Außenpolitiker und Sicherheitsexperten haben den Druck auf Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) erhöht, bei der Unterstützung der Ukraine auch mit schweren Waffensystemen nicht nachzulassen.

Mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen sagte etwa Grünen-Politiker Anton Hofreiter: „Es liegt nun an Friedrich Merz gemeinsam mit Polen und Frankreich mit einer geeinten Ukrainepolitik für Frieden in Europa zu sorgen.“ Dazu müsse sich die EU unter Führung des Weimarer Dreiecks – Deutschland, Frankreich, Polen – eng mit der Ukraine abstimmen: „Wo müssen wir Material liefern, wo können wir reinvestieren und wo sollten wir von der Ukraine lernen für die künftige europäische Sicherheit?“, so Hofreiter.

„Nur mit einer konsequenten humanitären, politischen und militärischen Unterstützung aus Europa kommt die Ukraine in eine Position, in der sie mit Russland verhandeln kann“, betonte der Grünen-Politiker. „Friedrich Merz muss auch Donald Trump deutlich machen, dass die Ukraine und die EU in allen Verhandlungen mit am Tisch sitzen“, mahnte Hofreiter.

Zuvor hatte Merz den Vorstoß von US-Präsident Donald Trump für eine 30-tägige bedingungslose Waffenruhe im Ukraine-Krieg unterstützt und Russland mit weiteren Sanktionen gedroht, sollte es nicht darauf eingehen. „Insbesondere Russland ist jetzt aufgefordert, sich endlich auf einen längeren Waffenstillstand einzulassen, der Raum geben muss für einen echten Friedensvertrag“, sagte der CDU-Politiker bei seinem Antrittsbesuch in Brüssel nach einem Gespräch mit EU-Ratspräsident António Costa. „Wenn dies nicht geschieht, werden wir nicht zögern, zusammen mit unseren europäischen Partnern und den Vereinigten Staaten von Amerika den Sanktionsdruck weiter zu erhöhen.“

Merz hatte am Donnerstagabend zwei Tage nach seinem Amtsantritt erstmals mit Trump telefoniert. Der Kanzler machte deutlich, dass führende europäische Staaten wie Deutschland, Frankreich, Polen und Großbritannien den Vorstoß Trumps mit einer gemeinsamen Erklärung unterstützen wollen.

Er sei zuversichtlich, dass Trump den Druck auf Russland verstärken werde, und „dass es jetzt wirklich nach diesem Wochenende zu einer Phase kommt, in der es dann ernsthafte Verhandlungen geben kann“, sagte Merz.

Nichtsdestotrotz sieht die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Europaparlament, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), viel Handlungsbedarf bei Merz. „Ich erwarte vom neuen Bundeskanzler, dass er sich nicht hinter Formelkompromissen versteckt, sondern die Führungsverantwortung in Europa übernimmt, die unsere Partner seit langem erwarten, die sein Vorgänger aber hat vermissen lassen“, sagte sie unserer Redaktion. „Dazu gehört die rasche und ausreichende Lieferung militärischer Ausrüstung, einschließlich moderner Waffensysteme wie Taurus – neben humanitärer und wirtschaftlicher Hilfe“, betonte Strack-Zimmermann.

Der Top-Diplomat und frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, sieht die neue Regierung auf gutem Kurs in der Ukraine-Politik, mahnt aber auch die Lieferung der Lenkflugkörper an. „Die neue Bundesregierung hat die richtigen Signale gesetzt. Sie will die Ukraine weiterhin unterstützen, und sie lässt auch keine Zweifel aufkommen, wer in diesem furchtbaren Konflikt Täter und Opfer ist“, sagte Heusgen auf Anfrage. „Auch ist die beabsichtigte gemeinsame Herangehensweise richtig, also in engem Schulterschluss mit Frankreich, Polen und Großbritannien“, so der langjährige Diplomat.

„Entscheidend ist dann natürlich das Ergebnis: Die Europäer müssen neben Geschlossenheit auch Stärke zeigen, also zum Beispiel die von Bundeskanzler Merz angekündigte Entscheidung treffen, gemeinsam mit den Partnern Lenkflugkörper an die Ukraine zu liefern“, forderte Heusgen. „Mit einer Politik der Stärke bekommt man auch die Russen an den Verhandlungstisch. Denn das muss das Ziel sein: gemeinsam mit den Ukrainern eine Verhandlungslösung auf der Basis des Völkerrechts zu erreichen“, betonte der frühere Chef der Sicherheitskonferenz.