Liebe Leserin, lieber Leser,

nach den politischen Bagatellen der
vergangenen Tage geht es heute um eine große Sache, nämlich
Fußball. Mit einiger Wahrscheinlichkeit steigt der HSV am Wochenende
in die Bundesliga auf, und das womöglich sogar zweifach, mit seiner
Frauen- und Herrenmannschaft. Und mit noch größerer
Wahrscheinlichkeit ergattert der FC St. Pauli den einen Punkt, der
ihm noch fehlt, um in der Ersten Liga zu bleiben. Drei erstklassige
Fußballmannschaften hatte die Stadt noch nie, schon eine davon ist
hier seit Jahren eher die Ausnahme als die Regel. Also: eine große
Sache.

Über Fußball selbst, die Gegnerinnen und
Gegner aus Ulm, Freiburg und Frankfurt, die Aussichten der Konkurrenz
aus Köln, Paderborn, Elversberg, Sand, Meppen und Heidenheim kann
ich hier in Ermangelung von Kompetenz nichts mitteilen (hoffentlich
ist wenigstens die Aufzählung richtig).

Ehe
es losgeht, hätte ich allerdings noch einige Fragen: Ist es
tatsächlich so viel besser, in der Ersten Liga gegen den Ab- als in
der Zweiten Liga um den Aufstieg zu spielen? Sind die vielen Tore,
die gute zweitklassige Vereine erzielen, wirklich weniger wert als
die gelegentlichen Treffer, die Clubs ähnlicher Güte gegen
erstklassige Gegner gelingen? Und wenn die Herrenmannschaft des HSV
nach sieben Jahren nun den Aufstieg schafft: Feiert der Verein dann
wirklich nur das Ende einer siebenjährigen Demütigung und nicht
auch, wenigstens ein bisschen, den sportlichen Erfolg in einer Liga,
die so übel nun auch wieder nicht ist?

In Wirklichkeit ist das alles relativ. In
einer HSV-Chronik werden die Spielzeiten von 1987 bis 1999 als „Jahre
der Tristesse“ bezeichnet, weil der Verein es in dieser Zeit nur
zweimal in den Wettbewerb um den Uefa-Cup geschafft hat. Andererseits
spielt am Sonntag auch Barmbek-Uhlenhorst gegen Pinneberg, und zwar
in der Landesliga Hammonia. Wie soll man sich die Begeisterung der
Fans für ihre Vereine und diese Begegnung erklären, wenn der wahre
Fußball fünf Spielklassen weiter oben zelebriert wird und dort im
Grunde nur im obersten Drittel der Tabelle?

© ZON

Newsletter

Elbvertiefung – Der tägliche Newsletter für Hamburg

Vielen Dank! Wir haben Ihnen eine E-Mail geschickt.

Prüfen Sie Ihr Postfach und bestätigen Sie das Newsletter-Abonnement.

Wenn man sich die Fußballstadt als
Kollektiv denkt, das gemeinsam Triumphe und Niederlagen erleben kann,
dann ist es ja immerhin vorstellbar, dass besagtem Kollektiv im Lauf
der Jahre mal die Maßstäbe verrutschen. Allerdings gebe ich zu,
dass dieser Gedanke vor allem dazu taugt, Niederlagen schönzureden.
Wenn es am Wochenende gut läuft, gibt es vorerst keinen Grund,
darauf zurückzukommen.

Ich wünsche
Ihnen einen schönen Tag!

Ihr
Frank Drieschner

WAS HEUTE IN HAMBURG WICHTIG IST

© Jonas Walzberg/​dpa

Hamburg
hat eine neue Landesregierung.
Die
Abgeordneten der Bürgerschaft stimmten gestern mit deutlicher
Mehrheit für den rot-grünen Senat unter Bürgermeister Peter
Tschentscher (SPD). Die Koalitionspartner kommen auf 70 der 121
Sitze, bei der geheimen Wahl wurden aber 71 Stimmen für den Senat
abgegeben – also mindestens eine aus der Opposition.
Unser Foto zeigt Tschentscher kurz nach der Wahl. Fast alle
bisherigen Senatorinnen und Senatoren bleiben im Amt, neu ist
lediglich Maryam Blumenthal (Grüne) als Wissenschaftssenatorin. Ihre
Parteifreundin und Amtsvorgängerin Katharina Fegebank wechselte an
die Spitze der Umweltbehörde, von der sich der bisherige grüne
Umweltsenator Jens Kerstan zurückgezogen hatte.

Anlässlich
des heutigen 80.
Jahrestages der Befreiung vom Nationalsozialismus

haben Abgeordnete von SPD, CDU, Grünen und Linken gestern
Stolpersteine vor dem Rathaus geputzt. Damit wollten sie das Andenken
jener Abgeordneten ehren, die von den Nationalsozialisten
ausgegrenzt, verfolgt und ermordet wurden, sagte Isabella
Vértes-Schütter (SPD). Das Schicksal dieser Ermordeten sei eine
Mahnung, demokratische Werte entschlossen zu verteidigen. Heute
erinnert
am Jungfernstieg ein
ganztägiges
Bühnenprogramm an das Kriegsende sowie ein Gedenktag auf dem
Friedhof Ohlsdorf.

Die
Bürgerschaftsabgeordneten von SPD
und Grünen wollen ein Verbotsverfahren gegen die AfD prüfen.

Dazu wolle man sich bald im Verfassungsausschuss austauschen, sagten
die Fraktionsvorsitzenden Dirk Kienscherf (SPD) und Sina Imhof
(Grüne). Vorausgegangen war dieser Entscheidung die Einstufung der
AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für
Verfassungsschutz. Ob es zu einem Verbot komme, werde allerdings
nicht von Parteien entschieden, betonte Imhof, sondern allein vom
Bundesverfassungsgericht.

