Eine Frau fordert vom Erzbistum Köln 830.000 Euro Schmerzensgeld wegen sexuellen Missbrauchs durch einen Priester. Das Landgericht wies die Amtshaftungsklage ab – auch weil die Frau dem Täter damals als Pflegekind anvertraut war.
Das Landgericht (LG) Köln hat die Klage einer Frau abgewiesen, die vom Erzbistum Köln Schmerzensgeld in Höhe von 830.000 Euro sowie eine Verpflichtung zum Ersatz zukünftiger materieller Schäden wegen sexuellen Missbrauchs durch einen ehemaligen Pfarrer verlangte (Urt. v. 01.07.2025, Az. 5 O 220/23).
Die heute 58 Jahre alte Klägerin lebte als Pflegekind in den 1970er- und 1980er-Jahren im Haushalt eines Priesters, der dem beklagten Erzbistum Köln angehörte. Während dieser Zeit kam es zu zahlreichen sexuellen Missbrauchstaten. 2022 wurde der ehemalige Priester für den Missbrauch zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Nun verlangte die Klägerin vom Erzbistum Schmerzensgeld. Sie stützte sich dabei unter anderem auf einen Amtshaftungsanspruch gemäß § 839 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Verbindung mit Art. 34 Grundgesetz (GG).
Die 5. Zivilkammer des LG Köln wies die Klage jedoch ab, ein Amtshaftungsanspruch bestehe nicht. Der Missbrauch sei nicht Teil der Amtsausübung gewesen, so das Gericht.
Kein äußerer und innerer Zusammenhang zur Kirche
Der Amtshaftungsanspruch setzt unter anderem voraus, dass ein Amtsträger in Ausübung seines öffentlichen Amtes eine Amtspflicht verletzt hat. Als Amtsträger der Kirche können auch Priester Beamte im haftungsrechtlichen Sinne sein. Maßgeblich ist, ob die schädigende Handlung „in Ausübung eines öffentlichen Amtes“ erfolgte. Dies verneinte das LG hier.
Entscheidend sei, ob die eigentliche Zielsetzung, mit der die handelnde Person tätig wird, einer kirchlichen Tätigkeit im Sinne ihres Auftrags in der Gesellschaft zuzurechnen sei und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein enger äußerer und innerer Zusammenhang bestehe. Nach Ansicht des Gericht fehle es an diesem Zusammenhang.
Sorge für das Pflegekind keine kirchliche Aufgabe
Die insofern relevante Besonderheit des Falles bestand aus Sicht des Gerichts darin, dass die Klägerin dem ehemaligen Priester als Pflegkind anvertraut war. Die Sorge für ein Pflegekind sei dabei durch einen staatlichen Akt begründet worden. Ein Zusammenhang zur kirchlichen Tätigkeit scheide deshalb aus, so die 5. Zivilkammer.
Eine kirchliche Tätigkeit werde auch nicht dadurch begründet, dass das beklagte Erzbistum seine Zustimmung zu der Annahme als Pflegekind erteilt hat. Dies mache die Sorge für das Pflegekind nicht zur kirchlichen Aufgabe. Nicht jede Tätigkeit eines kirchlichen Amtsträgers stelle zugleich die Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne der Haftungsnorm dar. Dies mag in Widerspruch zum theologischen Verständnis stehen, welches die katholische Kirche vom Priesteramt habe. Jedoch sei eine objektive Betrachtung erforderlich. Es sei nicht ersichtlich, dass die kirchlichen Körperschaften für jede Handlung ihrer Amtsträger haften, so das Gericht.
Eine Haftung nach § 831 BGB, für den Priester als Verrichtungsgehilfen, verneinte das LG Köln aus dem gleichen Grund.
Scharfe Kritik von der Betroffenen-Initiative
Ferner komme eine Haftung des beklagten Erzbistums nicht deshalb in Betracht, weil es den Priester nicht hinreichend überwacht habe. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass organschaftliche Vertreter oder andere Bedienstete des beklagten Erzbistums Köln keine Anhaltspunkte dafür gehabt haben, dass die Klägerin sexuell missbraucht wurde, so die Kammer.
Matthias Katsch von der Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ äußerte am Dienstag scharfe Kritik an dem Urteil. Er zeigte sich entsetzt über die Entscheidung und sprach von einem „Schlag für alle Betroffenen, die ihre Hoffnungen in den Rechtsstaat gesetzt habe“. Das Urteil zeuge von völliger Unkenntnis davon, wie umfassend die katholische Kirche das Priesteramt verstehe.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Eine Berufung seitens der Klägerin wurde bereits angekündigt.
dpa/ail/LTO-Redaktion
Zitiervorschlag
Landgericht Köln verneint Amtshaftung:
. In: Legal Tribune Online,
01.07.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/57555 (abgerufen am:
01.07.2025
)
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