Aus einer vermeintlichen Idylle wird ein handfester Nachbarschaftsstreit. Das Landgericht Köln traf harte Entscheidungen für beide Seiten: Hähne, Bienen und mehrere Bäume müssen am Ende weichen. Über den Eigentumsschutz im Wohngebiet.

Was nach einem harmlosen Hobby klingt, wurde zum ausgewachsenen Nachbarschaftskrieg: Auf der einen Seite ein Mann mit Vorliebe für Hühner und Honig, auf der anderen genervte Nachbarn mit Ruhebedarf. Nun hat das Landgericht (LG) Köln dem städtischen Idyll aus Hähnen, Hühnern und Bienen ein Ende gesetzt (Urteil v. 21.05.2025, Az. 13 S 202/23).

Ein Grundstück in Köln, offiziell zur Wohnnutzung bestimmt, wurde über Jahre zur kleinen Selbstversorger-Oase: Der Eigentümer hielt dort seit 2019 Bienenvölker und ab 2021 – mit Unterbrechungen – auch Hähne und Hühner. Zehn Bienenstöcke stellte er im Garten auf, zuletzt beherbergten sie rund 6.000 bis 9.000 Bienen. Doch bei den Nachbarn summte es irgendwann nicht nur im Garten, sondern auch in den Ohren – und so landete der Fall vor Gericht.

Was zunächst wie eine harmlose Tierliebe wirkt, entwickelte sich zum ausgewachsenen Rechtsstreit. Die Kläger fühlten sich gestört – durch das krähenbedingte Frühaufwachen, durch umherfliegende Bienen, durch verendete Insekten auf ihrem Grundstück, ja sogar durch Ausscheidungen der Bienen, die den eigenen Pool verunstalteten. Das Amtsgericht (AG) Köln gab ihnen recht und untersagte dem Beklagten die Haltung von Hähnen und Bienenvölkern. Der Beklagte wollte das nicht hinnehmen und legte Berufung ein – allerdings mit überschaubarem Erfolg.

Immissionsschutz im Nachbarschaftsverhältnis

Das LG Köln hat nun das erstinstanzliche Verbot der Tierhaltung bestätigt. Nach Ansicht der Berufungskammer beeinträchtigen sowohl das Hahnenkrähen als auch die Auswirkungen der Bienenhaltung das Eigentum und den Besitz der Nachbarn in unzumutbarer Weise. Das Grundstück der Kläger diene Wohnzwecken, sei Rückzugsort und Ort der Erholung – und müsse daher nicht als Kulisse für bäuerliches Treiben herhalten. Die Kläger hätten einen Anspruch darauf, von solchen Störungen verschont zu bleiben.

Juristisch gestützt wurde diese Entscheidung auf die §§ 1004 und 906 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), zwei zentrale Vorschriften im Nachbarrecht. § 1004 BGB gibt Eigentümerinnen und Eigentümern einen Anspruch an die Hand, um sich gegen rechtswidrige Beeinträchtigungen ihres Eigentums zur Wehr zu setzen. Wer auf seinem Grundstück unzumutbar gestört wird, kann vom Störer die Beseitigung oder Unterlassung verlangen.

§ 906 BGB ergänzt diese Regelung: Danach müssen bestimmte Einwirkungen von außen – etwa Geräusche, Tierflug, Gerüche oder ähnliche sogenannte Immissionen – zwar grundsätzlich hingenommen werden. Das gilt allerdings nur, wenn sie als unwesentlich gelten oder ortsüblich sind. Was „wesentlich“ ist, beurteilt sich nicht nach der subjektiven Empfindlichkeit einzelner Nachbarn, sondern danach, ob ein durchschnittlicher, verständiger Nutzer des betroffenen Grundstücks sich beeinträchtigt fühlen würde.

Gericht: In der Stadt muss man keine Bienen erwarten

Das Landgericht hatte daran keinen Zweifel: Die Hähne krähten unregelmäßig, zu völlig unvorhersehbaren Zeiten – und zwar so, dass ein ruhiger Schlaf oder eine ungestörte Nutzung des eigenen Gartens unmöglich wurde. Das sei kein bloßer Naturlaut, sondern eine Störung, die in einem Wohngebiet nichts verloren habe. Als Grundlage für diese Einschätzung diente dem Gericht unter anderem ein detailliertes Lärmprotokoll, ein in Augenschein genommenes Video und ein allgemein anerkannter Erfahrungssatz: Gerade weil Hähne spontan und impulsartig krähen, werden sie als besonders störend empfunden – wesentlich unangenehmer als ein durchgehendes Dauergeräusch.

Auch die Bienenhaltung wurde nicht als harmloses Naturerlebnis durchgewunken. Vielmehr sah das Gericht darin eine weitere relevante Beeinträchtigung: Die Vielzahl der Bienen, ihr Flug über das Nachbargrundstück und die Ablagerungen im Garten seien objektiv geeignet, das Eigentum der Kläger erheblich zu stören. Es gehe nicht um bloße Empfindlichkeiten, sondern um nachweisbare Einwirkungen, die die Nutzung des Grundstücks als Ort des Wohnens und der Erholung konkret beeinträchtigen.

Dass der Beklagte seine Tierhaltung als ortsüblich darstellen wollte, half ihm nicht weiter. Das Gericht stellte klar: In einem städtisch geprägten Wohngebiet, in dem überwiegend Ein- und Mehrfamilienhäuser stehen, sei die Haltung von Hähnen und Bienenvölkern weder üblich noch zumutbar. Eine Duldungspflicht bestehe daher nicht.

Nebenkriegsschauplatz mit Schatten

Etwas weniger prominent, aber juristisch nicht minder relevant war ein weiterer Teil des Verfahrens: Der Beklagte hatte im Wege der Widerklage verlangt, dass mehrere Bäume auf dem Grundstück der Kläger entfernt werden. Anders als beim Tierhaltungsverbot hatte er damit Erfolg.

Das Landgericht entschied, dass dem Beklagten ein Anspruch auf Beseitigung der betroffenen Gehölze zusteht. Konkret ging es um einen jungen Kirschbaum, einen Kirsch-Pflaumenbaum, einen Ahornbaum und eine Buche, die entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze standen. Das Gericht stellte fest, dass diese Bäume die im Nachbarrechtsgesetz NRW (NachbG NRW) festgelegten Grenzabstände nicht einhalten. Für Steinobstbäume – dazu zählen Kirsche und Pflaume – gilt ein Abstand von 1,5 Metern (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 b) NachbG NRW), für andere Bäume wie Ahorn oder Buche beträgt der Mindestabstand zwei Meter (§ 41 Abs. 1 Nr. 1 b) NachbG NRW).

Da die Kläger weder gesetzliche Ausschlusstatbestände noch besondere Umstände vortragen konnten, die eine Ausnahme rechtfertigen würden, musste das Gericht dem Antrag stattgeben. Dass auf dem Grundstück des Beklagten ebenfalls Bäume stehen, die möglicherweise die Grenzabstände nicht einhalten, war dabei unerheblich. Eine „Gleichheit im Unrecht“ kennt das Zivilrecht nicht, so das LG. Jeder Anspruch werde für sich betrachtet.

Das Urteil ist rechtskräftig.

xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Landgericht Köln entscheidet Nachbarstreit:

. In: Legal Tribune Online,
30.06.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/57542 (abgerufen am:
01.07.2025
)

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