Innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings sollen kaum noch Autos fahren dürfen: So stellt sich eine örtliche Bürgerinitiative die Verkehrswende vor. Per Volksentscheid will sie die Pläne umsetzen.

Die Initiative „Volksentscheid Berlin autofrei“ kann ihr Gesetzesvorhaben für ein weitgehendes Autoverbot in der Hauptstadt weiter verfolgen. Der Berliner Verfassungsgerichtshof (VerfGH) hat den Antrag zur Einleitung des Volksbegehrens für zulässig erklärt (Urt. v. 25.06.2025, Az. VerfGH 43/22).

Das Verfassungsgericht sieht keinen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz) und betrachtet das Gesetz als angemessen und verhältnismäßig. Um die Ziele in ihrer Gesamtheit zu erreichen, gebe es aktuell kein geeigneteres Mittel. Die Entscheidung des Gerichts fiel mit acht zu eins Stimmen.

Der Berliner VerfGH widersprach damit der Einschätzung des Senats. Dieser hielt das in einem Gesetzentwurf formulierte Ziel für verfassungsrechtlich bedenklich und hatte daher das Gericht bereits 2022 um eine Prüfung gebeten, ob ein solcher Volksentscheid überhaupt zulässig wäre.

Faktisches Autoverbot innerhalb des S-Bahn-Ringes

Nach den Plänen der Initiative sollen nach einer Übergangszeit von vier Jahren fast alle Straßen innerhalb des S-Bahn-Rings mit Ausnahme der Bundesstraßen zu „autoreduzierten Straßen“ erklärt werden. Private Autofahrten sollen pro Person nur bis zu zwölfmal im Jahr möglich sein.

Ausnahmen von dem faktischen Autoverbot soll es demnach für Menschen mit Behinderung, Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr, Müllabfuhr, Taxen sowie Wirtschafts- und Lieferverkehr geben. Das gilt auch für Busse.

Wie es juristisch jetzt weitergeht

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass der Entwurf vereinbar ist mit der Berliner Verfassung, dem Grundgesetz sowie sonstigem Bundesrecht. Damit ist die Initiative einen wesentlichen Schritt weiter.

Da der VerfGH den Antrag zur Einleitung des Volksbegehrens für zulässig erklärt hat, müssen das Abgeordnetenhaus und die zuständigen Ausschüsse innerhalb der nächsten vier Monate über das Begehren der Initiative beraten. Dies folgt aus den §§ 17a Abs.1, 18 Abs.1 Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid (Abstimmungsgesetz Berlin, AbstG).

Es bleibt abzuwarten, ob das Abgeordnetenhaus das Begehren der Initiative in seinem wesentlichen Bestand annimmt oder nicht. Sollte letzteres der Fall sein, kann die Initiative die Durchführung des Volksbegehrens verlangen. Dann müsste sie innerhalb von vier Monaten Unterschriften von mindestens sieben Prozent der Berliner Wahlberechtigten sammeln (§§ 18 Abs.3, 26 Abs.1 AbstG). Das sind derzeit rund 170.000 Menschen.

Gelingt das, würde ein sogenannter Volksentscheid folgen, bei dem wie bei einer Wahl über den Gesetzentwurf abgestimmt wird. Der Volksentscheid wäre erfolgreich, wenn eine Mehrheit der Wähler und zugleich mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zugestimmt haben (§ 36 Abs.1 AbstG). Die Initiative hatte im Sommer 2021 mehr als 50.000 Unterschriften für die Einleitung eines entsprechenden Volksbegehrens zur Verkehrswende gesammelt. Nötig waren in dieser ersten Phase des Volksbegehrens 20.000 gültige Stimmen. Doch zum nächsten Sammelschritt kam es nicht: Der Senat schaltete das Verfassungsgericht ein.

Es ist nicht der erste Volksentscheid in jüngerer Vergangenheit, der Schlagzeilen macht. Bundesweit richtig bekannt war auch die Berliner Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ geworden, die ebenfalls den Großteil der abstimmenden Hauptstädter auf sich vereinen konnte.

dpa/jb/LTO-Redaktion

Artikel in der Version vom 15.Juni.2025, 15:59 Uhr

Zitiervorschlag

Verfassungsgerichtshof Berlin:

. In: Legal Tribune Online,
25.06.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/57493 (abgerufen am:
26.06.2025
)

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