Der Komiker Kaya Yanar ist am Freitagabend in Stuttgart aufgetreten und beweist: Er kann sein Publikum auch nach Jahrzehnten noch begeistern. Kritik und Fotos vom Auftritt in der Porsche-Arena.

„Vor 25 Jahren hatte ich eine Fernsehshow, die hieß „Was guckst Du?!““, sagt Kaya Yanar auf der Bühne der Porsche-Arena und wird von lautem Applaus unterbrochen. „Da war ich noch gut“, schiebt er hinterher und grinst schelmisch. Seitdem hat sich viel geändert, in der deutschen Comedy-Welt – aber auch gesellschaftlich. Die Welt ist inzwischen eine andere und Kaya Yanar merkt es. Der Comedian ist nun in seinen Fünfzigern und die Dinge sind nicht mehr so, wie sie auf dem Zenit seiner Karriere Anfang der Zweitausender waren.

Zwei Stunden gute Stimmung

Unter anderem darum geht es in seiner neuen Show „Lost!“, mit der er am Freitagabend die ausverkaufte Porsche-Arena begeisterte. In rund zwei Stunden beschäftigt sich der Comedian mit den Feinheiten der Beleidigungen in diversen Sprachen, mit den Merkwürdigkeiten des Älterwerdens und den Folgen der Corona-Pandemie. Die Stimmung ist von Beginn an konstant gut, wenn auch nur selten überbordend heiter. Eltern sind mit ihren Kindern gekommen, aber auch viele Menschen mittleren Alters, die den 51-Jährigen wohl noch von ihren Fernsehbildschirmen kennen.

Ähnlich wie in seinen Fernsehshows vor zwanzig Jahren dreht sich sein Programm auch heute noch viel um seine türkischen Wurzeln und sein Aufwachsen in Deutschland. Geboren in Frankfurt am Main als Sohn türkischer Einwanderer, sprach er Zuhause nur deutsch. Türkisch beherrschte er kaum, spricht es auch heute nur wenig, so der Comedian.

„Migrantenkinder kennen folgendes Problem: Die Eltern kriegen einen Brief vom Amt in Amtsdeutsch.“ Er sollte ihn als Kind übersetzen. Doch in welche Sprache? Türkisch konnte er ja nicht. „Ich musste Amtsdeutsch in Assideutsch übersetzen“, sagt Kaya Yanar und das Publikum grölt. Das gebrochene Deutsch seines Vaters als Assideutsch zu bezeichnen, solche Witze kann nur er machen. Durch seinen gelassenen Umgang mit seiner Herkunft ermöglicht der Comedian seinem Publikum, ebenfalls locker mit seinen Witzen darüber umzugehen.

Im deutschen Fernsehen ist Kaya Yanar längst nicht mehr so präsent wie noch Anfang der Zweitausender. Dort haben inzwischen andere seinen Platz eingenommen. Doch er schafft es immer noch, dass Tausende sich Tickets für seine Shows kaufen. Der Comedian hat kein Problem damit, sich dafür dankbar zu zeigen: „Seit 30 Jahren mache ich diesen Job, seit 25 Jahren kommen Leute und dass hier heute immer noch 5 000 Leute gekommen sind, ist wirklich toll.“

Und für Stuttgart hat er ein ganz besonderes Lob übrig: „Im Laufe einer Karriere geht es ständig hoch und runter, aber Stuttgart war für mich immer stabil.“ Gut möglich, dass er das in jeder Stadt sagt, auch wenn der Comedian betont, das sei keine Schleimerei. Die Dankbarkeit nimmt man ihm trotzdem ab.

Etwas willkürlich kommt dagegen das Bühnenbild daher. Kaya Yanar steht zwischenzeitlich hinter einem Lehrerpult, am Rand der Bühne steht eine Tafel, daneben ein Regal mit Turnbeuteln davor. Nichts davon spielt eine Rolle in seinem Programm. Der Comedian braucht keine Utensilien, um sein Publikum zu unterhalten und er wirkt auch nicht wie ein Lehrer, der seinen Zuschauern Lektionen erteilt.

Letztlich gewinnt man den Eindruck, dass auf der Bühne nicht ein Mann mittleren Alters steht, der sich in der Komplexität der Gegenwart verloren fühlt, sondern jemand, der ziemlich genau weiß, was er tut. Kaya Yanar ist nicht „lost“, er sieht die Veränderungen unserer Zeit und reibt sich an ihnen. Er gibt zu: „Es ist 2025, das sind schwierige Zeiten für einen Komiker.“ Er beklagt, ein Revival einer seiner Fernsehsendungen, in der er unter anderem einen Inder gespielt habe, sei heute wegen möglicher Rassismusvorwürfe nicht möglich. „Comedy ist heute ein Minenfeld.“ Doch statt alles daran schlecht zu finden, plädiert er für einen differenzierteren Umgang mit Sprache.

Vielleicht ist diese Bereitschaft für Veränderung verbunden mit offener Kritik an manchem, was daraus resultiert, der Grund dafür, dass er auch nach Jahrzehnten in der Öffentlichkeit und zu einer Zeit, in der andere Comedians viel Allgegenwärtiger sind, noch immer große Hallen füllt. Er ist auch heute noch gut in dem, was er tut – 25 Jahre später.