Jahrelang galten Abschiebungen nach Syrien als undenkbar. Nach dem Regimewechsel sagt das VG Düsseldorf nun: Die Gefahrenlage ist akzeptabel, zwei Syrer können abgeschoben werden. Gleichzeitig läuft die Debatte über Rückführungen.
Für zwei syrische Asylbewerber besteht kein Abschiebungsschutz. Ein solcher ergebe sich weder aus einer hinreichend erhöhten Gefahrenlage noch aus drohender Verelendung. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf entschieden (Beschl. v. 04.11.2025, Az. 17 L 3613/25.A und 17 L 3620/25.A).
Die Entscheidung betrifft zwei Syrer, die zuvor in Österreich ohne Erfolg versucht hatten, Flüchtlingsschutz zu erlangen. Danach waren sie nach Deutschland gekommen. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) drohte ihnen die Abschiebung an, wogegen sie sich im einstweiligen Rechtsschutz an das VG Düsseldorf wandten. Dort hatten sie allerdings keinen Erfolg. Ein Abschiebungsschutz könne nur noch in Ausnahmefällen gewährt werden, so das VG.
VG: Keine ernsthaften Gefahren (mehr) in Syrien
Die 17. Kammer begründet ihre Entscheidung im Wesentlichen mit zwei Erwägungen: Erstens drohten Rückkehrern nach Syrien keine ernsthaften Gefahren (mehr). Das Ausmaß willkürlicher Gewalt sei in den Heimatprovinzen der Betroffenen (Damaskus und Latakia) nicht derart hoch, dass sie allein aufgrund ihrer Anwesenheit dort einer ernsthaften individuellen Bedrohung ihres Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit ausgesetzt wären. Vielmehr handele es sich bei der noch vorhandenen Gewalt um Einzelfälle, die in der Gesamtschau unbeachtlich seien.
Zweitens drohe syrischen Rückkehrern auch keine Verelendung. Ausgehend von aktuellen Erkenntnissen über die Lage, konkret auch über zur Verfügung stehende Rückkehr- sowie Hilfsprogramme, sei keine Notlage erkennbar, meint das Gericht. Es sei Rückkehrern insoweit möglich, durch Inanspruchnahme von Hilfeleistungen eine Verelendung zu auszuschließen. Ohne Belang sei dabei, ob das Existenzminimum in Syrien nachhaltig oder gar auf Dauer sichergestellt ist, so das Gericht abschließend.
Nach dem Sturz des Assad-Regimes im vergangenen Winter hatte das BAMF Asylverfahren von Syrern wegen der „vorübergehend ungewissen Lage“ zunächst ausgesetzt. Ein weiterer Aufschub sei jedoch nicht gerechtfertigt, entschied das VG Karlsruhe Ende Mai und verpflichtete das BAMF zu Entscheidungen.
Bundespolitik streitet weiter über Syrien
Die Bundespolitik diskutiert aktuell intensiv über syrische Flüchtlinge und deren mögliche Rückkehr in ihr Heimatland. Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte am Mittwoch: „Selbstverständlich steht der Bundeskanzler hinter dem Außenminister.“ Der Kanzler sei sehr zufrieden, wie mit dem Thema in der Unionsfraktion am Dienstag umgegangen worden sei. Der Außenminister, aber auch die anderen zuständigen Vertreter der Bundesregierung hätten die Positionen klargemacht.
Angesichts von Berichten über Kritik an Wadephul und Äußerungen von Teilnehmern, dass die Unterstützung für den Außenminister in der Fraktion schwinde, sprach Kornelius von einer etwas seltsamen Wahrnehmung. Es habe eine „verdichtete Wahrnehmung dieser Situation in der Öffentlichkeit“ gegeben, sowohl von politischer wie von medialer Seite. In der Fraktionssitzung habe er „diese Wahrnehmung nicht entwickeln können“.
Laut übereinstimmenden Medienberichten hatte Wadephul am Dienstag in jener Fraktionssitzung gesagt, Syrien sehe schlimmer aus als Deutschland 1945. Zuvor hatte er im Zuge eines Besuchs in Syrien medienwirksam angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde – dies sorgte für massiven Unmut in den eigenen Reihen. Vorwürfe, dass er zu sensibel mit der Thematik umgehe, wies Wadephul zurück: „Ich bin kein Weichei“, wurde er von Teilnehmern zitiert.
Kornelius sagte weiter, es gehe momentan darum, die Lage in Syrien zu stabilisieren, um eine Rückführung – also eine Abschiebung von Straftätern und Gefährdern – und die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen möglich zu machen. Dies sei ein Prozess, an dem die Bundesregierung arbeite – und an den viele rechtliche Voraussetzungen geknüpft seien. „Diese Verfahren können wir nicht beschleunigen, indem wir hysterisch darüber schreiben oder kommentieren, sondern die müssen rechtsstaatlich abgewickelt werden. Und das passiert.“
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte in Berlin auf die Frage eines Journalisten, ob Wadephul verstanden habe, dass die Union auf einen harten Migrationskurs setze und der Kanzler auf eine Außenpolitik aus einem Guss: „Wir kennen alle den Koalitionsvertrag, und in diesem Koalitionsvertrag haben wir Vereinbarungen getroffen. Und der Außenminister und ich, wir sind uns vollkommen einig, dass wir diese Vereinbarungen auch genauso umsetzen. Da gibt es keine unterschiedliche Einschätzung.“
jb/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Zitiervorschlag
VG Düsseldorf lehnt Eilanträge ab:
. In: Legal Tribune Online,
05.11.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58546 (abgerufen am:
06.11.2025
)
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