Brüssel meint es wieder einmal gut – zumindest mit der Tech-Industrie. In Kürze will die EU-Kommission ihr neues Prestigeprojekt vorstellen: den sogenannten „Digital Omnibus“. Der Name klingt nach Fortschritt, Tempo, Effizienz. Tatsächlich aber deutet vieles darauf hin, dass hier nicht etwa Bürokratie, sondern vor allem Datenschutzrechte auf Diät gesetzt werden sollen. Was als „Vereinfachung digitaler Regeln“ verkauft wird, sorgt bei Datenschützern für blankes Entsetzen. Die Organisation noyb rund um Max Schrems spricht bereits von einem „Freibrief für KI-Konzerne“, mit dem Daten künftig „aufgesaugt“ werden können – ganz legal versteht sich, schließlich wäre es ja ein „EU-Rechtsrahmen“. Digitales Framing für Fortgeschrittene Die Kommission wirbt großspurig damit, dass das Paket die Qualität von Gesetzen verbessern und „sofortige Erleichterungen für Unternehmen, Verwaltungen und Bürger“ bringen werde. Wer dabei „Bürger“ sagt, meint offenbar „Bürger als Datenquelle“ – denn Entwürfe, die Netzpolitik.org durchgestochen wurden, lassen kaum Zweifel daran, wohin die Reise geht: Der Data Act, die Open-Data-Richtlinie und der Data Governance Act sollen zu einem Supergesetz verschmolzen werden, das insbesondere eines tut: den Zugriff auf Daten vereinfachen, auch dann, wenn es sich um personenbezogene handelt. Ob das am Ende den Menschen nützt oder nur den Serverfarmen von Silicon Valley, bleibt – Überraschung! – ungeklärt. KI braucht Daten, Brüssel liefert Besonders erfreulich dürften sich die Änderungen für jene Unternehmen lesen, die Künstliche Intelligenz entwickeln. Also Google, Meta, Microsoft & Co. Denn sollte der Entwurf Wirklichkeit werden, könnte das Training von KI-Modellen künftig auch mit personenbezogenen Daten erfolgen – und zwar ohne die lästige Zustimmung der Betroffenen. Warum auch fragen, wenn man „vereinfachen“ kann? „Schleichender Angriff auf Grundrechte“ – aber hey, dafür schneller KI! Für Datenschützer ist das kein digitales Frühjahrsputzen, sondern eine gezielte Operation am offenen Grundgesetz. Max Schrems warnt: „Der wohl extremste Angriff auf die Privatsphäre in Europa seit Inkrafttreten der DSGVO.“ Der Entwurf, so noyb, verwässere nicht nur den Schutz besonders sensibler Daten, etwa Gesundheitsdaten oder politische Überzeugungen – er öffne auch Tür und Tor für den Fernzugriff auf persönliche Geräte, ohne dass Nutzer vorher zustimmen müssten. Aber das ist vermutlich nur ein „technischer Anpassungsvorschlag“ – ganz harmlos. Made in Germany – powered by US-Interessen? Besonders pikant: Während die meisten EU-Staaten die Finger von der Datenschutzgrundverordnung lassen wollen, kommt der Vorstoß zur Lockerung ausgerechnet aus Deutschland – dem Land, das einst stolz war auf seine Datenschutzkultur. Und siehe da: US-Medien berichten, dass EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen amerikanischen Tech-Konzernen bereits versichert habe, dass Europa die Regeln „wirtschaftsfreundlicher“ gestalten werde. Kleine Unternehmen? Randnotiz. Big Tech ist mal wieder der wahre Gewinner. Noch ist nichts entschieden – aber die Richtung ist klar Die EU-Kommission hält sich bedeckt. Es gebe noch „laufende Überlegungen“. Übersetzt: Man wartet ab, ob der Sturm der Empörung noch lauter wird – oder ob sich das Ganze, wie so oft, in einem wohlformulierten PDF-Beitrag auf irgendeiner EU-Plattform totläuft. Für alle, die sich Sorgen um ihre Privatsphäre machen: Vielleicht einfach jetzt schon mal abschalten, entkoppeln, oder gleich das Smartphone im Garten vergraben. Denn was mit den Daten künftig passiert, bestimmen bald andere – und nicht mehr die, denen sie eigentlich gehören. TL;DR: Die EU will vereinfachen – was in Brüssel „Vereinfachung“ heißt, bedeutet in der Realität oft: Komplexe Rechte weg, einfache Auswertung her.
