Ein besonderer Bonus wurde am Mittwoch beim Literarischen Sommer in der Zentralbibliothek präsentiert: „Normal“ seien vier Lesungen in Mönchengladbach, zwei von niederländischen, zwei von deutschen Autoren und Autorinnen, erklärte Peter Brollik vom Förderverein der Zentralbibliothek, der sich „Lust am Lesen“ nennt. Der Verein mache dem Literatursommer das Geschenk einer fünften Lesung. Mit diesen Worten stellte Brollik die Autorin Esther Dischereit vor.

Sie sei eine der wichtigsten Stimmen jüdischen Lebens in Deutschland. Die Autorin erhielt 2009 den Erich-Fried-Preis und ist in diesem Jahr für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Auf diese Weise von Brollik anmoderiert, stellte Esther Dischereit ihren 2024 erschienenen Roman „Ein Haufen Dollarscheine“ vor.

Er spiele, so erklärte Brollik, in einer Berliner Flughafenlounge, einem Ort des Transits, des Dazwischen, und schildere die Auswirkungen der Shoa auf die nachfolgenden Generationen. Eine Tante und ein Neffe, beide nicht näher bezeichnet, reden über Familienangelegenheiten.

60 Namen von Personen kämen vor, so Brollik, 20 Orte quer über den Globus würden erwähnt. „Wenn Sie einmal nicht mitkommen“, so Dischereit als Trost an ihre zukünftigen Leserinnen und Leser, „dann macht das nichts, ich komm auch nicht immer mit.“ Ihre schwere Kost trug sie leicht vor, mimte zum besseren Verständnis eine Szene, in der ein Kellner mit Unmengen von Tellern und Gläsern jongliert, wandte sich zwischendurch an ihr Publikum und scherzte. Die schwere Kost ihres Themas ist bei aller Tragik auch leicht und mit leisem Humor geschrieben. Nur so kann man Sätze einordnen und aushalten wie „Kinder, die nach der Nazizeit geboren werden, verschwinden – hinter den Verstorbenen oder den Hinterbliebenen“ und „Es ist, als ob die Getöteten niemals schliefen“ oder „Dass Jüdinnen am Holocaust sterben, ist klar, dass Jüdinnen an Brustkrebs sterben, unmöglich“.

Die Traumatisierung versteckter jüdischer Kinder wird thematisiert. Auch mit der Geschichte des Eisenbahners Fritz Knittel, der den Mut hatte, Dischereits Mutter und Schwester vor den Nazis zu retten und zu verstecken, beschäftigt sich die Autorin. Und der NSU kommt vor. Das Buch „Ein Haufen Dollarscheine“ ist geschrieben wie eine Collage, es gibt keinen chronologischen Verlauf der Erzählung.

Esther Dischereit wurde 1952 in Hessen geboren. Bevor sie als Schriftstellerin und Journalist tätig wurde, arbeitete sie in der Metallindustrie und als Setzerin, hielt später Gastvorlesungen an US-amerikanischen Universitäten, war Professorin an der Universität für angewandte Kunst in Wien und Gewerkschaftsreferentin der ÖTV. Sie lebt in Berlin und Wien.