In anderen Städten gibt es sie längst: Fußgängerampeln mit Motiven von gleichgeschlechtlichen Paaren. Auch in Hildesheim – doch dort sorgen sie für Ärger. Ein Richter stellt eines ganz klar.
Für einen Mann sind die gleichgeschlechtlichen Ampelpärchen in Hildesheim ein Grund für Unmut – es kommt zum Prozess, zunächst ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht (VG) Hannover hat die Klage gegen die Fußgängerampel mit lesbischen und schwulen Paaren als schon unzulässig abgewiesen (Urt. v. 23.09.2025, Az. 7 A 4883/23).
Das Gericht könne bereits die Möglichkeit einer Verletzung der Rechte des Klägers „nicht nachvollziehen“, sagt der Vorsitzende Richter Arne Gonschior zur Begründung. Es sei „überhaupt nicht erkennbar“, dass dieser durch die Ampelmännchen in seinen Rechten verletzt sei, etwa in Fragen der sexuellen Selbstbestimmung.
Kläger versteht sich als „wertkonservativ“
Der Rat der Stadt Hildesheim hatte die Umrüstung der grünen Streuscheiben der Ampeln im Juni 2023 beschlossen; in diesem Jahr wurde sie umgesetzt. Seit Mitte Juni zeigen demnach insgesamt 14 Ampelanlagen an drei Stellen im Stadtgebiet bei Grün gleichgeschlechtliche Ampelpärchen statt der üblichen Fußgängerfiguren.
Der Kläger – der zur Verhandlung nicht erschien – war gegen die Umrüstung rechtlich vorgegangen. Er begreife sich als wertkonservativ, sagt eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts. Die Darstellung gleichgeschlechtlicher Pärchen als Ampelsymbol schränke ihn nach eigener Einschätzung in seinem Erziehungsstil ein. Auch
fühlt er sich laut Gericht in seiner Identität als Mann gemäß Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in unrechtmäßiger Weise ungleich behandelt und in seiner heterosexuellen Orientierung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) beeinträchtigt – ebenso in seinen Elternrechten (Art. 6 Abs. 2 GG), da seine Kinder der Wahrnehmung der Ampelzeichen ausgesetzt seien. Darüber hinaus geht er von einem Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung aus.
Richter: Ampelzeichen zeigen „gesellschaftliche Realität“
Eine Verletzung der Straßenverkehrsordnung sehe das Gericht nicht, sagt der Richter. Die Vorschriften schützten den Kläger nicht individuell. Anders wäre dies, wenn das grüne Lichtzeichen etwa gegen ein blaues ausgetauscht worden wäre – „das gibt es im Straßenverkehr nicht“. Er hätte gerne darüber mit dem Kläger diskutiert, sagt Gonschior.
Von einer Ungleichbehandlung sei auch nicht auszugehen: Die Ampelmännchen zeigten sowohl Männer als auch Frauen, ein abermaliger Austausch der Motive hätte demnach weder Vor- noch Nachteile für den Kläger. Auch eine Beeinträchtigung der sexuellen Orientierung sei nicht erkennbar, den meisten seien die Ampelmotive wohl „wurscht“. Zur Frage des Elternrechts sagt Gonschior in aller Deutlichkeit: „Die Ampelzeichen zeigen die gesellschaftliche Realität, die kann der Kläger nicht ausblenden.“
In anderen Kommunen gehören gleichgeschlechtliche Ampelmotive schon länger zum Stadtbild: In Hannover etwa wurden vor fünf Jahren Fußgängerampeln mit grün leuchtenden Pärchen in Betrieb genommen. Seit 2022 setzen gleichgeschlechtliche Ampelpaare in Braunschweig ein Zeichen für mehr Toleranz.
Hoffnung auf Rechtsfrieden
Grundsätzlich erklärt der Richter: Immer dann, wenn nicht erkennbar sei, dass ein Kläger in seinen individuellen Rechten verletzt werde, sei eine Klage unzulässig. Der Justiziar der Stadt Hildesheim sagt zu dem Urteil, es entspreche „unserer Argumentation vollumfänglich, wir sehen uns bestätigt“.
Gonschior sagte, er hoffe nun auf Rechtsfrieden. Der Kläger kann jedoch einen Antrag auf Zulassung der Berufung beim niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg stellen.
Wie das Gericht weiterhin mitteilte, führt der Mann noch ein weiteres Verfahren: In seiner Funktion als Ratsherr hat er gegen den (die vielfältigen Ampelpärchen ermöglichenden) Ratsbeschluss der Stadt Hildesheim geklagt – Ausgang offen.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Zitiervorschlag
VG Hannover gibt grünes Licht:
. In: Legal Tribune Online,
23.09.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58209 (abgerufen am:
23.09.2025
)
Kopieren
Infos zum Zitiervorschlag