Teil-Erfolg für zwei Cannabiskonsumenten: Im nördlichen Teil des Englischen Gartens darf ihnen der Konsum des berauschenden Hanfs nicht durch den Freistaat Bayern untersagt werden. Das entschied der BayVGH in München im Eilverfahren.

In der idyllischen Münchner Parkanlage Englischer Garten darf künftig nicht mehr nur literweise Bier getrunken, sondern auch Cannabis konsumiert werden – zumindest im nördlichen Bereich des Parks. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) gab am Montag einem Eilantrag von zwei Cannabiskonsumenten auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 47 Abs. 6 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegen die bayerische Parkanlagenverordnung teilweise statt (Beschl. v. 28.07.2025, Az. 10 NE 25.827). 

In der Verordnung hatte der Freistaat kurz nach Inkrafttreten der Teillegalisierung von Cannabis am 1. April 2024 den Konsum von Cannabisprodukten im kompletten Englischen Garten einschließlich dessen Nordteils, im Hofgarten und im Finanzgarten in München untersagt.

Gegen das Verbot wandten sich daraufhin zwei regelmäßige Besucher des Englischen Gartens im Wege eines Normenkontrollverfahrens. Einer von ihnen nutzt Cannabis als Genussmittel, der andere als Bestandteil seiner Schmerztherapie. Beide sehen sich durch das pauschale Konsumverbot erheblich in ihren Grundrechten eingeschränkt.

Bricht Bundesrecht Landesrecht?

Zumindest teilweise bekamen sie nun vor dem BayVGH Recht. Nach dem Beschluss vom Montag, der LTO vorliegt, darf im nördlichen Teil des Englischen Gartens nun vorläufig entsprechend dem Konsumcannabisgesetz (KCanG) Cannabis konsumiert werden. Im südlichen Teil des Englischen Gartens, im Hofgarten und im Finanzgarten bleibt der Konsum von Cannabis-Produkten jedoch bis auf Weiteres untersagt.

Laut Mitteilung des Gerichts hatten die beiden Konsumenten im Wesentlichen geltend gemacht, dass Regelungen im Bundesgesetz, also dem KCanG, wonach Besitz und Konsum unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt sind, die strengere landesrechtliche Regelung ausschließen. Zudem benachteilige das Verbot Cannabiskonsumenten gegenüber Tabakkonsumenten. Zum Schutz vor Passivrauchen hätte konsequent auch das Tabakrauchen verboten werden müssen. Die Sache sei eilbedürftig, eine Entscheidung noch während der Saison der Parkanlagennutzung sei notwendig. 

Der Freistaat Bayern hingegen hatte das Verbot mit dem Schutz von Nichtrauchern, insbesondere Kindern und Jugendlichen, begründet. Der Bundesgesetzgeber habe mit den Regelungen des Konsumcannabisgesetzes nur allgemein den Gesundheitsschutz der Konsumenten sowie den Kinder- und Jugendschutz in den Blick genommen. Den Aspekt des Nichtraucherschutzes habe er nur begrenzt aufgegriffen und keiner abschließenden Regelung unterworfen. Außerdem seien die Risiken des Cannabiskonsum noch nicht ausreichend untersucht. 

VGH: Nördlicher Teil „weitläufiger und weniger frequentiert”

Das BayVGH entschied nun, dass das für den Nordteil des Englischen Gartens geltende generelle Konsumverbot vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt wird. In den übrigen Parkanlagen bleibt der Cannabiskonsum jedoch weiterhin untersagt.

Wie das Gericht in einer Pressemitteilung darlegte, gebe es eine Reihe offener Fragen, die erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden könnten. So sei etwa fraglich, ob ein landesrechtliches Verbot des Cannabiskonsums auf bestimmten öffentlichen Flächen überhaupt rechtlich möglich sei. Im Eilverfahren könnten zudem die Gefahren des Passivkonsums von Cannabis im Außenbereich nicht abschließend aufgeklärt werden. Auch die örtlichen Verhältnisse der Parkanlagen müssten im Hinblick auf deren sehr unterschiedliche Nutzung untersucht werden. 

