Die Bundestagsverwaltung verweigerte drei Mitarbeitern von AfD-Politikern den Parlamentshausausweis. Einer von ihnen, Ulrich Oehme, ging per Eilantrag dagegen vor und scheiterte nun: Seine engen Kontakte zu Russland seien zu bedenklich.
Im September lehnte die Verwaltung des Deutschen Bundestags die Erteilung von Hausausweisen und Zugangsberechtigungen zu den IT-Systemen für mehrere Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten ab. „Grundlage dieser Entscheidung waren sicherheitskritische Erkenntnisse im Rahmen der notwendigen Zuverlässigkeitsüberprüfung“, so die Bundestagspressestelle damals, als LTO darüber berichtete. Einer der Betroffenen, der ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme (er saß von 2017 bis 2021 im Bundestag), ist heute Mitarbeiter des sächsischen AfD-Abgeordneten Edgar Naujok und ging dagegen mit einem Eilantrag vor. Jedoch ohne Erfolg, wie nun bekannt wurde.
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin bestätigte am Donnerstag die Entscheidung der Parlamentsverwaltung und lehnte den Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (Beschl. v. 30. 10. 2025, Az. VG 2 L 437/25). Wegen Kontakten zu russischen staatlichen Stellen habe die Parlamentsverwaltung zu Recht die Ausstellung eines personalisierten Bundestagsausweises (sogenannter Hausausweis) verweigert, heißt es in einer Presserklärung des Gerichts vom Freitag. Dass die Bundestagsverwaltung die Versagung des Ausweises auch damit begründet hatte, dass Oehme mit seiner Forderung nach Remigration Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung offenbare, spielte für das Gericht dabei schon keine Rolle mehr.
Zuverlässigkeitsprüfung nach Hausordnung des Bundestags
Die Zutrittsberechtigung zu den nicht für die Öffentlichkeit zugänglichen Gebäuden des Deutschen Bundestags – etwa für das Reichstagsgebäude (bis auf das Plenum, in das nur Abgeordnete dürfen) – ist in der Hausordnung des Deutschen Bundestags (BTHausO) geregelt. Diese wiederum hat ihre Rechtsgrundlage in Art. 40 Grundgesetz (GG). Nach Art. 40 Abs. 2 S. 1 GG übt der Präsident das Hausrecht und die Polizeigewalt im Gebäude des Bundestags aus. Die Vorschrift fungiert sowohl als Aufgabenzuweisungs- als auch als Befugnisnorm für konkrete, auch belastende Einzelmaßnahmen.
Nach § 2 Abs. 2 Ziffer 3c BTHausO erhalten grundsätzlich auch die mit einem Arbeitsvertrag beschäftigten Mitarbeiter der Mitglieder des Deutschen Bundestags auf Antrag einen personalisierten Bundestagsausweis. Allerdings wird zuvor eine sogenannte Zuverlässigkeitsprüfung durchgeführt. Demnach kann ein Hausausweis abgelehnt werden, wenn begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit der antragstellenden Person bestehen.
Das sei beim Antragsteller Oehme der Fall, so nun das Gericht. Seine Kontakte zu russischen Stellen bzw. zu Personen, die ihrerseits mit russischen staatlichen Stellen zusammenarbeiteten, begründeten greifbare und naheliegende Risiken für die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Deutschen Bundestags.
Enge Verbindung zu russischem Geheimdienstangehörigen
Der ehemalige AfD-Abgeordnete weise enge Verbindungen zu einem russischen Staatsangehörigen auf, der seinerseits aktiv mit russischen Geheimdienstangehörigen zusammengearbeitet habe. Diese hätten beabsichtigt, sich Zugang zum Deutschen Bundestag und zur Politik zu verschaffen, um den demokratischen Prozess und die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden. Daher habe die EU diesen russischen Staatsangehörigen bereits sanktioniert. Die enge Verbindung zwischen Oehme und dem Russen zeige sich an gemeinsamen Aktivitäten mit Bezug zu Russland, unter anderem habe der russische Staatsangehörige für das Unternehmen Oehmes gearbeitet. Die beiden hätten außerdem gemeinsam eine gGmbH gegründet.
Im LTO vorliegenden, anonymisierten Beschluss des VG heißt es, dass „der Antragsteller“ (Oehme) und der Russe gemeinsam im Februar 2021 gemeinsam mit dem Rektor der Schirinowski-Hochschule in Moskau das „Institut für Gesellschaftsforschung gGmbH“ gegründet hätten. „Über dieses Institut wurden bis zu seiner Liquidation im Januar 2025 die Spenden für den Verein VADAR e. V. (‚Vereinigung zur Abwehr der Diskriminierung und der Ausgrenzung Russlanddeutscher sowie russischsprachiger Mitbürger in Deutschland‘) abgewickelt, dessen Gründungsmitglied und Vorsitzender wiederum der Antragsteller ist.“
Kontakt zur sanktionierten russischen Menschenrechtskommissarin
Weiter, so das VG, zeige sich die „Nähe des Antragstellers zu einer fremden Macht“ auch darin, dass er persönlichen Kontakt zur – ebenfalls von der EU sanktionierten – Menschenrechtskommissarin der Russischen Föderation gehabt habe. Dieses Amt hat seit 2016 Tatjana Moskalkowa inne. Als Vorsitzender des VADAR e. V. habe sich Oehme im Rahmen eines Gefangenenaustauschs – an den offiziellen diplomatischen Kanälen der Bundesregierung vorbei – zugunsten eines im Oktober 2022 von ukrainischen Streitkräften festgenommenen deutschen Staatsangehörigen, der nach Moskau verbracht werden wollte, an sie gewandt. Oehme habe aktiv prorussische Narrative unterstützt, die auf den russischen Militärgeheimdienst zurückgingen.
Bei dieser Sachlage, so das Gericht, komme es nicht mehr darauf an, ob die Forderung des Antragstellers nach Remigration einen weiteren Unzuverlässigkeitsgrund darstelle und ihm der Hausausweis auch deswegen versagt werden durfte.
Der Bundestagsverwaltung bescheinigt das VG abschließend, eine „rechtlich nicht zu beanstandende Abwägung“ vorgenommen zu haben. Im Beschluss heißt es: „Gerade in Zeiten hybrider Kriegsführung, in denen von Seiten etwa der Russischen Föderation gezielt und auf vielfältige Art und Weise eine Destabilisierung des politischen Systems der westlichen Welt, insbesondere der Bundesrepublik Deutschland, verfolgt wird, sind greifbare und naheliegende Risiken für die Belange der Bundesrepublik Deutschland sowie die Funktions- und Arbeitsfähigkeit des Parlaments auszuschließen, wie sie durch den Antragsteller und dessen Kontakte zu russischen Stellen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit drohen.“
Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.
Zitiervorschlag
VG zu Sicherheitsbedenken wegen Russland-Kontakten:
. In: Legal Tribune Online,
31.10.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58512 (abgerufen am:
31.10.2025
)
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