Ein 32-Jähriger drängte den jüdischen Studenten Lahav Shapira während einer propalästinensischen Protestaktion von einem Hörsaal der FU Berlin weg. Das Amtsgericht sprach ihn der Nötigung schuldig, sah aber keine antisemitischen Motive.

Weil er dem jüdischen Studenten Lahav Shapira im Kontext mit einer propalästinensischen Besetzung den Zugang zu einem Hörsaal der Freien Universität Berlin (FU) verwehrt hatte, ist ein 32-Jähriger zu einer Geldstrafe in Höhe von 450 Euro (30 Tagessätze zu je 15 Euro) verurteilt worden. Das Amtsgericht (AG) Tiergarten sprach den Angeklagten der Nötigung (§ 240 Strafgesetzbuch (StGB)) schuldig. 

Unter Einsatz seines Körpers habe er den Studenten bei dem Geschehen im Dezember 2023 weggedrängt. Dafür habe es keine Rechtfertigung gegeben. „Als Student der Universität war ihm der Zugang zu gewähren“, erklärte die Vorsitzende Richterin Leonie Richter.

Die Staatsanwaltschaft war ursprünglich davon ausgegangen, dass der Angeklagte den jüdischen Studenten vor der Saaltür gepackt, geschubst und antisemitisch beleidigt habe. Der Vorwurf der Körperverletzung sei im Prozess nicht nachgewiesen worden, hieß es weiter im Urteil. Shapira habe in seiner Aussage auch erklärt, die körperlichen Folgen seien „keine große Sache“ gewesen. Hinsichtlich einer mutmaßlichen Beleidigung sei nicht rechtzeitig ein Strafantrag gestellt worden.

Shapira: „Hetzjagd gegen mich“

Shapira hatte im Prozess geschildert, zwei Personen hätten ihn „mit dem Körper, auch mit den Händen, weggedrängt“, einer davon sei der Angeklagte gewesen. Dramatisch sei für ihn gewesen, was nach dem Vorfall geschehen sei. „Es hat zu einer Hetzjagd gegen mich geführt und schlussendlich auch dazu, dass jemand versucht hat, mich umzubringen“, so der Student.

Shapira war im Februar 2024 in Berlin-Mitte durch einen damaligen Kommilitonen bei einer zufälligen Begegnung attackiert und erheblich verletzt worden. Der Kommilitone wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft verurteilt. Nach der massiven Attacke warf Shapira der Hochschule vor, sie unternehme nicht genug gegen antisemitische Diskriminierung, und klagte deshalb gegen sie vor dem Berliner Verwaltungsgericht (VG). Er sieht einen Verstoß gegen das Berliner Hochschulgesetz. Der erste Verhandlungstag vor dem VG blieb allerdings ergebnislos

Mit dem jetzt gesprochenen Urteil des Amtsgerichts zeigte sich Shapira zufrieden.

Angeklagter: „Nie aus antisemitischem Motiv“

Der Angeklagte hatte erklärt, er habe sich als Ordner lediglich in den Weg gestellt. Er sei von der Versammlungsleitung gerufen worden, weil sich mehrere Personen provokativ gezeigt und Plakate abgerissen hätten. Mit ausgestreckten Armen habe er sich aufgebaut. Er habe die Versammlung schützen wollen und habe „nie aus einem antisemitischen Motiv“ gehandelt.

Das Gericht hatte zunächst auf Antrag der Staatsanwaltschaft per Strafbefehl eine Strafe von 1.500 Euro (50 Tagessätze zu je 30 Euro) wegen Körperverletzung und Beleidigung gegen den Angeklagten verhängt. Weil der 32-Jährige dagegen Einspruch eingelegt hatte, kam es nun zum Prozess.

Auch der Staatsanwalt plädierte auf einen Schuldspruch wegen Nötigung. Das Gericht blieb mit der verhängten Strafe von 30 Tagessätzen zu je 15 Euro unter dem Antrag des Staatsanwalts, der 50 Tagessätze zu je 30 Euro (1.500 Euro) beantragt hatte. Der Verteidiger forderte Freispruch. Mit einem sehr milden Mittel habe sein Mandant eine Gefahr durch Störer für die Versammlung abwenden wollen – „es ging nie darum, einem jüdischen Studenten Zugang zum Hörsaal zu verwehren“, so Rechtsanwalt Lennart Wolgast. 

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel im Oktober 2023 kommt es in Berlin regelmäßig zu Demonstrationen im Kontext mit dem Nahost-Konflikt. Auch an den Universitäten gibt es zahlreiche Protestkundgebungen.

dpa/xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Hörsaal-Blockade in Berlin:

. In: Legal Tribune Online,
17.07.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/57696 (abgerufen am:
17.07.2025
)

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