Ein Mann fotografiert eine joggende Frau im Park, was Fragen zu digitalem Voyeurismus aufwirft.

Bundesjustizminister Hubig möchte solche Fotos verbieten. KI generiert Grok

Ein Mann filmte im Frühjahr den Po einer joggenden Kölnerin. Erfolgreich anzeigen konnte sie ihn nicht, weil das Verhalten nicht strafbar ist. Nur will die Politik einen neuen Straftatbestand schaffen. Doch geht sie damit nicht zu weit? 

Das heimliche Foto von ihrem Po wollte Yanni Gentsch nicht tatenlos hinnehmen. Nachdem sie bemerkt hatte, dass ein Mann ihren Po beim Joggen filmte, ging sie zur Polizei und erstattete Anzeige. Doch dort wurde ihr mitgeteilt, dass das Verhalten des Mannes nicht strafbar sei. Zwar hat der Gesetzgeber 2022 mit § 184 k Strafgesetzbuch (StGB) das Filmen und Fotografieren des „Gesäßes“ unter Strafe gestellt, allerdings unter der Voraussetzung, dass dieses gegen Anblicke geschützt ist. Damit erfasst die Strafnorm etwa das Fotografieren unter den Rock (sogenanntes Upskirting). Wird hingegen lediglich das durch eine Hose bedeckte Gesäß aufgenommen, wird kein Anblicksschutz umgangen und eine Strafbarkeit scheidet aus.

Yanni Gentsch will das ändern und startete eine Petition „Voyeur-Aufnahmen strafbar machen“, die über 130.000 Unterzeichner:innen fand. Bei einigen Politikern stößt sie damit auf offene Ohren. Einem Bericht der Rheinischen Post zufolge wollen Nordrhein-Westfalen und Hamburg auf der Justizministerkonferenz am Freitag erreichen, dass derartige Aufnahmen strafbar werden. NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) sagte dazu der Zeitung: „Bei uns ist Schwarzfahren strafbar, das heimliche Filmen oder Fotografieren von intimen Stellen unseres Körpers aber nicht. Das setzt die falschen Prioritäten in unserer Rechtsordnung und zeigt, dass unser Sexualstrafrecht eine Generalüberholung braucht.“ Es dürfe für die Strafbarkeit eines Eingriffs in das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung keinen Unterschied machen, ob Haut oder Stoff im Bild sei und wie gut sich eine Frau gegen Video- oder Fotoaufnahmen schütze, so Limbach.

Bundesjustizministerin zeigt sich offen 

Auch Bundesjustizministerin Stefanie Hubig signalisiert Zustimmung und will sexuelle Belästigung und voyeuristische Aufnahmen stärker bekämpfen. Der Rheinischen Post sagte die SPD-Politikerin, Frauen müssten sich im öffentlichen Raum so selbstverständlich bewegen können wie Männer. „Sexueller Belästigung, digitalem Voyeurismus und vergleichbaren Übergriffen muss der Staat deshalb entschlossen entgegentreten – auch mit den Mitteln des Strafrechts“, sagte die Ministerin. Viele inakzeptable Übergriffe stünden bereits nach heutigem Recht unter Strafe, sagte Hubig. „Doch die Erfahrungen von Frauen und Mädchen zeigen: Unser Strafgesetzbuch ist nicht auf alle Formen von Grenzüberschreitungen gut aufgestellt.“

Im Bundesjustizministerium werde derzeit geprüft, wie man digitalen Voyeurismus „kriminalpolitisch und rechtsstaatlich überzeugend“ regeln könne. „Mein Ziel ist es, zügig einen praxistauglichen Gesetzentwurf vorzulegen – für einen besseren Schutz vor digitaler Gewalt, der uns bei der Ächtung von Aggression und Übergriffigkeit im öffentlichen Raum voranbringt“, so Hubig. Die Frage von LTO an das Bundesjustizministerium, ob die Ministerin damit Po-Fotos auch in Hosen generell unter Strafe stellen will, blieb unbeantwortet. Ein Sprecher verwies lediglich auf ihre Äußerungen in der Rheinischen Post. 

Strafverteidiger kritisiert geplante Änderung

Im Gespräch mit LTO sieht Strafverteidiger Yves Georg die geplante Änderung mehr als kritisch. Das Bundesverfassungsgericht selbst sage, das scharfe Schwert des Strafrechts sei als „ultima ratio“ einzusetzen und nur dann  erforderlich, wenn ein bestimmtes Verhalten in besonderer Weise sozial schädlich und für das geordnete Zusammenleben der Menschen unerträglich, seine Verhinderung daher besonders dringlich sei. Rechtsstaatliches Strafrecht unter dem Grundgesetz ist deshalb notwendig „fragmentarisches“ Strafrecht. Dies sei hier nicht gegeben. Vielmehr laufe eine solche Regelung auf ein weitgehendes Fotografierverbot hinaus. 

Die Gesetzesumsetzung dürfte in der Tat schwierig werden. Denn das Fotografieren etwa eines Pos oder von Brüsten muss nicht in der Nähe der fotografierten Person stattfinden. Auch eine Ganzkörperaufnahme von einer gewissen Distanz kann im Endeffekt zum gleichen Resultat führen, da ein Heranzoomen der entsprechende Stelle möglich ist. Vor diesem Hintergrund müsste letztlich ein sehr umfassendes Fotografierverbot geschaffen werden, um derartige Aufnahmen gänzlich zu verhindern. Alternativ müsste auf eine zusätzliche Bedrängung oder eine Nähesituation abgestellt werden, mit dem Ergebnis, dass hochauflösende Fotos aus der Ferne zulässig blieben. Eine LTO-Anfrage an das Justizministerium, wie die Grenze zwischen Straßenfotografie und strafbarem Voyeurismus rechtssicher bestimmt werden soll, blieb ebenfalls unbeantwortet. 

Zitiervorschlag

Gesetz gegen digitalen Voyeurismus:

. In: Legal Tribune Online,
03.11.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58523 (abgerufen am:
04.11.2025
)

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