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Brüssel meint es wieder einmal gut – zumindest mit der Tech-Industrie. In Kürze will die EU-Kommission ihr neues Prestigeprojekt vorstellen: den sogenannten „Digital Omnibus“. Der Name klingt nach Fortschritt, Tempo, Effizienz. Tatsächlich aber deutet vieles darauf hin, dass hier nicht etwa Bürokratie, sondern vor allem Datenschutzrechte auf Diät gesetzt werden sollen. Was als „Vereinfachung digitaler Regeln“ verkauft wird, sorgt bei Datenschützern für blankes Entsetzen. Die Organisation noyb rund um Max Schrems spricht bereits von einem „Freibrief für KI-Konzerne“, mit dem Daten künftig „aufgesaugt“ werden können – ganz legal versteht sich, schließlich wäre es ja ein „EU-Rechtsrahmen“. Digitales Framing für Fortgeschrittene Die Kommission wirbt großspurig damit, dass das Paket die Qualität von Gesetzen verbessern und „sofortige Erleichterungen für Unternehmen, Verwaltungen und Bürger“ bringen werde. Wer dabei „Bürger“ sagt, meint offenbar „Bürger als Datenquelle“ – denn Entwürfe, die Netzpolitik.org durchgestochen wurden, lassen kaum Zweifel daran, wohin die Reise geht: Der Data Act, die Open-Data-Richtlinie und der Data Governance Act sollen zu einem Supergesetz verschmolzen werden, das insbesondere eines tut: den Zugriff auf Daten vereinfachen, auch dann, wenn es sich um personenbezogene handelt. Ob das am Ende den Menschen nützt oder nur den Serverfarmen von Silicon Valley, bleibt – Überraschung! – ungeklärt. KI braucht Daten, Brüssel liefert Besonders erfreulich dürften sich die Änderungen für jene Unternehmen lesen, die Künstliche Intelligenz entwickeln. Also Google, Meta, Microsoft & Co. Denn sollte der Entwurf Wirklichkeit werden, könnte das Training von KI-Modellen künftig auch mit personenbezogenen Daten erfolgen – und zwar ohne die lästige Zustimmung der Betroffenen. Warum auch fragen, wenn man „vereinfachen“ kann? „Schleichender Angriff auf Grundrechte“ – aber hey, dafür schneller KI! Für Datenschützer ist das kein digitales Frühjahrsputzen, sondern eine gezielte Operation am offenen Grundgesetz. Max Schrems warnt: „Der wohl extremste Angriff auf die Privatsphäre in Europa seit Inkrafttreten der DSGVO.“ Der Entwurf, so noyb, verwässere nicht nur den Schutz besonders sensibler Daten, etwa Gesundheitsdaten oder politische Überzeugungen – er öffne auch Tür und Tor für den Fernzugriff auf persönliche Geräte, ohne dass Nutzer vorher zustimmen müssten. Aber das ist vermutlich nur ein „technischer Anpassungsvorschlag“ – ganz harmlos. Made in Germany – powered by US-Interessen? Besonders pikant: Während die meisten EU-Staaten die Finger von der Datenschutzgrundverordnung lassen wollen, kommt der Vorstoß zur Lockerung ausgerechnet aus Deutschland – dem Land, das einst stolz war auf seine Datenschutzkultur. Und siehe da: US-Medien berichten, dass EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen amerikanischen Tech-Konzernen bereits versichert habe, dass Europa die Regeln „wirtschaftsfreundlicher“ gestalten werde. Kleine Unternehmen? Randnotiz. Big Tech ist mal wieder der wahre Gewinner. Noch ist nichts entschieden – aber die Richtung ist klar Die EU-Kommission hält sich bedeckt. Es gebe noch „laufende Überlegungen“. Übersetzt: Man wartet ab, ob der Sturm der Empörung noch lauter wird – oder ob sich das Ganze, wie so oft, in einem wohlformulierten PDF-Beitrag auf irgendeiner EU-Plattform totläuft. Für alle, die sich Sorgen um ihre Privatsphäre machen: Vielleicht einfach jetzt schon mal abschalten, entkoppeln, oder gleich das Smartphone im Garten vergraben. Denn was mit den Daten künftig passiert, bestimmen bald andere – und nicht mehr die, denen sie eigentlich gehören. TL;DR: Die EU will vereinfachen – was in Brüssel „Vereinfachung“ heißt, bedeutet in der Realität oft: Komplexe Rechte weg, einfache Auswertung her.

diebewertung.de hat mit dem Digitalstrategen Tim Schlautmann vom Technologie- und Marketingunternehmen Marketport in Warendorf über die geplanten EU-Reformen gesprochen…