EuGH-Urteil: Mitgliedstaaten müssen Mindestlöhne sozial gerecht gestalten
- Lesezeit: 6 Minuten
- Erstellt: 11. November 2025
Heute hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Grundprinzipien der EU-Mindestlohnrichtlinie weitgehend bestätigt gleichzeitig erklärte er bestimmte Vorgaben für nichtig. Damit bleibt der Weg für fairere Löhne in Europa grundsätzlich offen, allerdings sind die Mitgliedsstaaten künftig stärker selbst für die Höhe der Mindestlöhne verantwortlich.
Konkret hob der EuGH auf, dass die EU keine detaillierten Kriterien für die Festlegung und Anpassung von Mindestlöhnen vorgeben darf, etwa Kaufkraft, Lohnniveau oder Produktivitätsentwicklung. Die Höhe der Löhne fällt nach den EU-Verträgen in die Verantwortung der einzelnen Länder. Andere Regelungen der Richtlinie, wie Mindestlöhne an die Angemessenheit von Lebensstandards zu koppeln und Referenzwerte wie 50 % des Durchschnittslohns oder 60 % des Medianlohns zu berücksichtigen, bleiben jedoch bestehen.
Darüber hinaus bekräftigte das Gericht die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, Strategien zur Stärkung der Tarifbindung zu entwickeln. Ziel bleibt, dass möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Tarifverträge abgesichert werden. Für Deutschland hat das Urteil vorerst keine unmittelbaren Folgen.
Gaby Bischoff, stellvertretende Vorsitzende der S&D-Fraktion:
„Das Gerichtsurteil hat die EU-Richtlinie zu angemessenen Mindestlöhnen zu einem Großteil bestätigt. Damit wird auch bekräftigt, was Europäer*innen seit langem fordern: faire und angemessene Löhne für Alle. In Zeiten von stark steigenden Lebenshaltungskosten und einer Wohnraumkrise in Europa ist dies ein starkes Signal der Hoffnung und für Soziale Gerechtigkeit. Das Urteil bestätigt, dass die EU Maßnahmen ergreifen muss, um sicherzustellen, dass jeder Arbeitnehmer in der Lage ist, ein angemessenes Leben zu führen und nicht „arm trotz Arbeit“ zu sein.“
„Zwar hat der Gerichtshof den Absatz über die technischen Detailregelung der Angemessenheit von Mindestlöhnen annulliert, aber das entbindet Mitgliedsstaaten nicht davon, entsprechende Kriterien zu nutzen, die klar bestimmen, was faire und angemessene Mindestlöhne sind. Jetzt gilt: Bislang haben nur neun Mitgliedstaaten die Richtlinie vollständig umgesetzt. Wir fordern die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission auf, ihre Bemühungen zur ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie zu verstärken. Es gibt jetzt keine Ausreden mehr für Verzögerungen.“
„Das ist das richtige Signal auch für Berlin. Gerade in großen Städten, wo die Lebenshaltungskosten stark gestiegen sind, garantiert der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland noch keinen angemessenen Lebensstandard.“
DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Dienstag in Berlin:
„Heute ist ein guter Tag für Millionen Beschäftigte in Deutschland und der Europäischen Union. Nach der Entscheidung des EuGH sind die EU-Mitgliedsstaaten nunmehr verpflichtet, für eine höhere Tarifbindung zu sorgen, wenn sie unter 80 Prozent der Beschäftigten im jeweiligen Mitgliedsstaat liegt. Mit diesem Urteil stärkt der EuGH die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und den Zusammenhalt in Europa, denn: Ein gemeinsamer Wirtschaftsraum braucht soziale Leitplanken. Insbesondere Niedriglohnbeschäftigte brauchen klare Regelungen auf dem Arbeitsmarkt. Die Bundesregierung ist nun aufgefordert, schnellstmöglich einen wirkungsvollen Aktionsplan für mehr Tarifverträge auf den Weg zu bringen, wie ihn die EU-Mindestlohnrichtlinie vorsieht.
Bedauerlich ist, dass der EuGH einheitliche europäische Kriterien für angemessene Mindestlöhne gekippt hat. Das entbindet die Mitgliedsstaaten aber nicht, eigene nationale Kriterien festzulegen. Die Bundesregierung sollte nun das nationale Mindestlohngesetz dahingehend überprüfen. Bestätigt hat der Gerichtshof, dass die Mitgliedsstaaten einen Referenzwert für angemessene gesetzliche Mindestlöhne ansetzen müssen. Damit wurde die deutsche Regelung bestätigt, dass der Mindestlohn 60 Prozent des Medianstundenlohns von Vollzeitbeschäftigten betragen soll.“
Zum heutigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die EU-Mindestlohnrichtlinie erklärt die Europaabgeordnete Katrin Langensiepen (Greens/EFA):
„Der EuGH hat entschieden, dass Absatz 2 und 3 von Artikel 5 der Mindestlohnrichtlinie aufgehoben werden. Gleichzeitig bleibt der größte Teil der Richtlinie bestehen. Das ist eine wichtige Bestätigung unserer parlamentarischen Arbeit. Die EU darf Mindestlöhne stärken und soziale Mindeststandards sichern.“
Das Gericht stellt fest, dass die Richtlinie Mitgliedstaaten mit gesetzlichen Mindestlöhnen verpflichtet, bestimmte Kriterien bei der Festlegung und Aktualisierung dieser Löhne zu berücksichtigen. Damit werden einzelne Elemente der Mindestlohnsysteme harmonisiert, was der EuGH als Eingriff in die Festlegung von Entgelten wertet. Ebenso beanstandet wurde die Vorschrift, die eine Absenkung gesetzlicher Mindestlöhne bei automatischer Indexierung verhindert.
Langensiepen betont: „Wichtig ist, dass der Kern bestehen bleibt. EU-Länder müssen weiter dafür sorgen, dass Mindestlöhne fair, angemessen und überprüfbar sind. Das Ziel, Armut trotz Arbeit zu bekämpfen, bleibt bestehen. Das ist entscheidend. Dieses Urteil ändert nichts an der Verpflichtung, menschenwürdige Löhne sicherzustellen.“
Sie fügt hinzu: „Jetzt liegt es an den Regierungen, die verbleibenden Vorgaben der Richtlinie umzusetzen. Faire Bezahlung ist ein Grundrecht. Sie stärkt den sozialen Zusammenhalt und schützt besonders Menschen in prekären Jobs, Frauen und Menschen mit Behinderungen. Europa darf hier nicht zurückweichen.“
Quelle: ots/dm – news aktuell
Autor: Redaktion über ots – news aktuell
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