Vegan zu leben, wird für immer mehr Menschen zur Lebenseinstellung. Doch darf ein Häftling auf vegane Mahlzeiten pochen? Das Oberste Landesgericht in Bayern meint, vegetarisch reicht.
Für viele Menschen, die sich bewusst für ein veganes Leben entschieden haben, wirkt der gut gemeinte Hinweis auf ein “vegetarisches Angebot” wie ein Schlag ins Gesicht. Denn ihr Beweggrund erschöpft sich nicht darin, auf Fleisch zu verzichten – es geht ihnen um das gesamte System der Tierhaltung und die damit verbundene Ausbeutung. Ob ein Tier am Ende auf dem Teller landet oder sein Leben lang für Milch und Eier herhalten musste und dann geschlachtet wird, macht für sie keinen moralischen Unterschied.
So erging es auch einem Inhaftierten in Bayern. Der zu einer fünfmonatigen Haftstrafe verurteilte Mann beantragte im Gefängnis vegane Mahlzeiten. Die JVA bot ihm stattdessen vegetarisches und laktosefreies Essen an und verwies darauf, dass er in der Anstalt auch auf eigene Kosten vegane Lebensmittel erwerben könne. Auf die Rechtsbeschwerde des Mannes hin entschied nun das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG): Ein Inhaftierter in Bayern hat kein Anrecht auf vegane Kost (Beschl. v. 04.09.2025, Az. 203 StObWs 239/25).
Die Argumente des Inhaftierten: Tierwohl und Nachhaltigkeit
Der Inhaftierte berief sich erfolglos auf ethische Überlegungen zum Tierwohl sowie zur Nachhaltigkeit. Er sah seine Grundrechte aus Art. 4 Abs. 1 Grundgesetz, insbesondere die Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie die Freiheit der weltanschaulichen Überzeugungen, als verletzt an. Das BayObLG folgte dem nicht.
Ausgangspunkt der Entscheidung ist § 23 des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes (BayStVollzG). Dort ist geregelt, dass den Gefangenen zu ermöglichen ist, Speisevorschriften ihrer Religionsgemeinschaft zu verfolgen. Die Justizvollzugsanstalt hatte die moralisch-ethischen Überzeugungen des Häftlings akzeptiert und diese sogar mit religiösen Überzeugungen gleichgestellt. Vegan sein wurde damit überspitzt ausgedrückt als Religion im Sinne der Vorschrift anerkannt. Dennoch wurde der Antrag abgelehnt – zu Recht, meint das BayObLG. Denn es bestehe keine Verpflichtung, im Rahmen der Anstaltsverpflegung sämtliche Verbote und Gebote aller Glaubensgemeinschaften umzusetzen. Vielmehr müsse die Anstalt nur ermöglichen, dass Gefangene sich einzelne Speisen und Lebensmittel selbst beschaffen können.
Im Rahmen der vorgenommenen Abwägung berücksichtigt das Gericht einerseits das weltanschauliche Interesse des Antragstellers, andererseits die organisatorischen und wirtschaftlichen Grenzen des Vollzuges. Weil dem Antragsteller vegetarische bzw. laktosefreie Kost angeboten wurde und er ergänzend vegane Lebensmittel selbst erwerben konnte, sieht das Gericht die Grundrechte als gewahrt und die Entscheidung der Anstalt als ermessensfehlerfrei an. Im konkreten Fall sprachen weder medizinische noch religiöse Gründe gegen die Versorgung mit vegetarischer und laktosefreier Kost.
Laut dem BayStVollzG können sich Gefangene vom Haus-, Eigen- oder Taschengeld Nahrungs- und Genussmittel sowie Körperpflegeartikel kaufen. Die Anstalt hat demnach für ein passendes Angebot zu sorgen. Die Höhe der zur Verfügung stehenden Mittel variiert; das Hausgeld ist beispielsweise ein Teil des Arbeitsentgelts oder der Ausbildungsbeihilfe. Taschengeld ist für bedürftige Gefangene bestimmt.
fz/LTO-Redaktion mit Material von dpa
Zitiervorschlag
Gefangener scheitert vor Bayerischen Obersten Landesgericht:
. In: Legal Tribune Online,
17.11.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58642 (abgerufen am:
18.11.2025
)
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