Bis zur Entscheidung in der Hauptsache dürfe daher der Nordteil des Englischen Gartens zum Cannabiskonsum genutzt werden. Dieser Teil, so das Gericht, sei bekanntermaßen weitläufiger und weniger frequentiert. Eine erhebliche Belästigung der Allgemeinheit sei dort nicht belastbar zu begründen.

Hinsichtlich des Südteils des Englischen Gartens und der anderen Parkanlagen überwiege aufgrund der bekannten höheren Zahl und Dichte an Besuchern der Schutz der Gesundheit Dritter und der Schutz der Allgemeinheit vor Belästigungen durch Cannabiskonsum. Dort dürfe zudem schon aufgrund der Nähe zu Kinder- und Jugendeinrichtungen nach dem Bundesgesetz kein Konsum stattfinden, so das Gericht.

Kläger-Anwalt: „Wichtiger Erfolg für die Grundrechte von Konsumentinnen und Konsumenten“

Rechtsanwalt David Werdermannn von der Kanzlei KM8 Rechtsanwältinnen & Rechtsanwälte, der die Antragsteller vor Gericht vertritt, zeigte sich am Dienstag gegenüber LTO zufrieden mit dem Teilerfolg am BayVGH: „Das Gericht hat deutlich gemacht, dass das pauschale Cannabisverbot im Englischen Garten auf rechtlich wackeligen Füßen steht. Dass der Nordteil jetzt vom Konsumverbot ausgenommen ist, ist ein wichtiger Erfolg für die Grundrechte von Konsumentinnen und Konsumenten sowie ein erster Schritt zurück zur Rechtsstaatlichkeit in der bayerischen Cannabispolitik.“ 

Auch Georg Wurth, Geschäftsführer des Deutschen Hanfverbands, nahm die Entscheidungng mit Genugtuung auf. „Auch Bayern muss sich an Bundesgesetze halten. Es kann nicht sein, dass sich die CSU aus ideologischen Gründen ein eigenes Anti-Cannabis-Gesetz strickt.“ Der Hanfverband unterstützt in dem Verfahren einen der beiden Kläger. 

Anhängig sind in Bayern weitere Klagen gegen Versuche des Freistaats, das KCanG des Bundes möglichst restriktiv zu handhaben. Am Bayerischen Verfassungsgerichtshof etwa hatte im Oktober 2024 in parteiübergreifendes Bündnis eine Popularklage nach Art.98 Satz 4 der Bayerischenen Verfassung gegen das strenge bayerische „Cannabisfolgenbegrenzungsgesetz“ eingereicht. Es argumentiert, dass sich die bayerische Staatsregierung mit diesem Gesetz rechtswidrig gegen den beschlossenen Paradigmenwechsel im Umgang mit Cannabis stelle, den der Bundesgesetzgeber vorgegeben habe. Die progressive Drogenpolitik werde konterkariert und die Stigmatisierung von Cannabis-Patienten sowie -Konsumenten werde fortgesetzt, so das Bündnis.

Weitere Klage angekündigt

Dass sich die beiden Cannabiskonsumenten, die nun vor dem BayVGH teilweise obsiegten, sich seinerzeit auch der Popularklage angeschlossen hatten und auch in jenem Verfahren theoretisch eine einstweilige Anordnung beantragen könnten, sei rechtlich unbeachtlich, entschieden die Verwaltungsrichter. Der Freistaat Bayern hatte darauf gedrängt, das Verfahren vor dem BayVGH bis zur Entscheidung über die Popularklage am Verfassungsgerichtshof auszusetzen. 

Der BayVGH sah dafür jedoch keinen Anlass. „Die Rechtsbehelfe des Normenkontrollantrags und der Popularklage verfolgen unterschiedliche Zielrichtungen und stehen zueinander in keinem Vorrangverhältnis“, stellte das Gericht nun klar. 

Gefasst machen muss sich Bayern auf eine weitere Klage: Eingereicht werden soll am Mittwoch eine Klage gegen das bayerische Gesundheitsschutzgesetz, in dem ein Verbot des Konsums von Cannabis auf allen Volksfesten und in den Raucherbereichen aller Gaststätten in Bayern festgelegt wurde. 

Beteiligte Kanzleien

Zitiervorschlag

Bayerischer VGH zum Cannabis-Konsum:

. In: Legal Tribune Online,
29.07.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/57781 (abgerufen am:
29.07.2025
)

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