Beate Zschäpe sagt im Prozess gegen ihre Freundin Susann Eminger vor dem OLG Dresden als Zeugin aus – stundenlang. Dabei kommen auch neue Details zum NSU ans Tageslicht.
Im Strafverfahren gegen Susann Eminger vor dem Oberlandesgericht (OLG) in Dresden hat die unter anderem wegen Mordes verurteilte Rechtsterroristin Beate Zschäpe als Zeugin ausgesagt (Az. 5 St 3/25). Dabei äußerte sie Einsicht in ihre Schuld. „Ich schäme mich“, sagte die mittlerweile 50-Jährige bei ihrer mehrstündigen Zeugenaussage.
Das Verfahren steht im Zusammenhang mit dem sogenannten Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Der NSU war jedenfalls ein Trio: Gemeinsam mit Beate Zschäpe verübten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ab dem Jahr 2000 mehrere Morde aus rassistischer Motivation. Zudem begingen sie mehrere Raubüberfälle und andere teils schwere Straftaten.
Mundlos und Böhnhardt töteten sich selbst, es verblieb Beate Zschäpe als Hauptangeklagte. Das OLG München verurteilte sie im Juli 2018 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe, das insbesondere hinsichtlich der Mittäterschaft durchaus umstrittene Urteil wurde 2021 rechtskräftig. Im Münchener Verfahren gab es noch weitere Angeklagte, unter ihnen auch NSU-Unterstützer André Eminger – der Ehemann der nun in Dresden angeklagten Susann Eminger, die den NSU ebenfalls unterstützt haben soll.
Zschäpe: NSU machte Urlaub auf Fehmarn
Vor dem OLG Dresden wird Zschäpe nun als Zeugin vernommen. Die sechs Jahre jüngere Eminger und sie verbindet ein freundschaftliches Verhältnis.
Zschäpe, die in der JVA Chemnitz einsitzt und mittlerweile an einem Aussteigerprogramm teilnimmt, beantwortete stundenlang die Fragen des Gerichts. Sie habe ihre Verurteilung von 2018 inzwischen in vollem Umfang angenommen, das habe aber eine Weile gedauert. Erst im Prozess habe sie angefangen, ihre Schuld einzusehen, sagte Zschäpe. Die Banküberfälle des Trios habe sie als weniger schlimm betrachtet. Erst durch die Zeugenaussagen vor dem OLG München habe sie die Auswirkungen ihrer Taten verstanden. Ein Zeuge habe etwa nicht mehr arbeiten können. „Natürlich macht das was mit einem“, sagte Zschäpe. Zu Opfern und Angehörigen habe sie keinen Kontakt aufgenommen. „Ich würde das als übergriffig empfinden“, sagte Zschäpe.
In Bezug auf Eminger erzählt Zschäpe unter anderem von Urlauben des NSU auf der Ostseeinsel Fehmarn. Das Trio habe dort jahrelang immer wieder Reservierungen auf Campingplätzen gehabt. Dafür habe man die Personalien der Emingers verwendet.
Die Identität von Susann Eminger habe sie zum ersten Mal kurz entschlossen verwendet, als die Polizei sie Anfang 2007 zu einer Zeugenaussage wegen eines Wasserschadens im damaligen Wohnhaus des NSU-Trios vorlud. Emingers Ehemann André habe sie zum Polizeirevier begleitet. Ihre spätere Freundin und enge Vertraute will Zschäpe zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht gekannt haben. Ein erstes Treffen soll es erst danach gegeben haben.
Nach etwa vier Stunden beschwerte sich Zschäpe über die Fragen des Gerichts. „Ich fühle mich ein bisschen unwohl, nicht klassisch wie bei einer Zeugenaussage“, sagte sie. „Ich habe das Gefühl, ich sitze auf der Anklagebank.“ Die Vorsitzende Richterin Simone Herberger betonte daraufhin, wie bereits zu Beginn des Verhandlungstages, dass Zschäpe als einziges überlebendes NSU-Mitglied zur Aussage verpflichtet sei. „Ich kann Ihnen die Beantwortung dieser Fragen nicht ersparen.“ Sie könne Zschäpe aber länger Zeit geben, sich damit auseinanderzusetzen.
Für eine Besprechung mit ihrem Anwalt unterbrach Herberger die Sitzung. Erst nach 40 Minuten ging es weiter, Zschäpe setzte ihre Aussage fort.
Am Donnerstag soll Zschäpe noch weiter befragt werden. Für den Prozess wurden bis Sommer 2026 insgesamt 44 Hauptverhandlungstage festgelegt.
OLG lehnte Anklage zunächst ab, BGH griff ein
Konkret geht es bei Susann Eminger um den Vorwurf der Unterstützung des NSU als inländische terroristische Vereinigung gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 Strafgesetzbuch (StGB) sowie um Beihilfe zu einer schweren räuberischen Erpressung mit Waffen, §§ 253 Abs. 1, 255, 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Seit spätestens Anfang 2007 soll sie von den rassistisch motivierten Morden des NSU gewusst und Zschäpe ab September 2008 ihre Krankenkassenkarte und ihre Personalien zur Verfügung gestellt haben. Zudem soll sie bei der Abholung eines Wohnmobils, das der NSU am 4. November 2011 beim letzten Raubüberfall in Eisenach verwendet hatte, mitgewirkt haben.
Das OLG hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens zunächst abgelehnt beziehungsweise nur die Anklage wegen Beihilfe zugelassen. Sachlich zuständig gewesen wäre dann das Landgericht. Trotz Emingers engen freundschaftlichen Verhältnisses zu Zschäpe und insoweit bestehender Verdachtsmomente lägen keine hinreichenden Indizien dafür vor, die Anklage auch wegen mutmaßlicher Terrorunterstützung zuzulassen.
Dagegen ging der Generalbundesanwalt (GBA) erfolgreich beim BGH vor, weshalb das Hauptverfahren nunmehr vor einem anderen OLG-Senat stattfindet. Der BGH war nämlich anders als der ursprüngliche OLG-Senat durchaus davon überzeugt, dass „das Ermittlungsergebnis bei vorläufiger Bewertung einen hinreichenden Tatverdacht auch in Bezug auf die subjektive Tatseite der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ergibt“.
jb/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
Zitiervorschlag
Zeugenaussage im Prozess gegen Susann Eminger:
. In: Legal Tribune Online,
03.12.2025
, https://www.lto.de/persistent/a_id/58778 (abgerufen am:
04.12.2025
)
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