Wie zuvor das VG Berlin hält auch das VG Karlsruhe die Einstufung Georgiens als sicheren Herkunftsstaat für nicht mit EU-Recht vereinbar. Das Gericht wendete die Regelung daher nicht an. Ab Sommer 2026 gilt eine andere Rechtslage.
Georgien ist kein sicheres Herkunftsland. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe entscheiden (Urt. v. 14.11.2025, Az. 18 K 4125/25 u. 18 K 4074/25). Die zugrundeliegenden Klagen blieben zwar ohne Erfolg, doch die Regelung im Asylgesetz wollte das Gericht nicht anwenden, die Einstufung als sicher sei europarechtswidrig.
Die beiden georgischen Staatsangehörigen waren im Jahr 2022 nach Deutschland eingereist. Ende 2023 stufte Deutschland die ehemalige Sowjetrepublik Georgien als sicheren Herkunftsstaat ein. Mit so einer Einstufung kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) davon ausgehen, dass in Georgien keine systematische Verfolgung oder unmenschliche Behandlung stattfindet. Asylanträge von Menschen aus Georgien können dann bereits als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden.
So geschah es auch bei diesen Beiden. Zudem stellte das BAMF – wie es in diesen Fällen dann Standard ist – fest, dass keine nationalen Abschiebungsverbote vorliegen, drohte mit einer Ausreisefrist von einer Woche die Abschiebung nach Georgien an und verfügte je ein Einreise- und Aufenthaltsverbot.
Auf die Eilanträge verlängerte das VG Karlsruhe in einem der Fälle die Ausreisefrist auf 30 Tage nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens, im anderen blieb es jedoch bei der einen Woche. Im Hauptsacheverfahren blieben beide Personen nun erfolglos, sie bekommen keinen Schutzstatus.
Land muss für alle und überall sicher sein
Allerdings betonte das VG, dass Georgien nach der geltenden Rechtslage und der entsprechenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht als sicherer Herkunftsstaat gelten dürfe. Die entsprechende Einordnung im deutschen Asylgesetz hält die Kammer für unvereinbar mit EU-Recht und hat sie daher nicht angewandt.
Das Gericht verwies auf Urteile des EuGH (v. 04.10.2024, Az. C-406/22 u. v. 01.08.2025, Az. C-758/24 u. C-759/24). Danach kann ein Land nur dann als sicher eingestuft werden, wenn der gesamte Staat für alle Personen sicher ist. Dies ist zumindest bis zum 12. Juni 2026 noch geltendes Recht nach der Asylverfahrensrichtlinie.
Im Juni 2026 wird sich das ändern. Dann tritt die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) in Kraft, die aus elf Rechtsakten besteht. Damit werden u.a. die EU-Mitgliedstaaten territoriale oder persönliche Ausnahmen für bestimmte Personengruppen vorsehen können – und damit mehr Länder als sicher einstufen, auch wenn sie das für bestimmte Personen oder in bestimmten Regionen faktisch nicht sind.
Aber noch ist es nicht so weit. In Georgien seien die abtrünnigen Gebiete Abchasien und Südossetien, die völkerrechtlich zu Georgien gehören, keine sicheren Regionen. Damit kann das Land nicht als sicherer Herkunftsstaat eingestuft werden. So hatte es vor dem VG Karlsruhe bereits das VG Berlin entschieden (Beschl. v. 11.03.2025, Az. VG 31 L 473/24 A u. VG 31 L 475/24 A).
Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils die Zulassung der Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg beantragen.
tap/LTO-Redaktion
Zitiervorschlag
VG Karlsruhe zu sicherem Herkunftsstaat:
. In: Legal Tribune Online,
02.12.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58766 (abgerufen am:
02.12.2025
)
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