Vor allem Instagram ist voll von Beauty-Vergleichen: vorher hässlich, nachher hübsch. Doch das Werben mit solchen Bildern für medizinisch nicht notwendige Eingriffe mittels Hyaluron-Spritze ist und bleibt verboten, so der BGH.

Ein Klick, ein Swipe – und schon ist man mittendrin im digitalen Schönheitssalon. Volle Lippen, straffe Haut, konturierte Gesichter: Auf Instagram inszenieren „Dr. Rick und Dr. Nick“ (bürgerlich: Henrik Heüveldop (Dr. Rick) und Dominik Bettray (Dr. Nick)) ihre Praxis als ästhetisches Gesamtkunstwerk. Mit knapp 200.000 Followern gehört ihr Account zu den erfolgreichsten in der deutschen Beauty-Branche. Ihre Videos zeigen zum Beispiel, wie Hyaluronsäure unterspritzt wird und wie ein Beratungsgespräch verläuft. 

Doch dann hat die Verbraucherzentrale NRW die Beauty Docs (konkret: das Unternehmen Aesthetify mit Sitz in Recklinghausen) auf Unterlassung verklagt. Dass die beiden mit Vorher-Nachher-Bildern für ihre Hyaluron-Unterspritzungen etwa von Kinn und Nase werben, verstoße gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG), das Verbraucher unter anderem davor schützen soll, sich zu nicht medizinisch notwendigen Eingriffen verleiten zu lassen.  

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun im Sinne der Verbraucherzentrale entschieden: Für eine Behandlung, bei der durch Unterspritzung mit Hyaluron Form oder Gestalt von Nase oder Kinn verändert werden, darf nicht mit Vorher-Nachher-Darstellungen geworben werden (Urt. v. 31.07.2025, Az. I ZR 170/24).

Ist das noch Information oder schon Werbung?

Im Zentrum des Falls stand eine grundsätzliche Frage: Wo endet Information und Aufklärung für Verbraucher, die möglicherweise Kunden werden? Und wo beginnt unzulässige Werbung?

Juristisch drehte sich der Streit um § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG. Danach ist es verboten, gegenüber Laien mit bildlichen Vorher-Nachher-Vergleichen für nicht medizinisch notwendige operative plastisch-chirurgische Eingriffe zu werben. Der Gedanke des Gesetzgebers dahinter: Verbraucher sollen nicht durch idealisierte Bilder zu risikobehafteten Eingriffen verleitet werden.

Aesthetify hielt dagegen: Man betreibe keine „operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe“, sondern minimalinvasive Eingriffe, also ohne Skalpell, nur mit der Kanüle. Die Behandlungen seien risikoarm, der Eingriff vergleichbar mit einem Piercing oder Ohrlochstechen. Außerdem handele es sich bei den Bildern um sachliche Information, nicht um Werbung im klassischen Sinne.

OLG Hamm: Stich mit Kanüle zählt schon als Operation

Schon das Oberlandesgericht (OLG) Hamm sah das anders. Es sah in der Verwendung der Bilder einen Verstoß gegen das HWG und verpflichtete Aesthetify zur Unterlassung. Für das Vorliegen eines plastisch-chirurgischen Eingriffs sei nicht, ob mit einem Skalpell geschnitten werde, sondern ob mit irgendeinem Instrument eine Gestaltveränderung am Körper vorgenommen werde. Genau das passiere bei einer Hyaluronsäure-Unterspritzung, wenn mit der Kanüle unter der Haut eingestochen wird.

Die Maßstäbe des HWG seien nicht auf chirurgische Großmaßnahmen beschränkt, so das OLG weiter. § 11 HWG wolle generell verhindern, dass Menschen durch bildhafte Darstellungen zu Eingriffen veranlasst werden, bei denen der Nutzen medizinisch nicht belegt ist, aber durchaus Risiken bestehen – auch wenn das Ganze beim Instagram-Scrollen auf dem Smartphone harmlos aussieht.

Juristisch ebenfalls spannend an dem Fall: Es handelt sich um das erste Verfahren, das das OLG Hamm erstinstanzlich auf Grundlage der seit Oktober 2023 geltenden Neuregelung in § 6 Abs. 1 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) führte. Danach sind nun die Oberlandesgerichte für bestimmte Klagen von qualifizierten Einrichtungen wie den Verbraucherzentralen (§ 4 UKlaG) zuständig – quasi eine Schönheitskorrektur im Prozessrecht.

BGH legt den Begriff des „Eingriffs“ großzügig aus

Die Revision der Insta-Docs hatte nun keinen Erfolg: Auch der BGH entschied, dass Behandlungen, bei denen mit einem Instrument in den Körper eines Menschen eingegriffen und seine Form oder Gestalt verändert werden, operative plastisch-chirurgische Eingriffe im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c HWG sind. Entsprechend gelte § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG, wonach für solche Eingriffe nicht mit Vorher-Nachher-Bildern geworben werden darf. 

Die Argumentation der beklagten Beauty Docs, das Risiko der Hyaluron-Behandlung sei mit dem von Ohrlochstechen vergleichbar, greife dabei nicht, fanden die Karlsruher Richter. Piercings oder Ohrlochstechen seien nämlich nicht als operative plastisch-chirurgische Eingriffe im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c Heilmittelwerbegesetz (HWG), sondern lediglich als oberflächliche ästhetische Veränderungen der Haut einzustufen. Sie fielen deshalb auch nicht unter das Werbeverbot des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 HWG.

Der BGH betonte in seiner Entscheidung, dass der Begriff des „operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs“ weit gefasst werden müsse. Dies sei nicht nur mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar, sondern entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers.

Der BGH bestätigte damit die Entscheidung aus Hamm und setzte dem ästhetischen Influencertum Grenzen.

Zitiervorschlag

Dicke Lippe(n) vorm Bundesgerichtshof:

. In: Legal Tribune Online,
31.07.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/57572 (abgerufen am:
31.07.2025
)

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