Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) fand bei der Amtsübergabe am Mittwoch überraschend warme Worte für ihren Vorgänger Robert Habeck: Der Grünen-Politiker habe in der Energiekrise 2022 nach dem russischen Angriff auf die Ukraine eine „fast übermenschliche Leistung“ erbracht und auch unpopuläre Entscheidungen getroffen, sagte sie in Berlin.

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Habeck habe die Geschäfte übernommen, als die Nachwirkungen der Pandemie spürbar waren und Russlands Angriff auf die Ukraine eine Energiekrise auslöste, so Reiche weiter. Die damit verbundene Arbeitsbelastung könne sie „fast gar nicht ermessen“, ihr Amtsvorgänger habe dazu beigetragen, dass „dieses Land durch diese Krise kam“.

Robert Habeck betonte zum Abschied die Bedeutung des Ressorts. Das Wirtschaftsministerium stehe „im Zentrum der politischen Turbulenzen unserer Zeit“. Seiner Nachfolgerin wünschte er „alles erdenklich Gute, viel Fortune und viel Kraft“.

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„Die Prosperität der Wirtschaft ist die Voraussetzung dafür, dass die Demokratie stabil bleibt“, so der Grünen-Politiker. Ohne, dass den Menschen die permanente Sorge vor Arbeitsplatzverlust und Armut genommen werden, sei es „schwer möglich, Zuversicht und Hoffnung“ zu halten. Derzeit erlebe Deutschland Zeiten, „wo diese Grundlagen unter Druck geraten sind“.

Habeck wurde bei der Mitarbeiterversammlung im Ministerium mit minutenlangem Applaus verabschiedet. Das zeige, mit „wie viel Herzblut Sie für dieses Haus“ gearbeitet haben, sagte Reiche in Richtung ihres Vorgängers. Der Ex-Minister und sie hätten große Achtung voreinander – auch wenn „das Wort Freundschaft“ vielleicht zu viel sei.

Gleichzeitig grenzte Reiche sich inhaltlich von Habeck ab: In der Energiepolitik müsse man Hausaufgaben erledigen. Die Stromkosten müssten dringend in den Griff bekommen werden. „Die erneuerbaren Energien sind eine Erfolgsgeschichte – ohne Zweifel.“ Sie reichten aber allein nicht aus. Es brauche einen Realitätscheck und mehr Energie-Partnerschaften, auch für Gas.

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Zudem müsse das Stromnetz schnell ausgeweitet werden. „Versorgungssicherheit hat höchste Priorität“, ergänzte Reiche. Der massive Stromausfall auf der iberischen Halbinsel habe gerade die Verwundbarkeit des Stromsystems vor Augen geführt. Deutschland müsse hier gewappnet sein.

Deutschland und die EU müssen nach den Worten der neuen Wirtschaftsministerin aktiv neue Handelsabkommen anstreben. Man müsse sich Exportchancen selbst erarbeiten, so die CDU-Politikerin. Als Beispiele nannte sie die zum Teil seit Jahrzehnten laufenden Verhandlungen mit Indien, Australien sowie südamerikanischen und asiatischen Staaten. Es gelte, für offene Märkte zu kämpfen.

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Zum Handelskrieg der EU mit den USA sagte Reiche, die USA würden der wichtigste Handelspartner Deutschlands bleiben. 2024 seien Waren im Wert von über 250 Milliarden Euro ausgetauscht worden. „Handelsstreitigkeiten oder gar Handelskriege haben Nachteile für beide Seiten.“ Ziel müsse daher ein Freihandelsabkommen mit den USA bleiben. (Reuters, AFP, dpa)