In aller Kürze


Die Stadt Norderstedt
würdigt den Schriftsteller Wolfgang Herrndorf

(1965–2013) mit einer Reihe von Veranstaltungen. Bisher erinnert
in seiner Heimatstadt kaum etwas an den berühmten Verfasser von
„Tschick“ (Z+)

• Die
Versicherungsgruppe Hanse
Merkur erhebt von privat Krankenversicherten höhere Beitrage,
durchschnittlich
stiegen diese um 5,7 Prozent
Aus den Polizeimeldungen: Zwei
Wochen nach
dem Fund einer Toten auf einem Hausboot wurde ein Tatverdächtiger
festgenommen.

Der 22-Jährige sei ein Verwandter der Getöteten, teilte ein
Polizeisprecher mit. Und bereits in der vergangenen Woche ist ein
Bewohner einer Flüchtlingsunterkunft in Bergedorf von einer Gruppe
angegriffen und lebensgefährlich verletzt worden.

AUS DER HAMBURG-AUSGABE

© Getty Image

Leuchtendes Beispiel

Eine
Initiative will digitale Werbung im öffentlichen Raum verbieten. Die
Idee ist konservativ, aber gut, kommentiert ZEIT:Hamburg-Autor
Christoph Twickel

Ich habe
nachgezählt: Auf meinem Arbeitsweg fahre ich mit dem Fahrrad an
insgesamt 72 Werbeflächen vorbei, alle 7,5 Sekunden an einer. Einige
sind Poster, die auf Bauzäunen, Plakatwänden oder Elektrokästen
kleben, andere sind an Straßenlaternen und an Hauswände
gekleisterte Plakate.

Besonders
auffällig sind die beleuchteten Reklametafeln an den Bushaltestellen
und die Werbescreens neben Straßenkreuzungen. Na gut: Fünf der
Litfaßsäulen auf meinem Weg sind nur für Kulturwerbung zugelassen,
und auf den digitalen Screens wechseln sich Kurznachrichten,
Wetterbericht und Werbung ab. Aber überwiegend ist mein Arbeitsweg
ein einziger Werbeparcours.

In den
vergangenen Wochen handelten viele der Werbetafeln, die meinen Weg
säumten, von der Außenwerbung selbst. Kulturschaffende,
Ehrenamtliche und sozial engagierte Menschen waren auf den Screens zu
sehen, Theaterintendanten und Museumschefs, Tafel-Aktivistinnen und
Katastrophenschützer bedanken sich dafür, dass sie ihre frohen
Botschaften unter die Leute bringen dürfen („Außenwerbung macht’s
möglich“).

Hinter
dieser Kampagne steht der Fachverband Außenwerbung, eine
Lobbyorganisation, die sich in Hamburg einer neuen Volksinitiative
namens „Hamburg Werbefrei“ erwehren muss. Diese Initiative sammelt
noch bis zum 13. Mai Unterschriften für ein Volksbegehren. Wenn sie
Erfolg hat, können die Hamburgerinnen und Hamburger in einem
Volksentscheid darüber abstimmen, ob Leuchtreklame in der Stadt noch
zulässig sein soll. Der Fachverband Außenwerbung bestreitet, dass
seine Imagekampagne eine Reaktion darauf ist. Das mag glauben, wer
will.

Was
aus Sicht von Christoph Twickel für ein Verbot spricht, lesen
Sie weiter in der ungekürzten Fassung auf ZEIT ONLINE.

Zum
vollständigen Artikel

DER SATZ

© Kiran West/​Hamburg Ballett

„Diese
Kompanie wird, so wie sie momentan geleitet wird, früher oder später
zerbrechen, und wir möchten alles tun, um das zu verhindern.“

Dieser
drastische Satz steht in einem Brief von Tänzerinnen und Tänzern
des Hamburg Balletts an die Kulturbehörde. Sie klagen über ihren
neuen Chef Demis Volpi. Was sie an dessen Arbeit bemängeln, lesen
Sie hier
.  

DARAUF KÖNNEN SIE SICH FREUEN

Punk
aus Hamburg: In den 1980er-Jahren feierte die Band Xmal Deutschland
einige Erfolge, auch im Ausland. Anja Huwe, Gründungsmitglied der
Gruppe, die übrigens ausschließlich aus Frauen bestand, lebt heute
noch in Hamburg. Am Freitagabend stellt Huwe in der Galerie Feinkunst
Krüger ein neues Boxset mit
historischen Aufnahmen ihrer Band vor. „GIFT – The 4AD Years“
enthält drei Schallplatten mit Musik aus den Jahren, als Xmal Deutschland bei der Londoner Plattenfirma 4AD unter Vertrag war. An
diesem Abend werden auch Poster-Originale, Fotomaterial und
Zeitdokumente gezeigt.

Xmal Deutschland „Gift: A Modern
Retrospective“, 9.5., ab 19 Uhr; Feinkunst
Krüger
, Kohlhöfen
8
(Neustadt)

MEINE STADT

Container trifft Löwenzahn © Gabriele Kuchendorf

HAMBURGER SCHNACK

Auf der
Damentoilette. In der Nachbarkabine stöhnt eine Mutter: „Ich hatte
dir doch gesagt, du sollst dich melden, wenn du pieschern musst, und
dir nicht einfach in die Hose machen.“ Eine Kinderstimme: „Das war
ich nicht!“

Gehört
von Jutta Chodek

Das war
die Elbvertiefung, der tägliche Hamburg-Newsletter der ZEIT. Wenn Sie
möchten, dass er täglich um 6 Uhr in Ihrem Postfach landet, können Sie
ihn hier kostenlos abonnieren.