Eine propalästinensische Demonstration am Jahrestag des Terrorangriffs auf Israel kann stattfinden. Die Stadt Frankfurt will nicht weiter juristisch dagegen vorgehen. Der Verfassungsschutz warnt derweil vor einer „erheblichen Gefährdungslage“.
In Frankfurt am Main darf eine propalästinensische Demonstration nun doch erneut am Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel stattfinden. Die Stadt verzichtet auf eine Beschwerde gegen eine entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Frankfurt am Main (Beschl. v. 06.10.2025, Az. 5 L 4953/25.F). Stattdessen erließ die Stadt eine Beschränkungsverfügung.
Die Route für die Demonstration am Dienstagabend sei angepasst worden, außerdem würden die Teilnehmer auf strafrechtlich problematische Äußerungen hingewiesen. Die Polizei werde mit Entschlossenheit gegen antisemitische Auswüchse und strafbare Handlungen vorgehen.
Stadt befürchtet Gefahr – Gericht widerspricht deutlich
Der Demonstrationszug wurde mit dem Titel „77 Jahre Widerstand – kein Frieden ohne Freiheit!“ angemeldet. Zwischen 18 und 22 Uhr werden an diesem Dienstag voraussichtlich 1.000 Menschen durch die Frankfurter Innenstadt ziehen.
In der vergangenen Woche hatte die Stadt Frankfurt ein Verbot erlassen und dieses auf die mit dem Datum der Versammlung erwartbare Symbolik und eine polizeiliche Gefahrenprognose gestützt. Eine solche Versammlung an diesem Tag könne als Verherrlichung von Gewalt und Billigung schwerer Straftaten interpretiert werden, hatte die Stadt argumentiert.
Das VG gab allerdings einem Eilantrag der Demo-Anmelder gegen das Verbot statt. Es begründete die Entscheidung unter anderem damit, dass das Datum alleine nicht für ein Verbot ausreiche. Auch die hohe Wahrscheinlichkeit für gewalttätige Auseinandersetzungen aufgrund der polizeilichen Gefahrenprognose stellte das Gericht infrage, es handele sich insoweit „um eine bloße Behauptung der Stadt“.
Ebenfalls bemängelte das VG, die Stadt habe Verfahrensrechte der Antragsteller verletzt, indem sie die Verbotsentscheidung bereits in einer Pressemitteilung veröffentlichte, obwohl die Anhörungsfrist noch lief. Damit degradiere die Stadt die Demo-Anmelder zum bloßen Objekt staatlichen Handels, meint das VG.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) warnte am Montag mit Blick auf den Jahrestag vor einer „erheblichen Gefährdungslage“ für Deutschland. „Wir beobachten, wie in Deutschland Aufrufe erfolgen – teilweise verdeckt, teilweise offen – zu Anschlägen auf (pro-)jüdische und (pro-)israelische Einrichtungen“, erklärte Behördenleiter Sinan Selen. Kürzlich vereitelte das BfV laut eigenen Angaben Anschlagspläne der Hamas in Deutschland.
Demo in Berlin untersagt
Denselben Streit gab es bereits im Vorjahr – auch damals ermöglichte das VG Frankfurt eine entsprechende Demo am Jahrestag des Terrorangriffs. Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) erklärte, es sei unerträglich, „dass gerade am 7. Oktober zu Pro-Palästina-Demonstration aufgerufen wird. Dieses Datum zeigt das verwerfliche Denkmuster dieser Demonstration“. Ausgerechnet an diesem Tag gegen Israel zu demonstrieren, sei an Zynismus nicht zu überbieten.
Auch anderswo gibt es dieser Tage propalästinensische Demonstrationen. Am vergangenen Wochenende – an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag – demonstrierten zahlreiche Personen in Bonn in unmittelbarer Nähe zur Synagoge. Mehrere jüdische Personen, insbesondere ältere Gemeindemitglieder, wurden dabei in ihrer Religionsausübung gestört und fühlten sich laut einem Bericht des General Anzeiger bedroht.
In Berlin hat die Polizei derweil eine propalästinensische und antiisraelische Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz verboten. Grund sei ein zu erwartender gewaltsamer Verlauf, sagte ein Sprecher. Der Tagesspiegel hatte zuvor berichtet. Die für den Abend angemeldete Demonstration trug den Titel: “Stoppt den Völkermord”. Angemeldet waren 150 Teilnehmer. Im Internet gab es Aufrufe mit gewaltverherrlichenden Sätzen. Schon am Dienstagmorgen hatte die Berliner Polizei eine antiisraelische Demonstration mit verbotenen Parolen gestoppt.
Jahrestag von Massaker an Juden
Am Morgen des 7. Oktober 2023 verübte die Hamas gemeinsam mit weiteren islamistischen Terroristen das blutigste Massaker auf Juden seit der Schoa. Etwa 1.200 Personen wurden dabei ermordet und etwa 250 weitere Personen als Geiseln verschleppt – viele von ihnen setzten sich zeit ihres Lebens für Verständigung mit den Palästinensern ein. Seitdem befindet sich Israel in einem Schockzustand, insbesondere weil nach wie vor nicht alle Geiseln frei sind. Im Zuge dessen geht Israel, das neben Angriffen aus dem Gazastreifen gleichzeitig unter anderem noch mit solchen aus Jemen, Iran und dem Libanon beschäftigt ist, im Gazastreifen hart vor – dabei kommt es zu großem Leid für die Zivilbevölkerung.
Die internationale Staatengemeinschaft übte schon früh nach der Attacke vor zwei Jahren immer größeren Druck auf Israel aus, wohingegen bei der Freilassung der Geiseln nur schleppend kleinere Fortschritte erzielt wurden. Derweil erließ der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) – noch zur Zeit des wegen mutmaßlicher sexueller Übegriffe unter Druck stehenden Chefanklägers Khan – Haftbefehle gegen hochrangige Mitglieder beider Konfliktparteien. Die palästinensichen Beschuldigten wurden zwischenzeitlich von Israel liquidiert, eine tatsächliche Festnahme der israelischen Beschuldigten erscheint praktisch ausgeschlossen.
Aktuell laufen auf Grundlage einer Initiative von US-Präsident Trump intensive Verhandlungen, um den Krieg zu beenden – und alle Geiseln vom 7. Oktober 2023 endlich nach Hause zu bringen.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Zitiervorschlag
Am Jahrestag des Hamas-Terrorangriffs:
. In: Legal Tribune Online,
07.10.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58325 (abgerufen am:
07.10.2025
)
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