünwerdung in der Stadt. Durch das
Programm führt Joachim Paschen.

„Wie Hamburg grün wurde“, 4.5., 15 Uhr, Magazin
Filmkunsttheater, Fiefstücken 8a, Infos und
Tickets gibt es hier

MEINE STADT

Sonnenanbeter © Angelika Albrecht-Schäfer

HAMBURGER SCHNACK

Auf dem Weg vom
neuen Überseequartier durch die Speicherstadt begegnete mir auf einer der
zahlreichen Brücken eine Gruppe aus drei Touristen. Die Sonne am blauen Himmel,
unter uns hatte die Ebbe das Fleet zu einer breiten Rinne gemacht, gesäumt von
Elbschlick. Die Dame im Moin-T-Shirt: „Schaut doch, da hat Hamburg auch noch
einen Strand. Den könnte man aber schöner gestalten.“

Gehört von
Katrin Trunec

Das
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