Wenn sich Influencer streiten, wird es hitzig, denn es ist sehr viel Öffentlichkeit dabei. Das OLG hat jetzt entschieden: Auf Unterlassungsansprüche nach dem Persönlichkeitsrecht können sie sich berufen, aber nicht auf das Wettbewerbsrecht.

Sie hetze Tag ein Tag aus, Hass zu verbreiten, sei ihre Geschäftsmodell, außerdem sei sie eine „Hatefluencerin“: So äußerte sich der Twitch-Streamer und Influencer Tobias Huch in einem Youtube-Video über Pia Scholz, ebenfalls Streamerin und Influencerin. Scholz, die online unter dem Namen „Shurjoka“ bekannt ist, wollte sich das nicht gefallen lassen und zog vor Gericht.

Im Eilverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat sie sich nun teilweise erfolgreich gegen Äußerungen von Huch gewehrt. Das Gericht sah in mehreren Aussagen Huchs eine rechtswidrige Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Ihr stehen insofern Unterlassungsansprüche zu. Erfolglos blieben hingegen die gegen Huch geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche. Weder bestehe zwischen den Influencern ein Wettbewerbsverhältnis noch handele es sich bei den Äußerungen um geschäftliche Handlungen (Urt. v. 17.07.2025, Az. 16 U 80/24).

„Hatefluencerin“ ist Meinungsäußerung

Gegen einige der streitigen Äußerungen von Huch stehen Shurjoka Unterlassungsansprüche gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG)) zu. Dies sei jedoch nur dann der Fall, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Influencerin im Rahmen einer Abwägung gegenüber dem Recht Huchs auf Presse- bzw. Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) überwiege, erklärte der Senat.

Meinungsäußerungen genössen dabei einen sehr weiten Schutz, die Verbreitung unwahrer Tatsachen dagegen keinen, so das Gericht weiter. Für herabwürdigende Meinungsäußerungen müssten aber gewisse Anhaltspunkte gegeben sein, für die den beklagten Huch die Beweislast treffe.

Ausgehend von diesen aufgestellten Maßstäben hat das Gericht entschieden: Huch darf nicht mehr behaupten, Scholz „hetzt Tag ein Tag aus“, es sei ihr Geschäftsmodell, „diesen Hass zu verbreiten und diese Fake News“, nach denen sie anderen Menschen unterstelle, sie sexuell zu belästigen. Hierbei handelt es sich nach Ansicht des Senats um nicht erwiesene Tatsachen, die deshalb zu untersagen seien.

Hingegen müsse Shurjoka als Meinungsäußerung hinnehmen, sie verklage Huch nur deshalb, „weil es ihr nicht gefällt, was ich über sie sage“. Außerdem bleiben Huch die Aussagen erlaubt, sie lege ein „mysogenes Verhalten“ an den Tag, er halte sie für eine „Hatefluencerin“ und „sie verbreite Hass, das ist ihr Content“.

Kein Wettbewerbsverhältnis, kein solcher Anspruch

Mit daneben geltend gemachten wettbewerblichen Ansprüchen drang Shurjoka vor Gericht dagegen nicht durch. Konkret ging es um Ansprüche aus §§ 3, 8 Abs. 1 S. 1, S. 4 Nr. 1 oder Nr. 2 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Zwischen den Parteien bestehe kein konkretes Wettbewerbsverhältnis, so der Senat. Zwar seien beide „auf dem Streaming-Markt“ tätig, dies genüge jedoch nicht für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses, entsprechende Ansprüche könnten sich nicht ergeben.

Huch habe in den Videos, die Shurjoka juristisch angegriffen hatte, weder eigene noch fremde Waren oder Dienstleistungen angepriesen. Vielmehr stelle er darin die (Rechts-)Streitigkeit mit Shurjoka dar, bewerte diese, bitte um Spenden, um seinen Anwalt bezahlen zu können, und bewerte Shurjokas Beiträge.

Streit führt zu mehr Klicks für beide

Es sei auch nicht dargelegt, glaubhaft gemacht oder ersichtlich, dass der Vorteil der einen Partei einen Nachteil der anderen Partei bedeute, was wettbewerbsrechtliche Ansprüche auslösen könnte. Die öffentlichen Auseinandersetzungen beeinträchtigten nicht die jeweils andere Partei, sondern dürften ganz im Gegenteil die Klickzahlen beider Influencer gesteigert haben, so das OLG.

Zu beachten sei zudem, dass Shurjoka sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht selbst dahingehend eingelassen habe, dass sie sich mit dem Gaming finanziere und den Rest „ehrenamtlich“ mache. Entsprechend handele sie mit ihrer restlichen Tätigkeit gerade nicht unternehmerisch.

Letztlich stellten die Äußerungen Huchs auch keine geschäftlichen Handlungen dar, da sie nicht der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen dienten, sondern Informations- und Unterhaltungsfunktion hätten. Es handele sich um redaktionelle Beiträge, bei denen kein werblicher Überschuss gegeben sei.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Statements der Anwälte

Auf LTO-Anfrage erklärte Dr. Nik Sarafi, der Huch vertrat, dass das Urteil für seinen Mandanten bereits einen wesentlichen Erfolg darstelle. Gleichzeitig behalte er sich vor, das Hauptsachverfahren weiterzuverfolgen, je nachdem, wie die schriftlichen Urteilsgründe ausfallen. Man werde gegebenenfalls eine „verfassungsrechtliche Klärung der Frage“ herbeiführen, welche Anforderungen „an die Substanz und Belastbarkeit von Anknüpfungstatsachen bei wertenden Äußerungen zu stellen sind.“

Rechtsanwalt Stefan Müller-Römer, der Shurjoka in dem Rechtsstreit vertritt, kritisiert auf LTO-Anfrage, dass Huch seine Mandantin nach dem Urteil weiterhin als „Hatefluencerin“ bezeichnen darf. Die Bezeichnung „Hatefluencerin“ sei faktisch dasselbe wie die Aussage, dass das Geschäftsmodell von Shurjoka Hass sei. Influencer sei ein Beruf, daher impliziere die Bezeichnung „Hatefluencerin“ klar, dass Shurjoka mit der Verbreitung von Hass Geld verdienen wolle, so Müller-Römer weiter. Die rechtliche Beurteilung des OLG sei daher widersprüchlich.

Zudem ist es Müller-Römers Auffassung nach falsch, dass wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nicht bestehen. Er denkt, dass beide Streamer in einem Wettbewerbsverhältnis stehen, da sie intensiv übereinander streamen. Solche Streams stellen seiner Ansicht nach geschäftliche Handlungen dar, weil beide Streamer intendierten, über Klickzahlen Geld zu verdienen.

ail/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Frankfurt entscheidet Streit zwischen Influencern:

. In: Legal Tribune Online,
25.07.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/57760 (abgerufen am:
25.07.2025
)

Kopieren
Infos zum Zitiervorschlag