Eine Frau hatte online einen Termin für ein Permanent Make-up gebucht und direkt bezahlt. Erst kurz vor dem Termin wurde sie über die Risiken informiert. Das AG München sagt: Kommt die Aufklärung so spät, bekommt die Kundin alles Geld zurück.
Permanent Make-up (PMU) mag je nach Anwendungsgebiet auf Dauer angelegt sein – Verträge sind es dagegen nicht zwingend. Jedenfalls dann nicht, wenn wesentliche Informationen erst offengelegt werden, wenn die Kundin praktisch schon auf dem Behandlungsstuhl sitzt. Genau das hat das Amtsgericht (AG) München einer Kosmetikerin nun unmissverständlich klargemacht: Wer über Risiken erst nach Vertragsschluss aufklärt, eröffnet der Kundin den Rücktritt und damit den Weg zur Rückzahlung (Urt. v. 03.10.2025, Az. 191 C 11493/25).
Im Frühjahr 2024 hatte eine Münchenerin über ein Online-Portal bei einer Münchner Kosmetikerin zwei Sitzungen für ein permanentes Lippen-Make-up gebucht. Nach ein paar schnellen Klicks zahlte sie auch gleich online. Der Preis betrug 120 Euro, die die Kundin vollständig im Voraus entrichtete. Über mögliche gesundheitliche Risiken verlor der Anbieter beim Buchungsvorgang allerdings kein Wort.
Die Gesundheitsaufklärung holte die Kosmetikerin erst beim vereinbarten Behandlungstermin nach. Kurz vor der Behandlung wies sie darauf hin, dass das PMU auf Lippen lediglich ein bis zwei Wochen halte und nicht ganz risikofrei sei. Als die Kundin der Kosmetikerin auf Fragen zu ihrer Gesundheit antwortete, machte die Anbieterin einen Rückzieher: Wegen des Gesundheitszustandes der Kundin seien die Risiken bei ihr größer als üblich. Sie riet von der Durchführung der Behandlung letztlich ab, ein Lippen-PMU wurde an diesem Tag nicht aufgetragen.
Gutschein statt Geld zurück
Die bereits gezahlten 120 Euro wollte die Kosmetikerin der Kundin aber nicht erstatten. Stattdessen bot sie ihr einen Gutschein an. Die Kundin winkte ab, setzte per WhatsApp eine Frist zur Rückzahlung und wartete vergeblich.
Nachdem auch eine Mahnung nichts brachte, landete der Streit vor dem AG München. Dort bekam die klagende Kundin nun vollumfänglich Recht: Das AG verurteilte die beklagte Kosmetikerin dazu, die 120 Euro zurückzuzahlen, außerdem Zinsen sowie die Kosten des Inkassodienstleisters zu ersetzen.
Tragender Grund der Entscheidung war die unterbliebene Risikoaufklärung vor Vertragsschluss. Die angebotene kosmetische Behandlung sei mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Daraus folge eine Pflicht zur umfassenden Aufklärung bereits vor Abschluss des Behandlungsvertrags (§ 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)), so das Gericht.
Konkret regelt § 241 Abs. 2 BGB sogenannte Rücksichtnahmepflichten. Vertragspartner müssen danach auf die Rechte und Interessen des anderen Rücksicht nehmen. Bei Behandlungen mit Gesundheitsrisiken bedeutet das: Kundinnen müssen frühzeitig wissen, worauf sie sich einlassen.
Zu spät informiert
Die Kosmetikerin hat laut AG nicht nachweisen können, dass eine solche Aufklärung bereits im Rahmen der Online-Buchung erfolgt sei. Die Kundin habe hingegen glaubhaft gemacht, erst unmittelbar vor der geplanten Behandlung davon erfahren zu haben.
Diese verspätete Aufklärung reichte dem Gericht nicht aus, um von einem Rücktrittsanspruch abzusehen. Im Gegenteil: Eine so späte Aufklärung eröffne gerade erst den Weg zum Rücktritt. Ein solcher nach §§ 346 ff. BGB erlaubt es, sich nachträglich vom Vertrag zu lösen, wenn dafür ein rechtlicher Grund besteht.
Da die Kundin die Behandlung nach der Risikoaufklärung berechtigterweise nicht in Anspruch genommen habe, bestehe auch keine Vergütungspflicht, so das AG. Auch an eine kostenpflichtige Stornierung sei unter diesen Umständen nicht zu denken. Die Kosmetikerin müsse den bereits gezahlten Betrag im Ergebnis vollständig zurückzahlen.
Das Urteil ist rechtskräftig.
xp/LTO-Redaktion
Zitiervorschlag
AG München bejaht Rücktrittsrecht:
. In: Legal Tribune Online,
15.12.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58865 (abgerufen am:
15.12.2025
)
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